Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
Brüderliche Freunde ohn zweiffel ihre gedanken am andern Orte haben; zu beklagen aber ist es / daß in andern Künsten und Wissenschafften ein so hocherfahrner fast unvergleichlicher Man / in diese tieffe und unsinnige Finsternis gerahten ist / daß er die augenscheinliche Allmacht Gottes anzufechten / und ein grösser Himmelsstürmer / als des Ovidius seine / zu werden / sich nicht gescheuhet hat; da andere verständige Heyden nie gebilliget haben / was Gott zur Beschimpffung gereichen kan; dz dem nach des vorgedachten M. Tullius Warnung ihn von solcher gottlosigkeit hätte billig abhalten sollen / welcher im andern Buche von der Götter Art / also schreibet: Es ist eine böse und Gottlose Gewohnheit / wieder die Götter zureden / es geschehe gleich aus Ernst / oder nur zum Scherze. Hiemit gab er seiner rede die Endschafft / und weil der junge Fabius alle seine Worte in sein Handbüchlein schrieb / sagte er zu ihm: Mein Herr / ich bitte sehr / er wolle meine Reden keinem verständigen zeigen / damit seine Schrifft nicht ein Zeuge sey meines geringen Verstandes. Ich werde diese Unterrichtung vielmehr tåglich durchlesen / sagte er / damit ich mich befleissige / den Göttern ihre gebührliche Ehre zugeben / und mich vor deren Läster- und Beschimpffung zu hüten. Herkules wolte sie nicht länger aufhalten / baht nochmals / daß sie es / als unter der Rose geredet / verschweigen möchten / und lies sie damit von sich; da auff dem Wege Fabius zu Ladisla sagte: Er hielte vor gewiß / daß wo nach etlicher Meynung die Seelen der verstorbenen in andere Leiber gegossen würden / müsten die Götter drey unterschiedliche / als die verständigste / herzhaffteste und freundligste zusammen verknüpffet / und diesen Helden damit volkommen gemacht haben; und dürffte ich fast wähnen /sagte er / es sey Herr Herkules dem Christlichen Glauben zugetahn. Ist mein Herr Schwager und Bruder der Meynung / sagte Ladisla / so ist mein fleissiges Ansuchen / er wolle solches vor sich allein meinen; welches er dañ gerne versprach. Die zehen Tage über / daß Herkules sich in seiner Kammer halten muste / dauchten der Geselschafft länger als ihm selbst / weil er ihrer aller Herzen ihm fast eigen gemacht hatte. Am eylfsten Tage legte er seine Kleider an / und ging mit den andern zu Tische / da der Stathalter eine fröliche Gästerey / und dabey ein herliches Seytenspiel anstellete. Weil dann Ladisla seiner liebsten / Herkules anmuhtige Spiel- und Singekunst gerühmet hatte / suchte dieselbe alle Gelegenheit / wie sie ihn hören möchte / merkete aber / daß er bey so grosser Geselschafft kein belieben darzu trug daher sie solches bey spätem Abend / als die Fremden alle hinweg wahren / von ihm erbaht / da er die Laute nahm / und weil es zwischen Ostern und Himmelfahr wahr / dieses Teutsche Osterlied / welches er selbst gesezt hatte / sang und spielete:
1
Nun hat das heilge Gottes Lam /
Dem man am Kreuz das Leben nam /
Den schönen Sieg an Hell' und Tod
Behäuptet als ein wahrer Gott.
2
Sein Ferßensi ich gibt nicht mehr Blut /
Verschwunden ist der Schlangen Muht;
Ihr Häupt ist nun zerknirschet gar /
Das bey dem Kreuz so freche wahr-
3
Der Drache hat sich eingehult /
Sein Troz und Frevel ist gestilt /
Sein Gifft macht ihm selbst angst und Pein /
Und dringet auff sein Herz hinein.
4
Wo ist O Tod / dein Stachel jez?
Wo habt ihr Teuffel euren Wiz?
Wo ist der Hellen Macht und Sieg?
Wer führet wieder uns den Krieg?
5
Das Lam / daß der Welt Sunde trägt /
Hat eure Macht in Koht gelegt.
Es herschet kräfftig dort und hier /
Und eur Leid wehret für und für.
6
Ja liebster Heyland / deine Krafft
Hat uns nun Fried und Ruh geschafft;
Die Feinde die uns drångten sehr /
Sind mat und gelten fort nicht mehr.
7
Was murret ihr / ihr Teuffel noch?
Was sperret sich der Hellen Loch?
Und dürffen Gottes seiner Schaar
Noch Marter dräuen und Gefahr.
8
Das Lämlein daß erwürget wahr
Bricht eure Wuht und Rachgier gar.
Der Löu' aus Juda steht uns bey /
Und macht von eurem Zorn uns frey.
9
Der Simson bricht der Hellen Tühr /
Der kühne David trit herfür.
Der Goliath liegt schon gestrekt /
Und die Philister sind erschrekt.
10
Du Heyland / du geherzter Held
Hast aller Feinde Macht gefelt /
In dem du aus dem Grab auffstehst /
Und wieder ein zum Leben gehst.
11
Was wolten wir dann fürchten sehr
Des Todes Macht / das hellisch' Heer?
Las toben was da wil und kan
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