Der Zweite Tod
Madeleine und Ida, also mich, an den Händen hielt.«
Maja lachte.
Ida erzählte, wie gelun gen sie Lindas erste Bilder empfunden und die Freude und Ausdauer bemerkt hatte, mit der sie zeichnete.
»Da fielen mir die alten Farbtuben ein, die irgendwo herumlie gen mussten. Wir fanden einen ver gam melten Pinsel in der Küchen schub lade, mit dem man Scho ko laden glasur auf den Kuchen streichen konnte. Damit malte Linda den ganzen Abend und wollte nicht ins Bett.«
»Hast du bemerkt, wie talentiert sie ist?«
Ida schüttelte den Kopf. »Das war schlecht mögl ich, da ich es selbst nicht bin. Das hat sich bereits beim Kuchenglasieren er geben.«
Am nächst en Morgen waren Ida und Linda gemeinsam in die Stadt marschiert. Ida besaß keine Erfahrung mit Kindern und wurde davon überrascht, dass Linda nicht auf Preisschilder achtete. Im Geschäft stürzte sich Linda mit einem Hechtsprung auf einen riesigen Kasten mit Buntstiften und verliebte sich sogleich in ihn. Der Kasten erwiderte diese Liebe. Es sollte eine aufreibende Beziehung für beide werden. Der Kasten enthielt mehr Stifte als ein Klavier Tasten. Ida kaufte ihn, obwohl er im Preis einem Klavier sehr nahe kam, und Linda trug ihn wie ein Surfbrett unter dem Arm nach Hause.
Ida hatte vom Zustand von Kjells Ehe gewusst. Er und Madeleine verstanden sich zwar gut, aber das war auch schon alles. So etwas konnte sehr wenig, aber auch sehr viel sein. Mit Ida verband ihn eine leidenschaftliche und seelisch aufwühlende Affäre, die sich über viele Wochen erstreckte. Ida wusste damals, dass Kjell tatsächlich um eine Entscheidung rang, ohne es jemals zur Sprache zu bringen.
An je nem Sonntag abend, dem Ende des Wochenendes mit Linda, gab sie Linda an ihren Vater zurück und sagte beiden adieu.
»Ich musste mich zwei Monate lang von Spaghetti mit zerlassener But ter er nähren.«
In memoriam wollte Ida erst Nudeln mit zerlassener Butter bestellen, aber die Welt drehte sich ja weiter. Sie war inzwischen schließ lich Aus hilfsver käu ferin und ent schied sich da her für die Nudeln mit Lachs. Sie aß mit großem Appetit. Beim Abräumen des Tellers berührte Maja sie leicht am Arm. Sie empfand das nicht als unangenehm. Manchmal machten das Bedienungen, um Trinkgeld zu bekommen, aber das hier war anders. Die Begegnung mit Kjell hatte vieles in ihr geweckt. Seitdem fühlte sie sich heiterer als sonst. Seit gestern war kaum eine Minute vergangen, in der sie nicht an ihn gedacht hatte. Durch Maja musste sie wieder an die E-Mail denken. Vielleicht würde sie nie mehr mit ei nem Menschen zu sam men sein kön nen. Das sorgte sie mehr als die Angst vor dem Tod. Das war nicht nur an sich erstaunlich, sondern bei Ida vor allem auch deshalb, weil sie ja bis her auch nur selten mit je mandem zu sam men gewe sen war.
Sofi war in überhöhtem Tempo von Norrtälje nach Uppsala zurückgefahren und hatte auf der Toilette einer Tankstelle versucht, in ihrem Gesicht etwas zustande zu bringen und sich die Haare zu bürsten. Ihr Eifer erlosch in dem Augenblick, als sie das kleine ital ienische Lokal betrat. Innen war es dunkel. Licht kam nur von der romantischen Phalanx aus Kerzen, die auf jedem Tisch stand. Die Gäste beugten sich intim über die Tischfläche hinweg einander zu, die Atmosphäre war volter Erwartung. Sofi verspürte Beklemmung. Sie hatte mit einem hell en und lauten Lokal gerechnet. Dies hier war ein Ort für Heiratsanträge. Und sie sah in ihrer grünen Hose aus wie eine Landvermesserin, die von der Arbeit kam. Ein aus der Knietasche he rausra gender Zoll stock hätte als Ac cessoire noch gut zu ihr gepasst.
Sven Flemming hatte sie entdeckt und kam aufmerksam auf sie zu. Dass ihr Rausch gleich nach dem Eingang ins Stocken geraten war, bemerkte er nicht. Er verhielt sich so gelöst und beifällig wie am Morgen. Das war ihr angenehm. Es beruhigte sie auch, dass er immer noch Jeans und Pull over trug. Rasch waren sie in ein Gespräch vertieft, und Sofi entdeckte, dass sie bald genauso nach vorne geneigt dasaß wie die anderen Gäste. Es lag wohl daran, dass das Gegenüber im Dunklen verschwand, wenn man sich in die Lehne des Stuhls zurücksinken ließ.
Sven vermutete, dass die Hieroglyphen nur die letzte Stufe der Verschlüsselung waren, vielleicht um all jene zu verwirren, die sich da mit nicht aus kannten. Er ver mutete, dass die Buch staben irgendein mathe mati sches Rät sel darstellten, und das glaubte Sofi auch. Petersson war ein Tausendsassa, sie traute ihm
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