Derek Landy
eine Spinne zu verwandeln, ließ sie noch furchterregender
aussehen. Sie war auf ihre doppelte Größe angewachsen und trug einen schwarzen
Panzer auf Brust und Rücken. Aus ihrem verlängerten Torso wuchsen vier
zusätzliche Arme mit Klauen, doch am erschreckendsten war ihr Gesicht. Portias
feine Züge waren verschwunden, dafür hatte sie jetzt ein klaffendes Loch
anstelle eines Mundes und Fangzähne, aus denen Gift tropfte. Acht schwarze
Augen verteilten sich ringsherum auf ihrem Kopf.
Tesseract wich ihrem Angriff aus. Unzählige Spinnen krochen
auf ihm herum. Ihr Gift war bereits in seinem Blut und machte ihn schwerfällig.
Er hätte abhauen sollen, als noch die Möglichkeit dazu bestand. Als er
aufblickte, sah er, wie Syc mit einem Dolch auf seine Brust zielte.
Er blockte den Stoß ab und schloss die Finger um Sycs
Handgelenk. Die Knochen brachen und Tesseract nahm den Dolch und drückte Syc
einen Ellbogen ins Gesicht. Er versetzte ihm einen Tritt, der junge Mann ging
zu Boden und landete auf Tausenden von Spinnen. Tesseract benutzte ihn als
Sprungbrett, um Portia anzugreifen. Er klammerte sich an ihr fest, als sie
versuchte, ihn abzuschütteln, und stieß dann den Dolch zwischen ihre
Panzerplatten. Als sie sich schreiend aufbäumte, sprang er zurück auf den
Boden.
Etwas schoss auf ihr Gesicht zu und blieb dort hängen. Etwas
Schwarzes. Tesseract drehte sich um und sah Anton Shudder den Flur
entlangkommen. Um ihn herum schwirrten Restanten.
Eines dieser grässlichen schwarzen Dinger kroch in Sycs Mund
und der junge Mann würgte und hustete. Tesseract bekam kaum mit, dass die Qual
und Misty bereits flohen; er wusste nur, dass es für ihn zu spät war, um
abzuhauen. Deshalb ging er zum Angriff über, machte einen Satz auf Shudder zu
und trat nach ihm, um ihn zurückzutreiben. Shudder lächelte und wollte ihn
packen, doch Tesseract umfasste sein Handgelenk und brach ihm die Knochen.
Shudder zog vor Schmerz scharf die Luft ein und wich zurück.
"Du hast mich beschädigt", zischte er.
Dann schoss der Restant aus seinem Mund und hängte sich an
Tesseracts Maske. Einen Moment lang sah Tesseract nichts mehr. Das schwarze
Ding schlängelte sich durch die Augenlöcher und er spürte es kalt auf seiner
Haut. Es glitt nach unten. Er sah, wie ein zweiter Restant sich an den
bewusstlosen Shudder heftete, bevor er auf die Knie sank. Der Restant fand
seinen Mund und Tesseract würgte, als er sich mit Gewalt hineinzwängte.
DIE WAHRHEIT
Walküre trat ins Freie und war wieder lebendig.
Sie rieb sich die Augen, als erwachte sie von einem tiefen
Schlaf. Das Gefühl kam zurück. Emotionen durchströmten sie. Empfindungen. Die
kalte Luft vertrieb die Benommenheit. Langsam wurde ihr Kopf wieder klar und
die Welt um sie herum nahm Form und Gestalt an. Sie war im Hafenviertel. Die
kraftlose Sonne stand direkt über ihr. Es war Mittag.
"Du bist nicht auseinandergefallen", stellte Nye
fest.
Walküre drehte sich um. Nye stand in der Lagerhalle, wo
alles grau und lethargisch war. Sie betrachtete die Linie, die sie überquert
hatte, als sie vom Tod ins Leben ging - eine Linie, entlang derer die
Dunkelheit der Lagerhalle vom strahlenden Licht des Lebens zurückgedrängt
wurde.
"Ich habe gute Arbeit geleistet", sagte Nye mehr
zu sich selbst als zu ihr. "Und es war nicht leicht, bei dem Druck, unter
dem ich gestanden habe. Aber ich habe es geschafft. Ich gehöre zu den wenigen,
bei denen Aussicht auf Erfolg besteht."
"Wie viele von meiner Sorte hast du noch da
drin?", fragte Walküre. "Von deiner Sorte?"
"Leute, die eigentlich nicht hierher gehören."
"Keinen." Nye schüttelte den Kopf. "Alle
anderen hat der Dullahan den Regeln entsprechend hier abgeliefert. Der Dullahan
befolgt immer die Regeln. Er achtet darauf, dass ich es auch tue."
"Manchmal scheint ihm das nicht zu gelingen. Mich
wolltest du hierbehalten."
Nye lächelte. "Den Versuch kannst du mir nicht
verübeln, oder? Aber jetzt ist ja alles gut. Du kannst gehen, reden, leben,
atmen - und fällst nicht auseinander. Und dein wahrer Name ist versiegelt. Es
war nicht einfach, aber ich hab's gewusst - wenn irgendjemand es schafft, dann
bin ich das."
Walküre meinte etwas tun zu müssen, doch sie kam nicht
darauf, was es war. Ihn festnehmen? Verprügeln? Ihm drohen? Sie entschied sich
fürs Drohen. "Ich werde ein Auge auf dich haben", warnte sie.
"Falls ich höre, dass du jemals wieder so etwas wie mit mir versuchst,
komme ich zurück und zerre dich hier raus."
Nye
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