Der Zweite Tod
überschnitten sich um sieben Monate. Lasse ist nicht dumm, weißt du.«
Sofi schluckte das Plätzchen hinunter und sah Kajsa volter Bewunde rung an.
»Es war nicht mögl ich, sich von Carl zu lösen. Damit wäre meine Zeit als Assistentin auch zu Ende gewesen. Nur weil er zurücktrat, bin ich von ihm losgekommen.«
»Aber dann hättest du doch an der Universität bleiben können.«
Kajsa schüttelte vertraulich den Kopf wie beim Schmierestehen. »Mein Zeitvertrag lief aus. Carl kam nicht mehr dazu, ihn zu ver län gern.«
»Und diese Sache mit den Fälschungen? Hattest du damit zu tun?«
»Lieber Himmel! Das war lange vor meiner Zeit. Es ist nur in dieser Zeit he raus gekom men.«
»Und? War er es nun, der die Sachen gefälscht hat?«
»Nein«, sagte sie lang gezogen. »Die Ton scher ben stam men zwar aus dem Gebiet, wo er gegraben hat. Das liegt in Oberägypten.« Sie lachte auf. »Aber die meisten stammen doch von dort! Und es war ja nicht so, dass Carl dort mutterseel enall ein mit ei nem Spaten he rumspa ziert ist. Über fünfzig Personen wa ren in der Gruppe, die ein hei mischen Hilfs arbeiter gar nicht mitgezählt. Weil er die Grabungskampagne geleitet hatte, blieb es an ihm hängen. Die Fälschungen hätte jeder machen können.«
Sofis Kugelschreiber flog über das Papier. Sie hielt altes in Stichpunkten fest. »Aber dann kam ja wohl hinzu, dass er sehr viel über diese Scher ben ge schrie ben hat.«
»Das musste er ja wohl! Er hat über all es geschrieben, was aus diesem Areal kommt. Ist doch normal, dass er besonders die Quellen berücksichtigte, die aus seinem Grabungsareal zu stammen schienen. Und dort ist das Plündern von Funden gang und gäbe.«
Sofi kratzte sich mit dem Stift an der Schläfe. Kajsa sprach, als wäre jede andere Möglichkeit abwegig. Sie war ganz schön auf seiner Seite. »Aber auch das Fälschen?«
»Na sicher.«
Sofi sah ein, dass sie so nicht weiterkam. Was Kajsa da sagte, klang auch sehr glaubhaft. Sie ärgerte sich, dass sie am Anfang immer all es so überzeugend fand. Wenn die Leute ihr etwas weismachen wollten, dann konnten sie das. Es war besser, später in Ruhe darüber nachzudenken. »Warum warst du mit Carl zusammen? Und wie war das?«
Kajsa lachte auf. »Für Carl war die Welt seine Welt. Wenn man in seiner Nähe lebte, konnte man nicht anders, als ein Bestandteil seiner Welt zu sein. Es war spannend, Carl hatte so viel zu bieten. Er war in allem herausragend. Wenn er sein Arbeitszimmer verl ieß, konnte er sich einen Smoking anziehen und der perfekte Gesellschafter sein. All diese Stärken sind auch der Grund, weshalb er auf allen Hochzeiten tanzte.«
»War er als Wissenschaftler seriös?«
»Seine Kenntnisse waren enorm. Ich kann nicht sagen, dass er bei seiner wissenschaftlichen Arbeit je gemogelt hätte. Er verfügte eben auch über ein sensationelles Gespür dafür, mit welchen Themen man herausragen konnte. Wenn du mich fragst, war der Grund für die Anschuldigungen vor allem Neid.«
Am späten Nachmittag rief Sofi die Kollegen im Büro an. Barbro saß in der Ecke von Kjells Büro in seinem Sessel. Das war ein Platz, den sie an ereignisloseren Tagen ohne Abschlussbesprechung gerne von fünf Uhr an für eine halbe Stunde einnahm. Von dort hörte sie nun über den Lautsprecher mit, wie Sofi Kjell die Ergebnisse ihres Besuchs in Uppsala und Norrtälje berichtete. »Die Ergebnisse vom Ägyptologen erfahre ich erst am Abend«, berichtete Sofi. »Flemming hat mich zum Essen eingeladen.«
Barbro hielt sich die Hand vor den Mund und rang um Fassung. Auch Kjell wusste nicht, wie er diese Nachricht in sein Bild von Sofi einordnen sollte. Sollte dies das erste Lebenszeichen von Sofis Liebesleben sein? Die nächste halbe Stunde verging damit, dass sie sich über Sofis Rendezvous den Kopf zerbrachen und Sze na rien ent wickelten.
»Irgendwann muss das Mädchen doch auch mal essen«, sagte Henning, den solche Themen nervten.
»It’s heaven if you find romance on your menu«, sang Barbro. Sie war Mezzosopran.
Sofis Liebesleben war noch einen Tick geheimnisvoller als der Diskos von Phaistos und drehte sich auf sehr ähnliche Weise im Kreis. Als sie vor acht Monaten bei der Gruppe begonnen hatte, war sie unzweifelhaft ein bisschen in Kjell verliebt gewesen. Das hatte er durchaus bemerkt, wenn auch mit der für Männer üblichen Verspätung von zwei bis sechs Monaten. So ging es bis zum Sommer. Kjell konnte natürl ich nicht eine junge Frau in die füh rende
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