Der Zweite Tod
Kjell eine Weile beun ru higt zu. Kjell glaubte, in dem Professor die erste Person gefunden zu haben, die seinen Einblick in Mari vertiefen konnte. Dennoch gab er sich mit sei nen Infor mationen vage. Ejde holt saß nachdenklich im Sessel seines Büros in der Universität von Stockholm und lauschte. Zwischen den Sätzen gab der Professor durch Brummen zu verstehen, dass die Neui gkeit, die Kjell überbrachte, ein nicht uner war tetes Resultat einer län geren Entwick lung war.
Er hielt den Professor der Anthropologie für einen Mann, der den Kern einer Sache schon nach wenigen Sätzen zu erkennen vermochte. Als er schloss, wartete er auf eine prägnante und erhel lende Be mer kung.
Der Professor sagte: »Oje!«, und richtete sich in seinem Sessel zu recht. Vor ihm stand sein lee rer Früh stückstel ler. »Du glaubst also, dass Mari die treibende Kraft hinter diesen Ereignissen ist?«
Kjell nickte.
»Sie war in der Tat in der letzten Zeit regelmäßig hier und las in der Bibliothek. Als sie mit ihrem Studium begann, war sie voller Elan. Was mir an ihr gefallen hat, war ihre Eigenständigkeit. Sie war keine von denen, die mir in und außerhalb der Sprechstunde das Sofa durchsitzen.«
Kjell lachte kurz auf. Wie gesagt, Anders Ejdeholt war ein Mann, der die Dinge beim Namen nannte. Und Anthropologe war er obendrein.
»Wir beschäftigen uns an diesem Institut mit der Entwicklung des Gehirns. Uns int eressiert zum Beispiel, warum das menschliche Gehirn so groß geworden ist und welche Vorteile das hat.«
»Das hat vor allem Nachteile, das kann ich dir aus meiner Erfahrung sagen.« Sie lachten.
»Als Mari herkam und mir ihr Thema für die Abschlussarbeit vors tellte, war ich zunächst skept isch, aber ihr Konzept hat mich dann doch überzeugt. Es ging grob gesagt um Intellektualität und Trieb bei Frauen. Sie war zu Antang sehr eifrig, aber dann änderte sich ihr Verhalten.« »Inwiefern?«
»Unsere Gespräche waren immer sehr sachlich. An einem bestimmten Punkt habe ich sie jedoch gefragt, was eigentlich mit ihr los sei. Sie antwortete, dass es mit ihrem Vater zu tun habe. Er war krank. Sehr krank.«
»Aber sie hat ihr Studium doch abgeschlossen, oder?«
»Sehr gut sogar. Du solltest die Arbeit mitnehmen und lesen. Ich lasse sie dir in der Bibliothek heraussuchen. Wissenschaftlich ist die Arbeit gut, solide und ideenreich, inhaltlich äußerst unterhaltsam. Mari war an dem Thema sehr interessiert. Man kann durch die Lektüre viel über sie erfahren.« Er verstummte und lächelte in sich hinein. »Und über den Rest der Frauen ebenso.«
Im weiteren Verlauf des Gesprächs äußerte sich der Professor zu Maris Entwicklung. In den letzten zwei Jahren war sie immer still er und träger geworden. Ejdeholt vermutete, dass die Belastung durch den Vater der Grund dafür gewesen war. Von Petersson hatte der Professor nie gehört.
»Soweit wir wissen, hat der Vater diese Zeit im Krankenhaus verbracht«, sagte Kjell. »Hat sie von finanziellen Problem en gesprochen?«
»Ich weiß, dass Mari nie viel Geld besessen hat, aber ich habe keine weitere Verschlechte rung bemerkt.«
Kjell bedankte sich. Er verl ieß die Universit ät mit der Abschlussarbeit und der Ad resse ei ner Kom mi litonin von Mari. Der Professor glaubte sich zu erinnern, dass die beiden befreundet ge we sen waren.
Sofi saß in ihrer Küche, trank ihren Morgenkaffee und versuchte, Ordnung in ihre Notizen vom Vortag zu bringen. Sie war in der Nacht um zwei Uhr nach Hause gekommen. Die Fahrt hatte zwei Stunden gedau ert, obwohl Upp sala nur acht zig Ki lometer von Stockholm entfernt lag. Im Laufe des Abends war der Wind immer stärker geworden, ohne dass der Schneet all zutückegan gen war.
Zu Hause hatten schon drei neue Nachrichten auf sie gewartet. Ihr Computer zeichnete die Nachricht als Sprachdatei auf, ein Spracher ken nungs pro gramm wandelte die Sprachdatei in eine Textdatei um. Eine Datenbank entschied, ob der Anrufer wichtig genug war, dass ihr der Text auf ihr Mobiltelefon gesendet wurde. Das hatte zwar noch nie etwas gebracht, genau wie die Mögl ichkeit, dem Comput er eine kurze Textnachricht zu senden, damit er ihr eine Fernsehsendung aufnahm, während sie nicht zu Hause war, aber zu wissen, dass man es tun könnte, wenn man es brauchte, das war wunderbar. So war sie immer auf alles vorbereitet.
Nur auf Sven Flemming war sie nicht vorbereitet gewesen. Er hatte drei Anrufe gebraucht, um sein Bedauern über Sofis viel zu frühes Aufbrechen
Weitere Kostenlose Bücher