Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
etlichemahl über das Häupt und sagete: Die gütigen Götter steuren allen wiedrigen Fällen / und behüten dich / dz ihre Versehung an dir zu allem guten vollendet werde. Sonst taht sie mannichen hohen Fall / welches doch immer ohn sonderlichen Schaden abging; insonderheit hatte sie kein Glük auff dem Wasser / daher sie auch selten sich der Schiffart vertrauete. Drey Tage vor ihres Herr Vaters Verlust / ging sie mit einer kleinen Dirne abermahl hin / dem Gottesdienst in der Stad und den gewöhnlichen Opffern beyzuwohne / da lieff ihr ein sehr grosser toller Hund entgegen / vor dem sie zu rücke hinter eine Brunnenseule weich / und da sie ihn eigentlich auff sich zu springen sahe / fassete sie mit der Linken einen zimlichen Stein / mit der Rechten aber ihren Dolch / welchen sie nach erlegung des Ochsen stets / wo sie auch ging / zu sich nam; als nun der Hund ihr nach dem Gesichte sprang / sties sie ihm den Stein in den Rachen / und stach ihm zugleich die Kehle ab / daß er zu ihren Füssen nieder fiel; lies sich doch hiedurch von der Beywohnung des Gottesdienstes nicht abschrecken / sondern hielt bey den Pfaffen an / daß sie vor ihres Herren Vaters Wolfahrt ein Opffer schlachten möchten / welches auch geschahe / da nach fleissiger Besichtigung der Leber und des Herzen ein alter Pfaffe ihr zuschrie: Durchleuchtigstes Frl. meldet / bitte ich / eurem Herr Vater / unserm allergnädigsten Könige an / dz seine Konigl. Hocheit sich in VI Tagen nicht von ihrem Schlosse begebe /noch falscher Lockung folge / dañ es stehe deroselben ein nahes Unglük bevor / welches viel unleidlicher als der Tod / oder auffs wenigste der Tod seyn wird; Euer Gnaden wil das gute Glük auch noch nicht geträulich beystehen / sondern dräuet derselben unsägliche Noht und Gefahr / welches aber noch weiter zurücke stehet. Das Fräulein hielt viel auff dergleichen Opfferzeichen / da hingegen ihr Herr Vater sich nicht sonderlich dran zu kehren pflegete / schlug auch vor dißmal alles in den Wind / wie bewäglich gleich das Fräulein ihm solches vortrug / auch zugleich den Unfall mit dem wütigen Hunde hinzusetzete; da dann der elende Verlust bald drauff erfolgete / wodurch das gantze Königreich in grosses Hertzleid gesetzet ward / und sein Gemahl die fromme Königin seinen unglüklichen Tod eine geraume Zeit beklagete.
Wir wenden uns aber wieder hin zu dem Fräulein /sie in ihrer hohen Vergnügung anzuschauen / welche sie aus Herkules Schreiben empfing / und ihrer Seele unmöglich wahr / die innigliche Freude recht außzudrücken; dessen Libussa wol wahr nam / und ihr Herz durch ein anmuhtiges Liebesgespräch je mehr und mehr auffwallete / daß sie endlich eine Schreibfeder ergriff / und von freyer Hand ein Liedlein auffsetzete /auch demselben eine frische anmuhtige weise gab / da inzwischen Libussa ihr die Laute (welche in guter Zeit nicht gebrauchet wahr) ganz neu bezog / die begehrete Stimmung einrichtete / und mit Verlangen erwartete / was vor Einfälle dem Fräulein vor dißmahl fugen wolten; welche bald darauff dieses sang und spielete:
1
Nun Seele / nim nun sanffte rast /
Nachdem du wieder funden hast /
Den du vorlängst erkohren;
Mein Herz / nim die erquickung an /
Dann der dich völlig trösten kan /
Ist nicht so gar verlohren.
2
Der allerschönste dieser Welt /
Der dich vor seine schönste hält /
Bleibt nach wie vor dein eigen;
Wie weit er dir entrissen ist /
Wird er dannoch zu keiner frist
Sein Seelchen von dir neigen.
3
Du schönster Stern am Himmels Saal /
Hab' ich das Glük zu deiner Wahl?
Sol ich dein noch geniessen?
Du Strahlen-helles Sonnen-licht /
Vor dessen Schein der meine bricht /
Und fält zu deinen Füssen.
4
Wann wirstu meine wolken dann
Vertreiben / daß ich sehen kan /
Wie deine Tugend spielet?
Die bloß nur auff Volkommenheit /
Mehr als die Jugend deiner Zeit
Ertragen kan / hinzielet.
5
Du Ebenbild der keuschen Zucht /
Betrachte deiner Jahre flucht /
Sey nicht so gar vermässen
Im Streiten wieder Frevelmuht /
Dann wer im Treffen alles tuht /
Wird endlich doch gefressen.
6
Fälst aber du / so fall' ich auch /
Dich wehe Lufft an oder Rauch /
Ich wil mit dir nur stehen /
Nicht ohne dich / du bist allein /
Was meinem Leibe Geist kan seyn /
Dein Tod ist mein vergehen.
7
Solt' aber meine Seele noch
Mit deiner daß gewünschte Joch
Der keuschen Liebe tragen;
So hab ich was mein Herz begehrt /
Und wann mir solches wiederfährt /
Wil ich nicht
Weitere Kostenlose Bücher