Des Abends eisige Stille
Freitag dran war.
Das Baby bewegte sich in seinem blauen, gefütterten Anzug. Das weiche weiße Futter umrahmte sein kleines Gesicht. Cat betrachtete seine Wimpern, die perlrosa Nägel, den kaum erkennbaren Haarflaum. Liebe stieg in ihr auf und floss in Tränen über. Sie hatte noch nie so oft, so leicht oder so glücklich geweint, selbst nicht nach der Geburt ihrer beiden anderen Kinder.
Sie schnallte Felix ab und im Auto wieder an. Er wachte nicht auf. Als sie den Sicherheitsgurt über seinem Bauch einklickte, tauchte das Gesicht von David Angus vor ihr auf, das sie gerade auf dem vertrauten Plakat im Supermarkt gesehen hatte. Sie wagte nicht, weiter über ihn nachzudenken, aber sein Gesicht ließ sie nicht los.
In der Auffahrt zum Bauernhaus stand ein fremdes Fahrzeug, ein eisblauer Toyota Celica. Cat setzte ihr Auto rückwärts vor die Tür, die zur Küche führte, und stieg aus.
»Hallo?«
Cat wusste sofort, wer die Frau war, obwohl sie Diana Mason noch nie gesehen hatte. Sie sah phantastisch aus in einem cremefarbenen Bouclékostüm mit einem Rock, der kurz genug war, um ihre wohlgeformten Beine zur Geltung zu bringen, aber auch nicht zu kurz für jemanden Ende vierzig. Clever, dachte Cat. Felix stieß ein Wimmern aus.
»Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
Die Frau sah zu, wie Cat sich in das Auto beugte, das Baby losschnallte und heraushievte. Er hatte auf seinen Anzug gespuckt. Cat fiel ein, dass ihre Jeans einen Riss in der Seitennaht hatten. Sie kam sich ungepflegt vor und wurde wütend.
»Tut mir leid, wenn dies ein unpassender Moment ist. Ich dachte, ich warte ein wenig, um zu sehen, ob Sie nach Hause kommen.« Diana streckte die Hand aus und lächelte dann. »Oh, gar nicht so leicht, wenn man die Arme voll hat. Trotzdem, erst mal guten Tag. Ich bin Diana Mason. Simons Freundin.«
Cat blieb nichts anderes übrig, als sie hereinzubitten.
»Ich muss den hier ziemlich bald stillen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.« Cat spürte, wie ihr die Milch durch das T-Shirt sickerte, als sie herumeilte, um das Teegeschirr herauszuholen, während Felix auf ihrer Hüfte zappelte und seinen Kopf gegen ihren Brustkorb drückte.
Diana Mason blieb stehen, schlank, kühl und makellos neben dem Fenster, sah nur zu.
Verdammt noch mal, dachte Cat, mühte sich mit den Tassen ab.
»Keine Untertassen«, sagte sie, »zu kompliziert.« Felix trat sie, als sie sich bückte und die Milch aus dem Kühlschrank nahm. »Entschuldigung, aber ich muss …« Sie ließ sich auf dem Sofa nieder und schob ihr T-Shirt hoch.
»Darf ich mich hier hinsetzen?«
»Wo immer Sie wollen.«
Cat atmete tief durch, als sich der Babymund fest um die Brustwarze schloss und Felix mit Kraft zu saugen begann, die Finger vor Entzücken zusammengekrampft. Dann schaute sie durch den Raum zu Diana Mason. Sie war nicht unbedingt hübsch, aber äußerst attraktiv, mit guter Haut und einer gepflegten Frisur; sie war elegant, selbstsicher und sexy.
Cat konnte sich nicht vorstellen, wie es Simon gelungen war, sie drei Jahre lang als gelegentliche Geliebte zu halten, doch irgendetwas an der kühlen Zurückhaltung der Frau passte zu seiner eigenen. Sie könnten ein gutes Team abgegeben haben.
»So, Sie sind also Simons geheimnisvolle Lady?«
Cat verdiente einen Preis dafür, es so taktlos zu formulieren, trotzdem hatte sie Dianas Reaktion nicht erwartet. Sie begann einfach zu weinen, still, verzweifelt, in wahren Sturzbächen. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht auf ihre Hände, und sie machte keine Anstalten, sie aufzuhalten.
»O Gott, wie blöd von mir, das zu sagen«, murmelte Cat schwach.
Es dauerte eine Weile. Der Kessel pfiff. Cat stand auf, wobei das Baby wie eine Napfschnecke an ihrem wogenden Busen kleben blieb.
»Nein, es tut mir leid … Lassen Sie, das ist kochendes Wasser.«
Diana kam zu ihr und nahm den Kessel vom Herd, immer noch in Tränen aufgelöst. Cat ging zurück zum Sofa. Für den Moment schien es besser, sitzen zu bleiben und still zu sein.
Der Tee wurde aufgegossen und eingeschenkt, eine Keksdose geöffnet. Eine Tasse wurde auf den kleinen Tisch neben ihr gestellt sowie drei Kekse auf einem Teller. Am Ende wirkte alles ganz gemütlich.
»Dann erzählen Sie mal«, sagte Cat schließlich.
»Darf ich Sie fragen, was Sie von mir wissen?«
»Nicht viel. Dass sich Simon gelegentlich mit Ihnen in London getroffen hat … dass Sie Witwe sind. Sie haben eine Firma, aber ich glaube nicht, dass er je gesagt hat, was es
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