Der Zweite Tod
ning.
»Es gibt immer Schulden zu erben, mein Gut er. Das Geld muss sie über ihren eigenen Namen beschafft haben.«
Henning lachte ernst auf und schüttelte den Kopf. Das bedeutete, dass er besorgt war. »Wenn ihr mich fragt, ist das das Mordmotiv. Der Vater ist tot, sie lässt alles stehen und liegen, holt sich das Geld für ein neues Leben von Petersson und legt sich am Mittelmeer an den Strand.«
»Wie sieht es mit dem Erbe aus?«, fragte Kjell.
Henning und SnafriSur schüttelten den Kopf.
»Petersson hat sich wohl nicht darum gekümmert«, glaubte Henning. »Jedenfalls hat er kein offizielles Testament hinterlegt. Vielleicht untermauert das unsere Vermutung. Mari kann ja gewusst haben, dass es kein Testament gibt, das sie begünstigt.«
Die Klingel ertönte, und Linda Cederström stürmte zur Tür. Barbro trug ein grünes Abendkleid. Linda genoss die fauvistische Kombination des Grüns mit dem Orange ihrer Haare und hatte spontan die Idee zu einem Bild. Barbro trug ein funkelndes Collier um den Hals. In der Linken hielt sie eine durchsichtige Konswm-Einkaufstüte mit Windeln und Babykram. Auf dem rechten Arm saß die kleine Emelie, die sich an Barbros langen Ohrringen festkrallte und sie sich in den Mund stecken wollte. Barbro verzog vor Schmerz das Gesicht.
Linda hatte sich sorg fältig gekämmt, um ei nen zuver läs si geren Eindruck zu machen. Das Babysitten war die Gegenleistung für die Fahrstunden. Es war die erste Nacht. Linda war sehr aufgeregt und nahm Bar bro geis tesgegenwär tig die Tüte ab.
»Und wenn ich im Schlaf auf sie draufrolle?«
»Deswegen bringe ich sie lieber hierher als zu Henning.«
In der Küche erklärte Barbro ihr, wie man ein zweij ähriges Kind satt bek am, ohne es dab ei umz ub ring en. Ans chließend gab es eine Reihe weiterer Ratschläge. Linda hörte gespannt zu. Sie gingen in Lindas Zimmer.
»Und dann hast du noch den grünen Ed.« Barbro zog ein viereckiges Ding aus der Tasche.
Linda betrachtete Ed ratlos. Er war aus weißem Plastik, zwei Metallstifte ragten daraus hervor. »Warum heißt er grüner Ed?«
Barbro schaltete das Licht aus und steckte Ed in die Steckdose. Er ver breitete ei nen schwa chen grü nen Schim mer. »Deshalb.« »Und warum Ed?«
Barbro seufzte. »Denk mal scharf nach, du Physikgenie.« »Kann sie einschlafen, wenn du nicht da bist?« »Wenn Ed brennt, schläft sie.« »Ed!«, rief Emelie begeistert.
Barbro schalt ete das Licht wieder ein. Sie hatte es eil ig, in die Oper zu kommen, verabschiedete sich von ihrer Tocht er, ohne zu versäumen, auch ihr einige Ratschläge zu geben, damit nichts schiefgehen konnte.
15
»Magst du die Bilder?«, fragte die Bedienung. Sie hieß Maja.
Ida nickte und lächelte. Sie hätte der Frau gerne von ihr und Linda erzählt. Das Wochenende war eine ihrer liebsten Erinnerungen, und ganz unmerklich hatte sich danach bei ihr die Haltung verändert, ob sie einmal Kinder haben wollte.
»Sie sind von Linda Cederström«, erklärte Maja professionell.
»Ich bin deswegen hier.«
»Kennst du sie?«
»Ich habe sie als Kind gekannt. Als
sie
ein Kind war, meine ich.«
Sie war doch hergekommen, um die Bilder ganz allein zu betrachten. Aber Maja, die Betreiberin der Bar, ließ Ida keine Ruhe und versprach, nichts weiter zuer zäh len. Aber solange Maja dauernd zu ihr an den Tisch kam, musste sie keine ungeschickten Versuche von den Männern fürchten, die sie anblickten, seit sie das Lokal betreten hatte. Also begann Ida damit, wie die sechsjährige Linda auf ihrem Schoß gesessen hatte. Sie waren gerade aus dem Tierpark gekommen. Kjells Frau war auf Reisen, und er musste das ganze Wo chen ende an ei nem Groß ein satz teil nehmen. Er hatte Linda am Freitagnachmittag zu ihr, seiner Geliebten, gebracht.
»Es wäre gut, wenn die Evolution männlichen Gehirnen nachträg lich ei nen zu sätzlichen Filter für sol che La gen zur Ver fügung stellen könnte«, bemerkte Maja.
Ida lachte. »Dass sie das Kind, das ihnen die Ehefrau überantwortet hat, der heimlichen Geliebten zum Aufpassen bringen?«
Maja nickte.
»Das machen alle Männer so«, sagte Ida. »Das nennt man rationa les Den ken.«
Damals waren Lindas Haare noch kreuz und quer auf ihrem Kopf gelegen. Erfolglos hatte Ida versucht, sie zu kämmen. Sie war gespannt, wie sie wohl jetzt aussah.
»Linda blieb bis zum Sonntagabend. Nach dem Zoobesuch malte sie mit ihren drei ausgefransten Filzstiften alle Tiere und dazu sich selbst. Sie stand vor Papa, der
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