Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
keiner durffte unterstehen. Ihres Leibes beschaffenheit betreffend / hat wol kein Mensch ein volkommener Liebreitzungs-Bilde in dieser Welt gesehen; an ihrem gantzen Leibe wahr nicht ein ungestaltes Flecklein /die Gliedmassen zart und gelenke / die Haut Milchweiß / das Fleisch weich aber nicht welk oder hangend / die Knochen klein aber fest / und jhre Sehnadern so stark und rege / daß sie im vierzehnden Jahr jhres Alters den arbeitsamsten Mägden den Arm mit einer Hand so fest halten kunte / daß jhnen unmöglich wahr / denselben ohn jhre willige Erlassung loßzureissen. In jhrer zarten Jugend wolte man sie in weiblichen Künsten / als nähen / stricken / Klöppeln / Goldspinnen und dergleiche unterrichten / aber sie verachtete solches / vorgebend / es währe Mägde Arbeit / die sich damit ernehren müsten; ging viel lieber nach der Schule / dann ihr Herr Vater hielt ihr eine gelehrten Römer zum Lehrmeister; doch da sie etwas älter ward / sahe sie bißweilen den Kunstlerinnen zu / die mit der Nadel und zarter Seide das zierliche Mahlwerk nicht allein nachmacheten / sondern wol übertraffen /nam auch wol das Werk selbst zur hand / und nach kurtzer Unterweisung gab sie den Meisterinnen nichts bevor. Die Lateinische und Griechische Sprache fassete sie sehr wol / daß im dreyzehnden Jahre ihres Alters sie den Römische Livius und Griechischen Herodotus fertig lesen und verstehen / auch ohn Hülffe einiges Wort-Buches auslegen / die Griechische Geschichte Lateinisch / diese hinwieder Griechisch / und beydes auff gut Teutsch und Böhmisch erzählen kunte / welches in ihrem folgenden Unglük ihr bester behelff und Vortel wahr. Ihre beyden Leib Jungfern Libussen und Brelen führete sie zur Lust mit an / daß sie solche beyde Sprachen lernen musten. Ovidius Schrifften rühmete sie wegen des anmuhtigen sehr artigen Lateins und fliessender Tichter Kunst / aber weil er zu unzüchtig von Göttern und Menschen schrieb / meidete sie alle seine verdächtige Bücher; über Horatius Flackus kurzgezwungener Art verwunderte sie sich / und lase seine Oden- oder Lieder-bücher gerne / aber Virgilius Maro / sagte sie / ist der Lateinischen Tichter Adler / dem der Griechen Ruhm Homerus es lange noch nicht gleich tuht / dann er ist gar zu lugenreich / und weiß ihm die Farbe nicht so wol als jener anzustreichen / hat auch den Göttern gar zu ungereimete Sachen zugelegt / als ob dieselben umb der Menschen willen unter sich Krieg und Streitigkeiten anfingen / und Gottloser meinäidiger Leute Bübereyen verfechten wolten; sonsten hielt sie die Geschichte von der Griechische Helenen Entführung /von Alexander Pariß geschehen / vor ein Getichte; dann / sagte sie / wie solte ein ehrliches Weib ihren Gemahl verlassen / und so weit über Meer sich mit Willen als eine Ehebrecherin entführen lassen? Ist sie aber so ehren-vergessig gewesen / und hat ihr Königliches Herkommen dergestalt geschändet / was hätten dann die Gerecht- uñ Frömmigkeit-liebende Griechen nach diesem schändlichen Weibe gefraget / es währe dañ / daß sie / Rache zu üben / und ihre Unkeuscheit zu straffen / den Zug in Asien vorgenommen hätten; aber hiemit stimmen die Schreiber nicht zu / sondern Menelaus habe sie als ein Gemahl wieder gefodert / ja sie nach erhaltenem herben Siege als ein frommes Weib wieder zu sich genommen / welche Narren-Liebe ich straffbahrer als Helenen Leichtfertigkeit achte / und rühme des streitbaren Helden Ajax Raht weit vor des Ulysses / da er dieser Ehebrecherin den Tod sol zugesprochen haben / worüber er dann sein Leben durch Verrähterey und Meuchelmord einbüssen müssen. Wann man sie dann fragete / wovor sie solche Tichtereyen hielte / wendete sie ein / wann es nicht gar erlogen währe / wolte sie unter der Helenen Nahmen etwa ein schönes fruchtbahres Eiland in dem Egeischen Meer verstehen / welches die Trojaner den Griechen in des Beherschers Abwesenheit durch der Inwohner Verrähterey und Gutwilligkeit entwendet /und darüber in diesen schweren Krieg sich gestürtzet hätten; pflag sich gleichwol dabey zu bedingen / ein jeder möchte hierin seines Glaubens leben / sie hätte ihre Meynung vor sich. Solcher gestalt sinnete sie den Sachen schon in der Jugend nach / welche sie bey den alten Schreibern lase / und verfluchete der Teutschen und Böhmen Unverstand / daß sie ihrer Vorfahren Heldentahten aufzuschreiben so gar nicht achteten. Jedoch wahren die Bücher nicht ihre gantze Lust / sondern Waffen und Rüstung / Schwerter und Bogen
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