Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
der König ihr Herr Vater von der Jagt nach seinem Schlosse / da ihm ein Balke von einem alt verfallenen Hause auff der Burgstrasse seinen Leibdiener /welcher allernähest hinter ihm her ritte / erschlug; welches beydes also außgeleget ward / daß das liebe Fräulein nicht ohn wunderselzame und lebensgefährliche Fälle bleiben würde; welches dann zimlich früh an ihr erfüllet ward; massen als sie kaum neun Wochen alt wahr / nam ein Affe (der auff dem Schlosse /als gezähmet umbher lieff) / sie unvermerket aus der Wiege / und trug sie auff ein hohes Gebäu / so daß /wann Gottes Engel nicht ihr Schuz gewesen währe /sie ohn zweiffel das Leben hätte einbüssen müssen /uñ ward sie mit grosser Mühe wieder herunter gelassen / worüber doch zween Dachdecker den Hals abstürzeten. Wann ihre Fr. Mutter sie des nachtes an der Brust liegen hatte / und sie drüber einschlieff / tråumete ihr unterschiedliche mahl / als wann sie eine Schlange neben sich hätte / worüber sie erwachend /das liebe Kind zu dreyen mahlen von sich weg aus dem Bette warff / welches doch immer ohn Schaden blieb. Als sie im zehnden Jahr ihres alters wahr / und mit etlichen des Frauenzimmers nach der Stadkirchen ging / den gemeinen Opffern beyzuwohnen / worzu sie dann sonderliche Lust hatte / da lieff ein ergrimmeter wutiger Ochse in vollen sprüngen und mit außgestrecketem Halse ihr entgegen. Ihre zugegebene Geselschafft sahen ihn zeitig daher kommen / rieffen dem Fräulein / die ein wenig vor ihnen herging flohen davon / und verstecketen sich im nähesten Hause / in meynung sie würde / ihrer geradigkeit nach / mit lauffen / und ihrer Rettung selbst acht haben; aber sie weich nicht umb einen Schrit / sondern / wie er mit allermacht auff sie zustürmete / sprang sie ihm gerade auff den Halß / hielt sich mit der Linken am Horne /wie sie best kunte / und mit der Rechten zohe sie ihr Messerlein hervor / welches sie an der Seite in einer silbern Scheide trug / uñ als sie ihn nirgend besser zuverwunden wuste / sties sie ihm solches ins Auge so tief sie kunte / machte sich ringfertig wieder herunter /und lies ihn immerhin rasen / dañ er kehrete sich nicht mehr an sie / sondern lief wegen empfindender Schmerzen die quere uñ breite / und in dem er das Messer an einem hervorstehenden Holze außreiben wolte / sties ers nur tieffer hinein / biß er endlich mit hefftigem gebrülle zur Erden stürzete / und mit allen vieren von sich schlug. Ihr Frauenzimmer höreten solches und misseten das Fräulein / durfften doch nicht aus der Tühr hervor gehen / sondern kucketen durch ein Loch / und sahen sie mit schimmernden Augen und zornigem Angesicht stehen / daß die rechte Hand und Ermel ihr mit Blute gar besprützet wahr; fingen deßwegen ein klägliches geheule an / daß die Leute des Hauses herzu gelauffen kahmen / und ihres Geschreies Ursach nachfrageten. Das Fräulein trat zu ihnen hinein / straffete sie wegen ihres weglauffens /und sagete: So viel ich merke / dürfftet ihr mich leicht im Stiche lassen / und nur eures Heils warnehmen /wann sich die Gefahr eräugete / daß nach diesem ich nicht Mädchen / sondern Kerle zu meiner Auffsicht haben müste; erzåhlete ihnen hernach / wie es ihr mit dem Ochsen ergangen währe. Der König erfuhr solches zeitig / foderte sie vor sich / und mit halbnassen Augen sagte er zu ihr: Mein Herzen Valißken / wie daß du nicht vor dem wütigen Ochsen dich scheuhetest / und ihm gar auff den Hals springen durfftest? Gnädigster Herr Vater / antwortete sie / freilich scheuete ich mich vor ihm / aber weil ich der Flucht nicht trauete / muste ich mich ja retten / als best ich kunte / sonst hätte er mich gar zu Tode gestossen. Er aber straffete sie / neben der erinnerung / die jungen Fräulein müsten sich so verwägener Kühnheit nicht gebrauchen / die wol den herzhafften Männern misglücketen. Sie hingegen wante ein / sie währe so wol gesinnet / ihr Leben durch allerhand Mittel zu retten / als ein Mann; und wer weis / sagete sie / ob ich nicht habe sollen ein Knabe werden / weil meine Seele viel lieber mit männlichen als weiblichen Sachen umbgehet; hätte ich nur meinen Bogen bey mir gehabt / ich wolte ihm die Augen beyde auß dem Kopffe geschossen haben / ehe er mir so nahe kommen währe / dz er mich mit den Hörnern erreichen können; wil mich auch hernåhst wol besser vorsehen /daß ich meine Rettung nicht mit einem Brodmesser vornehmen dürffe. Ihr Herr Vater kunte vor verwunderung ihr keine Antwort gebe / streich ihr
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