Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
heilen kunte /und nahmen des folgenden Tages gar früh Abscheid /in hoffnung / Gott würde sie an ort und ende führen /woselbst sie Ruhm und Preiß erwerben könten. Als sie über die Gasse vor Herr Zinna / Herkules gewesenen Herrn Wohnung vorbey ritten / ward dessen Tochter / Fr. Zezilia jhrer gewahr / winkete ihrem lieben Herkules / auff ein Wort stille zu halten / verwieß ihm höchlich / daß er sich so lange noch zu Rom auffgehalten / und ihr kein mahl zugesprochen hätte. Er aber entschuldigte sich sehr / daß er und sein Freund vor etlichen Wochen gefährlich verwundet / und kaum vor wenig Tagen erst genesen währen; hätte gestriges Tages Zeitung von Hause gehabt / sich eilend daselbst einzustellen / weil seine Fr. Mutter todes verblichen / und er die Haußhaltung wider seinen Willen antreten müste; bähte demnach dienstlich / ihm zu verzeihen / daß er ihr länger Geselschaft nicht leisten könte. Ich habe wol gewust / sagte sie / daß ihr noch stets zu Rom seyd gewesen / aber eure Herberge nicht erfahren können / sonst hätte ich euch diesen Denkring meiner guten Gewogenheit / durch meine Leibdienerin zugeschikt / welchen ich euch nun selbst liefern wil / mit Bitte / jhn eurer ergebenen Freundin Zezilien wegen zu tragen / und bey demselben der Engelländische Geschichte (diese ist im fünften Buche zu lesen) stets eingedenke zu seyn. Hochwerte wahre Freundin / antwortete er; ich bedanke mich der annoch ferner bezeigeten Gutwilligkeit / die ich / wo ich leben sol / zu ersetzen / unvergessen seyn werde; Die Erinnerung aber der Geschichte wird sie ohn Zweifel mit solchem Herzen vorbringen / als ich sie auffnehme; und wolle / bitte ich sehr / ihre geliebte Eltern unser beyder wegen dienstlich grüssen; vielleicht gibt es die Gelegenheit / daß wir uns dereins wieder sprechen. Hieb damit sein Roß an / und rante mit seiner Geselschafft eilig fort / weil er sich befürchtete / von Herrn Zinna auffgehalten zu werden. Als er zum äussersten Tohr außritte / seufzete er / und sagte zu Ladisla: Nimmermehr werde ich das allerliebste Rom auß meinem Gedächtniß kommen lassen / ob ich gleich noch hundert Jahr leben solte; Dann ungeachtet ich hieselbst anderthalbjährige Leibeigenschafft und harte Dienstbarkeit außgestanden / muß ich doch gestehen / daß nähst Gott / ich diesem Orte allein meiner Seelen Wolfahrt / und Gewissensvergnügung zu danken habe; weil ich hieselbst endlich funden / was meinen Verstand erleuchtet / meinen Willen sättiget /mich in Traurigkeit freudig machet / und wider alle Unfälle mich kräfftiget und stärket. O glükseliger Tag / da ich im Böhmerwalde von den Pannonischen Räubern gefangen; noch glükseliger / da ich von den Römischen jhnen wieder geraubet / und in dieser Stadt verkauft ward; Dann durch diese gelegenheit bin ich zur Erkäntniß meines Gottes und Heylandes kommen / ohn welche ich ungezweifelt hätte ewig müssen verdamt und verlohren seyn. Ich weiß nicht / antwortete Ladisla / was sonderliches du doch in diesem Glauben funden hast / ohn einen vermeynten neuen Gott / der etwa vor 225 Jahren / wie du selbst gestehest / von schlechten armen Eltern im Viehstalle gebohren / in Mangel und Armut auferzogen / von seinen eigenen Freunden und Blutsverwandten verachtet / verfolget /endlich gar als ein Ubeltähter zwischen zween Mördern ans Kreuz auffgehenket ist. Nun betrachte dagegen unsere Götter; wie von grossen Leuten / ja von Göttern selbst sind sie entsprossen; wie herrliche Tahten haben sie verrichtet / und umb die ganze Welt sich so hoch verdient gemacht / dz man sie daher nach ihrem Tode billich geehret / und unter der Götter Zahl auffgenommen hat. Herkules antwortete ihm: Mich jamert dein von Herzen / lieber Bruder / daß du von geistlichen und göttlichen Sachen so gar fleischlich /und da ichs sagen darff / kindisch redest; wil demnach dir alles beydes / so wol / was du von meinem HErrn JEsus / als von deiner vermeynten Götzen Geburt /Leben und Tahten meldest / in aller Kürze und Einfalt beantworten. Und zwar vor erst gestehe ich / daß meines lieben Heylandes Geburt / seinem Fleische nach /äusserlich sehr armselig und geringe vor der Welt scheinet / weil sein Pflege-Vater Joseph nur ein Zimmerman / und seine liebe Mutter / die keusche Jungfer Maria ein verlassenes Wäyselein wahr; aber dagegen waren sie dannoch beyderseits von dem allervortrefflichsten Königlichen Geblüt und Artstamme / welches jemahl in der Welt gewesen; musten aber aus Furcht des Todes ihr
Weitere Kostenlose Bücher