Der Zweite Tod
auch auf mathe matischem Gebiet sol che Fä hig keiten zu.
Dass Kajsa Björkl und und auch ihre Vorgänger innen Artikel verfasst hatten, über denen Peterssons Name als Hauptautor stand, hatte seit dem Morgen bei ihr den Verdacht aufkeimen las sen, dass die Ver schlüs selung nicht unbedingt al lein Peterssons Werk sein musste. Sie erzählte Sven von dieser Vermutung.
»Das hat er nicht allein aus Eigennutz getan«, erklärte Sven lächelnd, bevor sie ihr Gespräch für das Essen unterbrechen mussten. Seit dem Morgen hatte sie nur sieben Kokosmakronen, eine Ba nane und eine Ta fel Scho ko lade gegessen. Des halb musste sie sich bremsen, um nicht zu schlingen.
»Es ist sehr schwer, seine Aufsätze zu veröffentlichen«, nahm Sven das Thema wieder auf. »Ohne seinen Namen hätte eine renommierte Zeitschrift die Artikel nicht angenommen. Außer man bietet wirk lich et was Au ßer gewöhn liches. Ich habe meinen ersten Beitrag erst mit achtundzwanzig veröffentlicht.«
»Und worüber hast du geschrieben?«
»Ma gie.«
»Das hast du jetzt erfunden! Du willst es mir heimzahlen.« Er schüttelte lachend den Kopf. »Das Thema hieß ›Der zweite Tod‹.«
Sie sah ihn gespannt an.
»Die Ägypter sahen ja den leiblichen Tod nicht als besondere Schwelle an, jedenfalls nicht als das Ende oder als Grenze, hinter der etwas Neues beginnt. Leider sind nur die Bauwerke aus Stein erhalten, den die Ägypter nur für den Totenkult verwendeten. Daher kommt unser schräges Bild, dass die Ägypter so todesfixiert waren. Das Gegenteil ist richtig. Sie waren lebensbeja hend und dies seitiger als alle ande ren.«
»Wie die Göteborger?«
»Ich bin zufällig von dort.«
»Wirk lich?«
Da mit Sven nicht begann, an diesem Zu fall zu zwei feln, trug Sofi einige Verse vor, die Bengt an Samstagabenden immer gesummt und dazu auf der Fidel eine Teufelspolska gespielt hatte. »Göteborg, da geh ich gern von Bord, das gibt es Kneipen an jedem Ort, weg sind die Sorgen des Lebens bald, schon such ich an der ersten Theke Halt. In Stackerud, da gibt’s keine Kneipe, nicht eine leider, ich sitz’ hier fest, und Stackerud, das ist da, wo ich aufgewachsen bin.«
»Da kannst du sicher gut Hambo tanzen.«
»Das kann ich.«
Sie prosteten sich zu. Das Paar am Nebentisch starrte sie an. Sofi hoffte, den Mann nicht bei einem Heiratsantrag gestört zu haben, und bat Sven, über die Ägypter und den Tod weiterzuerzäh len.
»Allerdings fürchteten sie den Tod auch nicht. Sie glaubten, dass sich das Leben im Jenseits verlängere. Das war jedoch nur möglich, wenn der Körper des Toten intakt blieb und die Nachfahren ei nen Toten kult aus übten.«
In dem schumm rigen Kerzen licht ent falte ten Svens Worte ihre volle Wirkung.
»Als Gegen leistung für den Toten kult stand der Ver stor bene seinen Nachkommen im Diesseits zur Seite. Wenn man ihn um etwas bat, konnte es sein, dass man nachhelfen musste, wenn sich der gewünschte Effekt nicht einstellte. Man drohte an, den Kult aufzugeben, so dass der Verstorbene im Jenseits noch einmal sterben musste. Das tat man auch mit Feinden oder Verbrechern, um sie für alle Ewigkeit zu vernichten. Man sorgte dafür, dass sie im Jenseits noch einmal starben. Und das nannte man den zweiten Tod.«
16
Als Mari aus dem winzigen Internetcafe trat, strich ein tröstend warmer Wind um ihren Hals. Am Nachmittag hatte sie nur eines getan, das verdammte Geld gezählt. Sie hatte auf dem Bett gesessen und zum ersten Mal gezählt. 50 000 Euro. Das Geld aus dem Schrank. Und hundert tau send Kronen aus den Automaten.
Sie verharrte einen Augenblick in der engen Straße, deren Namen sie nicht kannte, und versuchte, den Rückweg zu ihrer Pension zu rekonstrui eren. Sie hatte sich Sevilla ganz anders vorgestellt. Die Straßen, die sich um den Stadtkern wanden, waren weite Palmenalleen. Ihre Pension lag eine Viertelstunde von hier gleich bei der Kathedrale.
Sie hatte die Internetseiten aller schwedischen Zeitungen durchforstet. War Carl nun tot oder nicht? Hatte ihn denn nie mand ent deckt? Hatte er ir gendwo ih ren Na men notiert? Irgendwo in der Wohnung konnte ihr Name stehen. Teresa! Kannte sie ihren Nachnamen? Was würde sie erzähl en? Mari Svahn wusste nicht, ob Carl tot war.
Sie schlenderte die Gasse hinauf. Hinter ihr war jemand. Sie vernahm keine Geräusche, hatte dieses Gefühl jedoch schon auf dem Hinweg gehabt. Sie wandte sich schroff um. Dann rannte sie los.
17: Freitag, 30. November
Anders Ejde holt hörte
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