Der Zweite Weltkrieg
Vernichtungslager. Sie hatten erfahren, was den Juden im soeben von der Wehrmacht besetzten Ungarn drohte und wollten sie warnen. Sie verfassten eine Darstellung über das Morden in Auschwitz, den seitdem sogenannten Vrba-Wetzler-Bericht, der zwar nach Ungarn gelangte, aber den erhofften massenhaften Widerstand gegen die nun auch dort einsetzenden Deportationen nicht auslöste. Vrba, so nannte sich Rosenberg seit der Flucht, studierte später Chemie und emigrierte über Israel, England und die USA nach Vancouver (Kanada), wo er eine Professur für Biochemie übernahm und am 27.3.2006 starb. Über sein Entkommen aus Auschwitz hatte er 1964 das Buch „Ich kann nicht vergeben“ geschrieben (Neuausgabe 1998 unter dem Titel „Als Kanada in Auschwitz lag“)
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Budapester Juden zunächst verschont
Eichmanns „Rat“ bestand in der Forderung nach möglichst rascher Erfassung, Kennzeichnung, Ghettoisierung und schließlich Deportation der Juden nach Auschwitz. Am 16.4.1944 begann das Zusammentreiben in Ghettos, wobei man wegen der vorrückenden Roten Armee zuerst den Ostteil des Landes „säuberte“. Die ungarische Regierung zeigte sich äußerst kooperativ. Auch als im Mai die Transporte ins Vernichtungslager begannen, wohin von den rund 725 000 Juden des Landes bis zum 9.7.1944 über 430 000 in 147 verschlossenen Güterzügen verschleppt und dort zumeist sogleich ins Gas geschickt wurden. Als Horthy mit Rücksicht auf die kommenden Siegermächte am 7.7. weitere Abtransporte hatte stoppen lassen, lebten Juden fast nur noch in der Hauptstadt Budapest.
Bis 15.10.1944 blieb die Lage unklar, weil die SS mit dem Budapester Judenrat in möglicherweise für sie lohnenden Verhandlungen stand. Dann ging die deutsche Geduld zu Ende. Horthy wurde entmachtet; an seine Stelle trat ein Regime unter Szálasi, einem Pfeilkreuzler, wie die ungarischen Faschisten sich nannten. Die Verbindung nach Auschwitz war inzwischen unterbrochen, und so schickte die SS Budapester Juden zu Tausenden zu Schanzarbeiten an die Reichsgrenze vor Wien; dort wurde eine große Zahl Opfer der Wachmannschaften und marodierender Pfeilkreuzler-Banden. Die in Budapest verbliebenen Juden machten ein ähnliches Martyrium im Ghetto durch: Bei der bis Mitte Januar 1945 dauernden sowjetischen Belagerung der Stadt kamen Zigtausende um. Insgesamt fielen über 560 000 ungarische Juden der Verfolgung zum Opfer.
Hätten sie gewusst, was sie erwartete, hätten sich viele nicht so widerstandslos abführen lassen. Doch die Nachrichten über Auschwitz waren so ungeheuerlich, dass sie niemand fassen konnte: Ungarische Juden vor der Deportation 1944
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(c) dpa/picture alliance
Politischen Bedenken geopfert
Untergang der 17. Armee auf der Krim (April/Mai 1944)
Im Oktober 1943 war noch die gesamte Halbinsel Krim in deutscher Hand. Es bestand allerdings die Gefahr, dass die Rote Armee die Landenge von Perekop im Norden abriegeln könnte, so dass die deutsche 17. Armee auf der Halbinsel abgeschnitten würde. Ihr Kommandeur General der Pioniere Jaenecke löste daher das Unternehmen „Michael“ aus, wie die Planungen für eine Räumung der Krim genannt wurden. Hitler aber, der um die Bündnistreue der Rumänen und deren Öllieferungen (siehe Kasten) fürchtete, untersagte am 28.10.1943 die Rücknahme der Armee. Am 1.11. trat das Befürchtete ein: Die sowjetische 4. Ukrainische Front (Tolbuchin) stieß bis zum Dnjepr vor und schloss damit den Landweg von der Krim nach Norden. Im Folgenden Frühjahr erhielt Hitler vom OB der Heeresgruppe Südukraine Generaloberst Schörner beruhigenden Bescheid: Dort sei „alles in Ordnung“.
„Kein Fußbreit Boden“
Dieses Telegramm trug das Datum vom 7.4.1944, und in Ordnung war nichts: Jeden Moment konnten die dünnen deutschen Linien, die im Norden Tolbuchins Kräften standhielten (XXXXIX. Gebirgsjägerkorps) und im Osten an der Landenge von Parpatsch (V. Armeekorps) brechen. Und so kam es auch schon tags darauf, als eine Offensive Tolbuchins mit der 2. sowjetischen Gardearmee den Zugang zur Krim öffnete und die deutschen Truppen zu überhastetem Rückzug nach Süden zwang. Wieder kamen Räumungsbitten von der 17. Armee, aber noch immer blieb Hitler bei seiner starren Haltung und genehmigte nur den Rückzug auf die schon vor zwei Jahren erbittert umkämpfte und entsprechend verwüstete Seefestung Sewastopol: „Kein Fußbreit Boden darf hergeschenkt werden. Kein kampffähiger Mann darf sich einschiffen.“ Jaenecke erreichte mit dem
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