Des Drachens grauer Atem
Zusammenarbeit mit der Agentur gewonnen, soweit es um das Opium ging, das von den Dorfbewohnern selbst angebaut wurde, vor allem jedoch um jenen Stoff, den die Banditen aus Burma über die Grenze brachten. In Muong Nan und einigen anderen Grenzdörfern hatte Warren damals diese entscheidende Verbindung angeknüpft, die es ermöglichte, ganze Kompanien Aufständischer in Nordburma mit modernen Waffen auszurüsten und sie geschickt gegen die Regierung in Rangun zu dirigieren. Wie es schien, hatte Lo Wen sein schriftlich gegebenes Versprechen gebrochen, niemandem außer den Beauftragten Warrens Opium zum Kauf anzubieten. Nun, man würde sehen, was er dazu sagte. Ein Dorfvorsteher war schlimmstenfalls zu ersetzen. Offenbar war dort oben aber noch einiges mehr durcheinander geraten, denn dieser Bansammu, der mit der letzten Opiumladung der Schan-Banditen durchgegangen war, hatte das Geschäft zusammen mit Lo Wen betrieben. Ich glaube, ich muss da entschieden durchgreifen, dachte Mister Warren, bevor er sich in seinem wohltemperierten Schlafzimmer auf das damastbezogene Bett legte.
Lo Wen, der alte Dorfvorsteher aus Muong Nan, lag auf dem Steinfußboden der Zelle im Zentralgefängnis. Ihm war kalt, aber er versuchte trotzdem einzuschlafen. Die vergangene Nacht hatte er zusammen mit dem Polizisten aus Chiengmai in einem Eisenbahnabteil verbracht und natürlich nicht geschlafen. Auch der Beamte war müde gewesen, aber er durfte Lo Wen nicht aus den Augen lassen, obwohl dieser mit einer stählernen Handfessel an ihn gekettet gewesen war. Der Beamte war ebenfalls ein älterer Mann, der aus Chiengmai stammte. Er war noch nie in Muong Nan gewesen, aber er hatte Verwandte, die in den Bergen lebten, und er kannte sich aus.
In Chiengmai hatte man Lo Wen tagelang in einer viel kleineren Zelle als hier in der Hauptstadt gefangen gehalten, ohne ihm zu sagen, weshalb er inhaftiert war. Gelegentlich war Essen gebracht worden oder Wasser. Niemand hatte ihn geschlagen, niemand hatte auch nur den Versuch gemacht, ihn zu vernehmen. Es war, als interessierte sich in ganz Chiengmai überhaupt niemand für diesen alten Mann, der etwas dicklich war und eine Glatze hatte, der aber keineswegs schwächlich und kränklich zu sein schien.
Eines Tages war der Beschließer früh mit einem Zettel gekommen und hatte seinen Namen verlesen. „Sie sind Lo Wen?" fragte er, als der Dorf Vorsteher sich vor ihm aufbaute, ein wenig ängstlich, was nun wohl folgen würde.
ja, ich bin Lo Wen."
Der Beschließer faltete das Papier zusammen. „Nehmen Sie Ihr Eigentum mit, und folgen Sie mir. Sie werden verlegt."
Lo Wen besaß nichts außer der Kleidung, die er trug. Er verabschiedete sich von den beiden Einbrechern und dem Mann, der in einem chinesischen Laden Feuer gelegt hatte, seinen Zellengefährten, dann ging er vor dem Beschließer her durch den langen Flur zum Büro. Dort musste er sich Handschellen anlegen lassen wie an dem Tag, an dem man ihn verhaftet hatte. Danach wartete er geduldig, bis der Beamte eintraf, der ihn nach Bangkok überführen sollte.
Lo Wen erschrak zutiefst. Bangkok war noch weiter vom heimatlichen Dorf entfernt als Chiengmai, aber er tröstete sich damit, dass es in Bangkok kluge Leute gab, die bestimmt eines Tages herausfinden würden, dass er kein Krimineller war. Natürlich, man hatte ihn beim Verkauf von Rohopium gestellt. Offiziell war das verboten. Aber selbst die Polizisten wussten, dass es für die Bevölkerung ganzer Landstriche keine anderen Erwerbsmöglichkeiten gab, als Opium anzubauen. Zudem hatte Mister Warren von ihm verlangt, dass er so viel Opium wie nur möglich beschaffte. Gewiss, er hatte diesen Mister übers Ohr hauen wollen, indem er einen Posten Stoff auf eigene Rechnung in Chiengmai zu verkaufen versuchte. Aber das hatte er schließlich nicht ohne Grund getan.
Der Dorf Vorsteher Lo Wen war in Hosen aus dunklem Kattun gekleidet. Unter dem Jackett, ebenfalls aus schwarzem Kattun, trug er ein ehemals weißes Hemd. Er besaß es jetzt etwas länger als zwei Jahre, und es war vom vielen Waschen bereits reichlich zerschlissen. Der Beamte, der ihn überführen sollte, musterte ihn nachdenklich, nachdem er die Handfessel an seinem Handgelenk festgemacht hatte. Er fragte: „Sieht so ein reicher Opiumschmuggler aus?"
Lo Wen antwortete nicht, obwohl er mit dem Beamten allein war. Der Polizist wurde darüber nicht böse, er war in einem Alter, in dem man sich nicht mehr gern über Dinge erregt, die einen
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