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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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wie er. Für sie waren alle Geschöpfe vor Gott gleich. Dennoch blieb rätselhaft, dass sie ausgerechnet Beppe heiratete, einen Mann aus einer Mailänder Arbeiterfamilie, der in Mailand ein Vermögen mit Lebensmittel- und Getränkeverpackungen gemacht hatte.
    Sie waren völlig gegensätzlich: er stark, sie zerbrechlich, er ehrgeizig, sie frei von Ambitionen, er laut und aufgeblasen, sie ruhig und unaufdringlich. Für Beppe waren sein Ruf und gesellschaftliches Ansehen alles; für Violetta zählte einzig das Herz. Doch auch wenn sie hohe Ideale hatte, andere nach ihrem Wesen beurteilte, nicht nach Titel oder Vermögen, war nicht selbstverständlich, dass diese Maßstäbe auch dann galten, wenn sie auf die Probe gestellt wurden. Vorerst müsste Floriana Dantes Geheimnis bleiben.
    Nach dem Frühstück ging Dante ins Haus. Er wollte auf sein Zimmer, als er in der Halle auf Zazzetta traf. Der kleine Mann lächelte – ein schiefes Lächeln, das spitze, etwas längere Eckzähne entblößte. Sie erinnerten an einen Wolf.
    »Guten Morgen, Dante«, sagte er und verneigte sich kaum merklich.
    »Zazzetta«, antwortete Dante. Er hatte die rechte Hand seines Vaters nie gemocht. Der Mann hatte etwas Verschlagenes.
    »Ihr Vater möchte Sie sprechen.«
    »Jetzt?«
    »Falls Sie nichts Besseres zu tun haben.« Dante wurde wütend. Zazzetta wusste, dass er nicht Besseres zu tun hatte. Einen leisen Fluch murmelnd ging er ins Arbeitszimmer. Der schwarz-weiß gekleidete Berater folgte ihm lautlos.
    »Ah, Dante, komm rein«, sagte sein Vater, legte seinen Stift hin und blickte von dem Dokument auf, das er gerade unterschrieben hatte. »Erledigt, Zazzetta.« Er ging mit der Löschwiege über seine Unterschrift und reichte Zazzetta das Papier, der es sorgfältig in eine schwarze Mappe legte und hinausging. Er schloss die Tür hinter sich.
    »Reden wir über deine Zukunft.« Beppe war kein Mann, der Zeit mit Small Talk vergeudete. »Du hast dein Studium und deine Lehre abgeschlossen und mich stolz gemacht, Dante. Ich hatte nie die Möglichkeiten, die dir geboten wurden.«
    »Das weiß ich, und ich bin dankbar dafür, Vater.«
    »Du hast dich prima gemacht.« Er musterte seinen Sohn zufrieden. »Ja, du bist alles, was ich mir von einem Sohn wünschen kann. Du bist gut aussehend, intelligent, sportlich und gewitzt. In dir vereinen sich das Beste von mir und von deiner Mutter. Es ist ein Glück, dass du ihre Fehler nicht geerbt hast, was?«
    »Ihre Fehler?«
    »Guck nicht so erschrocken. Keiner ist vollkommen. Hättest du die sanfte Art deiner Mutter geerbt, wärst du wertlos für mich.«
    »Ein sanftes Wesen ist bei einer Frau durchaus wünschenswert.«
    »Ja, klar. Aber bei einem Mann ist es ein Zeichen von Schwäche, und in der Geschäftswelt ist kein Platz für Schwächlinge. Ich habe meine Millionen nicht gemacht, weil ich nett und freundlich war, sondern scharfsinnig und gefährlich. Wie Machiavelli es so treffend sagte: Angst ist es, womit sich ein Mann Respekt verschafft. Also, Dante, du wirst am ersten September in Mailand bei mir anfangen.«
    Die Anweisung seines Vaters überraschte ihn nicht. Vielmehr hatte er immer gewusst, dass man von ihm erwartete, ins Familienunternehmen einzusteigen. Trotzdem fühlte er sich nicht wohl dabei. Ihm war, als würde eine schwere Tür ins Schloss fallen und ihn seiner Freiheit berauben.
    »Es wird mir eine Beruhigung sein, dass mein Sohn und Erbe übernimmt, wenn ich mich zurückziehe. Schließlich habe ich mein Vermögen nicht aufgebaut, damit es an einen Außenstehenden geht. Na, was sagst du?« Sein Vater rechnete nicht mit einer Ablehnung.
    »Ich bin bereit, Vater«, antwortete Dante pflichtbewusst.
    » Bravo! Wie wäre es mit einer Runde Tennis, hm? Du bist vielleicht jünger und fitter als ich, aber ich bin gerissen wie ein alter Fuchs.«
    Sie spielten auf dem mit rotem Sand ausgelegten Tennisplatz, wo Pierro und Mario, die Söhne des Chauffeurs, als Balljungen fungierten. Nach der Hälfte des Satzes, als Dante schon zu gewinnen schien und im Begriff war aufzuschlagen, sah er Giovanna mit Costanza in den Garten kommen. Sein Herz schlug schneller bei der Aussicht, gleich auch Floriana zu entdecken, und er schlug seinen Schnittball an der Rückhand seines Vaters vorbei. Beppe war kein guter Verlierer, fluchte zornig und hieb seinen Schläger durch die Luft. Aber die Ablenkung machte Dante fahrig, da er mit einem Auge den Garten nach Floriana absuchte.
    »Siehst du, es steckt immer noch Leben in

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