Der zweite Weltkrieg
verpflichteten, wie die „Zehn Gebote für die Kriegführung des deutschen Soldaten“, die jeder Wehrmachtangehörige in den Händen hielt, zu völkerrechtskonformem Verhalten. Doch in einem Konflikt, in dem die Kontrahenten zunehmend rassistisch motiviert verfuhren, fanden derartige Weisungen offenbar wenig Beachtung. Nicht Menschen, sondern „weiße“ und „gelbe Bastarde“ sowie „Teufel“ und „Halbaffen“ bekämpften sich. Solche Herabsetzung schuf psychologischeDistanz, machte den Gegner auch im Fernen Osten zum „Untermenschen“. Seine Tötung erfolgte skrupellos, mitunter gar lustvoll sowie zum Sport, wenn etwa zwei japanische Offiziere öffentlich miteinander wetteiferten, wer von beiden schneller 150 Chinesen mit dem Samuraischwert zu töten vermochte.
Dass amerikanische und ihnen verbündete Truppen den Japanern ihre Kriegspraxis mit gleicher Münze heimzahlten und zum Beispiel keine Kriegsgefangenen machten, ist ebenso nachvollziehbar wie die Unbarmherzigkeit, mit der Soldaten der Roten Armee gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung auf die von Männern der Wehrmacht, der Polizei und der SS in der Sowjetunion begangenen Scheußlichkeiten antworteten. Und doch stellten derartige Reaktionen durch nichts zu beschönigende oder relativierende Kriegsverbrechen dar. Dies gilt ebenfalls für den oft rachgierigen, nicht selten mörderischen Umgang mit der deutschen Minderheit in befreiten Ländern.
Die von Japanern verübten Gräueltaten umfassten Misshandlung und grausame Tötung von Kriegsgefangenen, systematisches Foltern, Deportation zur Zwangsarbeit sowie Vertreibung. Hinzu kam die so genannte Landbefriedung in China. Ein Euphemismus, hinter dem sich die antikommunistisch begründete Terrorisierung der Kleinbauern verbarg. Die kaiserliche Soldateska verfuhr nach dem Prinzip: „Alles töten, alles verbrennen, alles zerstören“, was Plünderungen einschloss. Während einer „Bestrafungsoperation“ in zwei chinesischen Provinzen ermordete das Militär 1942 über 250.000 Zivilisten. In Nordchina brachte es 2,3 Millionen Landesbewohner um. Gesprochen wird aber auch von 19 Millionen Toten sowie Flüchtlingen. Zu den übelsten Verbrechen japanischer Uniformträger zählt der organisierte, viehische sexuelle Missbrauch von in etwa 200.000 nichtjapanischen Frauen. Ein international besetztes Frauenkriegsgericht, das von Japan eine offizielle Entschuldigung und finanzielle Entschädigung für die Opfer verlangte, erkannte im Dezember 2000 in Tokyo darauf, dass der 1989 verstorbene Kaiser Hirohito an dermillionenfachen Vergewaltigung zumindest moralische Schuld trage.
Nicht weniger verabscheuungswürdig sind die vom berüchtigten „Bataillon 731“ durchgeführten Menschenversuche, die der Vorbereitung chemischer Kriegführung dienten. Über 3000 Asiaten, vom Säugling bis zum Greis, wurden dabei anscheinend bedenkenlos getötet.
Nippon säte Tod und Gewalt sowohl unter seinen Gegnern als auch den Völkern, die es mit der „Neuen Ordnung“, der „Großostasiatischen Wohlstandssphäre“ angeblich von der Kolonialherrschaft zu befreien beabsichtigte. In Wirklichkeit, das mussten die Betroffenen schmerzvoll erfahren, wollte Tokyo an die Stelle der europäischen Mächte treten. Rassistische Arroganz und grenzenlose Brutalität machten die Japaner bald allgemein verhasst. Ihre wahre Einstellung zu den anderen Asiaten manifestierte sich in dem verbreiteten Hang, sie körperlich zu züchtigen. Eine kulturpolitische, panasiatische, antiimperialistische, die japanische geistige Überlegenheit hervorhebende Werbekampagne des Ministeriums für Großostasien täuschte allenfalls kurzzeitig über das tatsächliche Wesen der propagierten „Neuen Ordnung“ hinweg. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit folgte den Anfangssympathien nationalistischer Kreise eine ablehnende beziehungsweise oppositionelle Einstellung zur Besatzungsmacht.
Es spricht Bände, dass wegen der katastrophalen Arbeitsbedingungen für Zwangsarbeiter in Japan beispielsweise von rund 670.000 dort zwischen 1939 und 1945 ausgebeuteten Koreanern circa 60.000 starben, von 42.000 Chinesen nach zwei Jahren nur 31.000 zurückkehrten, und von den beim Bau der Burma-Thailand-Eisenbahn eingesetzten 300.000 asiatischen Arbeitssklaven in einem einzigen Jahr 60.000 umkamen. Bei der Realisierung dieses Projekts verloren im Übrigen 15.000 angloamerikanische Kriegsgefangene ihr Leben.
Die Gesamtzahl der zivilen Opfer japanischer Besatzungsherrschaft
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