Der Zweite Tod
der versammelten Chefetage in einem Raum saß. Bis zum Februar hatte sie als Schutz poli zistin im Re vier in Norr malm ge ar beitet und diese Leute hier nur von Fotos aus
Sven skpolis
gekannt. Sie betrachtete den Saum ihres Rockes. Fang jetzt nicht an, daran herumzuspielen, dachte Kjell. Ihr Kleider schrank barg eine über sicht liche Samm lung klei ner Kostbar keiten, dunkle Röcke und schlichte Blusen, nur im Frühling wagte sie auch mal etwas Hellblaues. Ihre Mitmenschen hatten oft Gelegenheit mitanzusehen, wie sehr sie jedes einzelne Stück davon liebte. Ihr Anblick konnte ei nem die Ge dan ken ent wir ren und ord nen helfen, ande rerseits aber auch neue Verwirrung stiften.
Kjell erzählte nun bereits zum zweit en Mal, was sie in der Västmannagatan vor gefunden hat ten, diesmal je doch so langsam und ausführlich, dass Sten nicht in Versuchung geriet, alles noch einmal zu wiederholen. Einen wie Sten, der erst 1994 die Lederkrawatte aufgegeben hatte, durfte man keinesfalls mit zu vielen Neuigkeiten auf einmal überfahren.
»Wir hatt en Pet ersson bis vor zwei Jahren im Visier«, gab Kullg ren preis.
»Ja«, sagte Sten, ganz Fels in der Brandung. »Das ist auch der Grund, weshalb die RKP den Fall an sich gezogen hat. Wir haben nichts wirkl ich Fassbares über diesen Mann, aber seine Kontakte in den Nahen Osten sind so mannigfaltig und obskur, dass sein Tod von höchstem Interesse für die RKP ist.«
Damit wollte er vor all em ausdrücken, dass die Säpo ihre Chance gehabt hatte.
Die Bes prechung dauerte nur kurz. Der wicht igste Punkt war, dass es über Peterssons Tod vorerst keine Pressemitteilung geben würde. Kjell bat darum, dass Viktorias Team weiterhin die Befragung der Nachbarschaft und die Auswertung übernehmen durfte.
5
Der Professor und seine Sekretärin trafen kurz vor Mittag aus Uppsala ein. Margareta Widell sah man diese Lektion fürs Leben deutlich an, aber vielleicht blickte sie auch immer so leidend. Der Professor hin gegen wirkte wider alle Er war tung freund lich und nicht im Geringsten erbost. Er ließ sich entspannt auf dem Besu cherstuhl nieder und schlug vol ler Er war tung die Beine übereinander. Seine Haare waren so schlecht geschnitten, dass sich an vielen Stellen Beulen bildeten und dazwischen Täler entstanden. Eines davon war so lang und tief wie das Klaraälvstal, in dem Sofi aufgewachsen war.
Sie begannen mit dem Professor. Das Gespräch fand nicht im Ver hör zimmer statt, sondern im Bespre chungsraum.
»Wir haben heute Morgen Carl Petersson tot in seiner Wohnung gefunden und bitten dich, dies für dich zu behalten. Es wird vorerst auch keine Meldung an die Presse geben.«
Der Professor nickte ver ständig. Seine ein zige Reak tion auf die Nachricht war, dass er die Augen für einen Moment zusammenkniff.
»Wir brauchen deine Hilfe, damit wir uns ein Bild von Petersson als Wissenschaftler machen können«, fügte Kjell hinzu.
»Er war ja mein Amtsvorgänger«, übernahm nun Tiveus. »Ich kannte ihn gar nicht persönlich. Fähiger Forscher, soweit ich das beur tei len kann. Unsere Fachge biete überschneiden sich jedoch kaum. Ich beschäftige mich mit der Exegese christlicher Texte, vor allem aus Syrien. Petersson hingegen war Paläograph, er befasste sich mit sehr alten Textquellen aus dem zweiten und dritten Jahrtausend vor Christus.«
Inzwischen hatte Bar bro eine Liste mit al len Pub li kationen von Petersson besorgt. In frühen Jahren hatte er sich mit Papyriologie beschäftigt, später dann mit der Entzifferung und Erforschung semiti scher Spra chen, de ren Na men nur Ex per ten je gehört hat ten.
Tiveus sprach, als hielte er eine Vorlesung und läse von einem Manuskript ab. In Unterhaltungen waren andere Menschen für ihn anscheinend nur Stichwortgeber. »Er hat sich mit nichtmonumentalen Schriftzeugnissen beschäftigt. Das würde ich als seinen Schwerpunkt über all die Jahre bezeichnen. Ende der Siebziger ist es ihm gelungen, eine Reihe von Forschungslücken zu einigen semitischen Trümmersprachen zu schließen. In den letzten Jahren auf seinem Stuhl hat er sich dann mit nordafrikanischen Sprachen wie Libysch und Nubisch befasst. Ich habe nach seinem Abgang diese Tradition auch fortgesetzt. Die christlichen Texte aus Nubien nehmen einen breiten Raum in unserem Institut ein.« Der Professor lachte kurz auf und sah auf seine Armbanduhr. »Vielleicht nicht gerade heute Nachmittag.«
Sofi hatte nach dem Telefonat mit seiner Sekretärin nicht damit gerechnet,
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