Des Abends eisige Stille
begannen. Gemeinsam schauten sie sich Kriege und Politiker an.
Dann erschien das vertraute Foto von David Angus auf dem Schirm. Nach ein paar Sekunden tauchte daneben ein weiteres von Lucy auf.
»Mir ist schlecht«, sagte Cat.
Der Sorrel Drive war abgesperrt, und Polizeiwagen parkten auf beiden Seiten. Scheinwerfer waren aufgestellt worden.
Es war nach elf. Simon war im Haus gewesen, aber Marilyn hatte nicht verständlich mit ihm sprechen können. Der DC , der ihn begleitete, versuchte etwas aus ihren wenigen, hysterischen Sätzen zusammenzuklauben. Lucy war wie gewöhnlich in der Schule gewesen, wie üblich nach Hause gekommen, in ihr Zimmer gegangen, um ihre Hausaufgaben zu machen, und war, was ebenfalls üblich zu sein schien, nicht wieder herausgekommen. Doch als ihre Mutter hinaufgegangen war, um ihr gute Nacht zu sagen, war Lucy nicht da gewesen und auch sonst nirgends im Haus. Die Seitentür, die aus dem Abstellraum nach draußen führte, war entriegelt vorgefunden worden.
Innerhalb von zehn Minuten nach Marilyns Anruf war der Sorrel Drive voller Polizisten gewesen.
»Aber wie lange ist sie fort?«, fragte Simon, der unter einer Straßenlaterne in der Nähe des Hauses stand. »Das müssen wir genau wissen. Sie ist um zwanzig vor fünf nach Hause gekommen. Ihre Mutter hat um zehn vor neun festgestellt, dass Lucy nicht da war. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Wir wissen es nicht. Wurde sie seit zwanzig Minuten vermisst oder seit vier Stunden? Inzwischen ist es bis nach sieben Uhr hell … Jemand müsste sie gesehen haben.«
DCS Chapman war langsam die eine Seite des Sorrel Drive hinaufgegangen, auf der anderen wieder zurück und hatte sich sorgfältig umgeschaut. Jetzt trat er zu Simon.
»Ist Ihnen was aufgefallen?«
»Diesmal ist es anders.«
»Als bei dem Jungen? Das glaube ich auch.«
»Sie ist weggelaufen. Aus freien Stücken.«
»Ja, niemand ist ins Haus gekommen, nach oben gegangen, hat sie gefunden und sie nach unten gezerrt.«
»Wir werden das Gebiet durchkämmen, aber ich will auch bei all ihren Freundinnen nachforschen. Doch wenn sie bei einer von denen wäre, hätte die sich inzwischen gemeldet.«
»Die Schule?«
»Der Hausmeister sagt, es wäre alles wie immer.«
»Was wollen Sie unternehmen?«
Simon schaute sich um. Er kam sich vor wie in einer Filmkulisse für eine Polizeiserie. Nathan näherte sich ihnen auf dem Fahrrad.
»Chef. Wir waren aus. Ich bin sofort gekommen, als ich es gehört habe. Gibt es schon was?«
»Noch nicht.«
»Wir könnten die Leute per Lautsprecher bitten, ihre Grundstücke selbst zu durchsuchen.«
»Das werden sie nicht tun. Und wir müssen trotzdem nachsehen. Dann können wir es auch gleich den Uniformierten überlassen.«
»Haben Sie schon die Taucher benachrichtigt?«
»Ist noch zu früh.«
»Na gut, wo wollen Sie mich haben, Chef?«
Simon sah ihn an. Nathan hatte seinen Fahrradhelm abgenommen, und sein rotes Haar stand ab wie die Borsten eines Besens. Er sah hoffnungslos jung und so eifrig wie ein Pfadfinder aus.
»Ich brauche eine Liste von Lucys sämtlichen Freunden und Freundinnen … aus der Schule und auch außerhalb. Von der Mutter werden Sie die nicht bekommen. Finden Sie die Klassenlehrerin, und bitten Sie die darum … Gut möglich, dass Lucy zu jemandem gegangen ist, und dann höchstwahrscheinlich zu einer Freundin.«
»Geht klar, Chef.«
Jim Chapman lächelte, als Nathan seinen Helm wieder aufsetzte und rasch davonradelte.
»Er erinnert mich an diese Anzeigen, die man früher in Schaufenstern sah … ›Flinker Bursche gesucht‹ …«
»Er ist der Beste.«
Zwei Uniformierte kamen auf ihrem Weg vom einen Haus zum nächsten an ihnen vorbei. »Diese Einfahrten sind eine halbe Meile lang«, knurrte der eine. »Wer braucht denn so was?«
»Hören Sie, Jim, warum kehren Sie nicht in Ihr Hotel zurück? Eines der Autos kann Sie hinbringen. Sie haben sicherlich oft genug nachts auf Straßen herumgestanden.«
»Da könnten Sie recht haben. Außerdem bin ich hier, um mich mit dem Fall des Jungen zu befassen.«
Sie gingen ein Stück die Straße hinunter, wo ein Streifenwagen einen Zugang blockierte.
»Würden Sie bitte DCS Chapman ins Hotel bringen? Das Stratfield Inn. Jemand kann hier zehn Minuten lang für Sie übernehmen.«
»Gute Nacht, Simon. Ich komme morgen früh gleich aufs Revier. Bis dahin haben Sie das Mädchen wohlauf und gesund wiedergefunden, das wette ich.«
»Ich hoffe bei Gott, dass Sie recht
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