Des Erdenmannes schwere Bürde
Wirklichkeit war Alex, der hin und wieder Gedichte verfaßte, ein äußerst standhafter, junger Mann im besten Alter. Was Tanni betraf, so sprach seine eigentlich hervorragende Akte allerdings absolut gegen ihn.
Vor zwei Jahren, in seinem Urlaub, hatte er in Krogs Kopenhagener Fischrestaurant einen sonnigen Nachmittag verlebt. Tanni war gerade hereingekommen, als ihm ein kapitales Mahl aufgetragen wurde. Alex hatte sowohl das Bierglas als auch die Platte mit den Ljimford-Austern stehenlassen, um hinter ihr herzueilen – ein unwiderlegbares Zeichen wahrer Liebe. Und die gleiche Liebe verlieh seiner Zunge eine ungewöhnliche Geschmeidigkeit. Deswegen war das unausweichliche Ergebnis, ein geflüstertes „Ja, min elsker“, während die Achterbahn im Tivoli gerade eine Schraube drehte, auch so gut ausgefallen. Die langfristig dadurch hervorgerufenen Effekte hatten sich allerdings als besorgniserregend erwiesen. Wenn dieser amerikanische Raumfahrer sie so schnell um den Finger hatte wickeln können, lautete von nun an Tannis Trauma, warum sollten dann die gleichen Tricks nicht auch anderswo ziehen? Die Naturgesetze galten schließlich überall – auch auf den abgelegensten Planeten.
Und damit tat sie Alex bitter Unrecht. Schließlich war es seine Pflicht, einem Beruf nachzugehen, der ihm eines Tages, wenn er genug verdiente um heiraten zu können, erlauben würde, ständig bei ihr zu sein, und nicht nur dann, wenn er einmal einen Kurzaufenthalt auf der Erde hatte. Bis jetzt hatte er das allerdings noch nicht fertiggebracht.
Wir haben Alex und Tanni nun aber genug Zeit gelassen, um voneinander Abschied zu nehmen. Immerhin haben sie die Absicht, einander morgen wiederzusehen.
Alex küßte sie noch einmal mit aller gebührenden Inbrunst, schlüpfte durch die Tür hinaus, schwebte über den Bürgersteig und eilte auf die Rollstraße zu, die ihn in einem weiten Bogen von dem Apartmenthaus Tannis in das Wohnheim der Liga bringen würde, in dem er selbst einquartiert war. Der Ausblick auf die Türme, den Verkehr, den Himmel und die fernen Berge Neuseelands suchte man im Rest der zivilisierten Galaxis vergeblich; dennoch drehte Alex sich nur zu dem in der Tür stehenden blonden Mädchen um und winkte ihm zu.
„Wer ist denn das Pflänzchen?“ fragte hinter ihm eine bekannt klingende, rauchige Stimme.
Alex sah sich um. Ein warnendes Klingeln machte sich in seinem Rückgrat bemerkbar. Und dies war ein ungewöhnliches Phänomen, denn im allgemeinen hieß es, daß Doralene Rawlings, das kanadische Mädel, in jedem Raum, den sie betrat, die Temperatur um mindestens drei Grad steigen ließ, wenn Männer in ihm anwesend waren. Sie war hochgewachsen, kräftig, geschmeidig, rothaarig, grünäugig, ein Vollblutweib und förmlich besessen von hautengen Kleidern und knielangen Röcken. Was Alex anging, so sah er schon jetzt den Ärger, den ihr Auftauchen ihm einbringen würde.
„Meine Braut“, sagte er zurückhaltend. „Wir sind verlobt.“
„Kann ich mir vorstellen“, sagte Doralene. Sie hängte sich in ihrer unnachahmlichen Art bei ihm ein. „Na, dann wollen wir uns mal auf den Heimweg machen und die Gelegenheit nutzen, was?“
„Bitte!“ Alex riß sich von ihr los. „Du verstehst nicht“, fügte er hinzu, als sie ihm einen beleidigten Blick zuwarf. „Die Party an jenem Abend … Du erinnerst dich doch daran, daß wir auf ein Schwätzchen auf die Terrasse hinausgingen und du mir einen neuen Tanz zeigen wolltest …“
„Welchen?“ fragte sie. „Ich habe dir mehrere Tänze gezeigt. Du warst ziemlich lange von der Erde weg, Astronaut, und hattest eine Menge nachzuholen …“
Alex errötete. „Ich meine … den einen, von dem du sagtest, es handele sich um einen Fruchtbarkeitstanz von Pilsudskis Stern III.“
„Oh, ja“, seufzte Doralene, übermannt von der Erinnerung, „ den meinst du.“
„Ja, den “, sagte Alex. „Ich glaube, der war es, den du mir nahezubringen versuchtest, als Tanni uns entdeckte. Sie war selber gerade erst von einem monatelangen Urlaub auf Neu-Podunk III zur … äh … Erde zurückgekehrt.“ Er scharrte verlegen mit den Füßen. „Es ist mir erst heute gelungen, die Sache wieder ins Reine zu bringen.“
„Oh, ich verstehe.“ Doralene lächelte mitfühlend. „Tut mir wirklich leid.“ Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen und fügte hinzu: „Weißt du, Alex, du bist wirklich lieb.“
Und mit der Entschlossenheit, die so viele Männer erfreulich fanden, küßte sie
Weitere Kostenlose Bücher