Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
dräueten sie der guten Tochter / weiß nicht was vor lächerliche Straffen / welches sie mit sonderlichem Ernste vorbrachte / und die Anwesende sich dessen wol zulacheten; biß der Stathalter sagete: Wie nun Schwager Kornelius / ist meine Tochter Ursul noch eine solche / bey welcher ihr eurem täglichen Vorgeben nach / so gar keine eheliche Begierde merken könnet / daß ihr euch befürchtet / sie habe sich etwa unser Vesten verlobet? gewißlich hat mein Kind euch jezt redlich vergolten / was ihr mir vorhin ins Ohr raunetet. Aber daß wir zur Sache schreiten / hoffe ich ja / mein lieber Sohn habe bißher sich also verhalten / daß er dem Römischen Adel und seiner Freundschafft kein Schandflek sey; und gelebe daher der Zuversicht / ihr werdet meiner Bitte Plaz geben / und euch unser Kinder Heyraht gefallen lassen / mit welcher mein Gemüht über ein Jahr schon umbgangen ist / und ich daher auff ihr tuhn und lassen so viel weniger acht gegeben. Kornelius antwortete: Hochwerter Herr Schwager; ich bedanke mich der hohen Gewogenheit gegen mich und meine Tochter /und weil ich mir einen liebern Sohn nicht wünschen kan / stelle ichs zu seinen Händen / und vermache dem Bräutigam zur Heimsteur die Helffte aller meiner liegenden und fahrenden Haabe / und nach meinem Tode das übrige alles. So recht mein Herr Vetter /sagte Frl. Sophia / ich wuste vorhin wol / daß ihr dem Fräulein die Außsteur nicht versagen würdet. Also wahr dieser Kauff geschlossen / und wurden die junge Leute nach Römischem Gebrauch ehelich vermählet. Bey der Abendmahlzeit gingen allerhand kurzweilige Unterredungen vor / da Frl. Ursul sich rechtschaffen leiden muste; dann Frl. Sophia / umb ein Gelächter zu machen / sagte zu ihr: Herzliebe Schwester / ihr meynet nun aller Gefahr entrunnen seyn / weil ihr mit eurem Liebsten vermählet seyd / aber die euch von den Eltern angedräuete Straffen werden euch den Kitzel rechtschaffen vertreiben / massen euer H. Vater euch frische Ruhten gebunden / und die unbarmherzige Mutter euch in die finstere Kammer sperren wil /daß euch in vier Wochen kein Tagesliecht bescheinen sol; den Brodkorb wird sie euch so hoch hången / daß ihr täglich nur einmahl essen / und die ganze Zeit über das klare Wasser trinken / auch kein weiß leinen Gerähte anlegen sollet. Was gebet ihr mir nun / daß ich meinen Bruder bitte / euch in der Finsterniß Geselschafft zu leisten? Ich kenne ohn das euer furchtsames Herz / und daß ihr vor grauen in der Einsamkeit würdet müssen des Todes seyn. Frl. Ursul hatte einen breiten Rücken / achtete des Gespöttes und entstandenen Gelächters nicht groß / sondern gab mit höflicher Antwort so viel zu verstehen / daß sie ihr Glük und Heil zu verschlaffen nicht währe gesinnet gewesen; dann / sagte sie / meine Fr. Mutter hätte mein sechzigstes Jahr abgewartet / ehe sie mir von heyrahten das allergeringste gesaget. Muß ich nun die Schuld tragen? antwortete ihre Mutter / die etwas einfältig wahr; hastu dich doch kein mahl nicht verlauten lassen / daß du zu heyrahten willens währest; Welches noch vor das kurzweiligste auffgenommen ward / und der Stathalter es also beantwortete: So hat mein Sohn wol getahn / daß wie er der Mutter verseumniß / und der Tochter Blödigkeit verspüret / er durch seine gutwillige Anbietung nicht allein den Mutterplatz vertreten /sondern auch der Tochter Ansuchen zuvor kommen ist; gleich wie aber H. Kornelius und sein Gemahl sich heut als Vorbitter meines Sohns haben gebrauchen lassen; also wil ich hinwiederumb mich ihrer Frl. Tochter annehmen / und die scharffen Ruhten und stokfinstere Kammer von ihr abzuwenden / gefliessen seyn.
Nach abgehobenen Speisen erklang das Seitenspiel in drey unterschiedlichen Verteilungen / und fehlete nichts bey dieser Lust / als Herkules Gegenwart / umb dessen Abwesenheit Frl. Helena sehr traurig wahr /weil sie sahe / daß ihre Gespielen den Zweg ihres Wunsches erreichet / sie aber ohn allen Trost in ihrem verborgenen Feur sich selbst verzehren muste. Hingegen wahr Frl. Sophia so voller Lust / daß sie meynete / alles Unglük währe nun überwunden / und hätte niemand mehr Ursach traurig zu seyn; doch wahr Helenen Unmuht ihr unverborgen / welchen zu vertreiben sie schon alle gedanken anwendete; setzete sich vor dißmahl zu ihr nieder / und fragete nach der Ursach ihrer schwermühtigen Traurigkeit / ob derselben nicht raht zu schaffen wåhre. Diese / nachdem sie einen tieffen Seuffzer aus dem verborgenste ihres Herzen her
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