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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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liebe Italien!«
    »Argentinier«, antwortete er. »Sie würden Argentinien übrigens auch lieben.«
    »Du meine Güte, Sie sind witzig. Genießen Sie Ihre Scones.«
    Rafa setzte sich wieder. »Ich genieße. Sie sind köstlich. Wenn ich hier leben würde, wäre ich allein von denen ganz schnell fett – und glücklich.«
    »Tatsächlich kenne ich Argentinien ein bisschen. Ich hatte eine Eva-Peron-Phase, in der ich mir mein Haar in einem strammen Knoten nach hinten steckte, Vierzigerjahrekleider anzog und mir die Lippen knallrot schminkte.«
    »Sind Sie sicher, dass das keine Madonna-Phase war?«
    »Na ja, vielleicht wohl doch. Ich mochte es, wie sie in dem Film aussah. Und, wie lange bleiben Sie bei uns?«
    »Über den Sommer«, mischte Clementine sich ein, um Sugar zu erinnern, dass sie auch noch da war. »Er ist der Artist-in-residence bei meiner Stiefmutter.«
    »Tatsächlich? Wie schön! Ich würde zu gerne malen lernen.«
    »Dazu musst du Hotelgast sein, fürchte ich«, sagte Clementine.
    »Zählt ein Mittagessen?«
    »Nein.«
    Sugar seufzte und riss ihre blauen Augen so weit auf, wie es irgend ging. »Geben Sie Privatunterricht nach Feierabend?«
    »Ich bin gerade erst angekommen, daher weiß ich noch nicht, wie der Ablauf sein wird.«
    »Ich warne dich, Marina wird dich im Hotel ziemlich auf Trab halten.«
    Achselzuckend signalisierte Rafa Hilflosigkeit. »Ich muss mir Kost und Logis verdienen.«
    »Die Miete bei mir ist leichter verdient«, hauchte Sugar. »Kommen Sie jederzeit und essen Sie ein, zwei Scones. Aufs Haus. Sie sind gut fürs Geschäft.« Sie lächelte süßlich und rauschte wieder nach hinten.
    Clementine lachte leise. »Liegt es an deinem Aftershave?«
    »Was meinst du?« Aber er wusste, was sie meinte, denn seine Mundwinkel zuckten verräterisch. »Ich nehme an, dass die Leute hier unten nicht an Ausländer gewöhnt sind.«
    »Quatsch, natürlich sind sie, nur nicht an gut aussehende.«
    »Dann kommen sie drüber weg. Aussehen bringt einen Menschen nur begrenzt weiter.«
    »Wenigstens besitzt du eine Persönlichkeit. Die meisten schönen Menschen hatten es nie nötig, eine zu entwickeln.«
    Er sah sie nachdenklich an. »Ich finde weniger offensichtliche Schönheit anziehender. Wenn sie einem entgegenspringt, gibt es nichts mehr zu entdecken.«
    Clementine wurde heiß. Meinte er sie? »Jeder hat irgendwas«, war das Einzige – Lahme – was ihr einfiel.
    »Deine Stiefmutter hat ein sehr schönes Gesicht.«
    »Und das springt dich an?«
    »Nein. Sie hat mysteriöse Augen.«
    »Dann siehst du was, das ich nicht sehe.«
    »Natürlich, weil mich keine Vorurteile blenden. Wenn eine Frau in ihrem Alter ist, spiegelt das Gesicht die Person wieder, die sie ist, ob es ihr gefällt oder nicht. Sie kann ihr Wesen nicht verbergen. Marina hat ein sinnliches, edelmütiges Gesicht, und dennoch ist in ihren Augen etwas Verschlossenes und Trauriges.«
    »Männer!« Clementine verdrehte die Augen. »Du bist nicht anders als der Rest.«
    »Wie kommst du darauf, dass ich es sein könnte?«
    »Weiß ich nicht. Ich hatte gehofft …«
    Er zuckte mit den Schultern und trank von seinem Tee. »Das Problem, das du mit deiner Stiefmutter hast, ist deines, nicht ihres. Lass dir nicht von dem, was in der Vergangenheit passiert ist, diktieren, wer du heute bist.«
    Clementine war sprachlos. Sie hatte gedacht, dass er sie verstand. Doch letztlich war er wie alle anderen, nur mit einem schöneren Gesicht. Ein Vormittag genügte, und Marina hatte ihn in ihren Tentakeln wie Medusa. Clementine hatte ihn als Verbündeten verloren.
    Am Abend ging Rafa nach dem Dinner raus, um seine Mutter anzurufen.
    Er saß auf der Erde unter der Zeder und holte sein BlackBerry hervor.
    Maria Carmela schien immer zu spüren, wenn es ihr Lieblingssohn war, und eilte zum Telefon, bevor es überhaupt klingelte.
    »Hijo!«
    » Mamá . Geht es dir gut?«
    »Ja, Rafa. Gott sei Dank, bin ich gesund. Ein bisschen müde, aber was soll man in meinem Alter anderes erwarten?«
    »Du bist nicht alt.«
    »Ich fühle mich alt. Und ich sorge mich.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass du dir keine Sorgen machen musst.«
    »Ich wünschte, dein Vater wäre noch hier.«
    »Wäre er, wäre ich nicht hier, und ich bin froh, dass ich es bin.«
    »Erzähl, was tust du den ganzen Tag?«
    Rafa erzählte ihr von seinem Ausflug mit Clementine zur vergessenen Kirche und dem Schwimmen im Meer. »Heute Nachmittag hatte ich echten englischen Tee in einem Café, das Devil’s

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