Des Erdenmannes schwere Bürde
Euren Helfer in ungezählten amourösen Eskapaden, die Euch zum Schrecken aller Ehemänner und Väter von Lissabon bis Athen gemacht haben.“ Der Hoka stellte sich in Positur, streckte einen Arm aus und legte die andere Hand auf seinen kleinen Paukenwanst. Dann begann er schmetternd zu singen:
„So ein großer Herr kann lachen!
Tändelt er mit einer Schönen,
Dann muß ich als Schildwach’ stöhnen!“
„Aufhören!“ schrie Alex. Als der Hoka gehorsam seinen Gesang eingestellt hatte, knirschte er: „Meinst du etwa mich? Don Giovanni? Ich soll Don Giovanni sein?“
„Im Spanischen bezeichnet man Euch auch als Don Juan“, verkündete der selbsternannte Leporello unnötigerweise.
Alex versuchte sich an der Realität, die ihm zu entgleiten drohte, verzweifelt festzuklammern. „Aber das ist doch nur eine Oper!“
„Cospetto! Haben Euer Gnaden dermaßen unter dem Anschlag eines Ehemannes gelitten, daß seine Erinnerungen ihn verlassen haben?“
„Aber keinesfalls!“ krähte Alex. „Wo ist Miß Rawlings?“
„Pssst!“ sagte Leporello listig und berührte mit einem Wurstfinger seine schwarze Knollennase. „Ah, ihr meint die wunderhübsche Zerlina.“
„Na gut“, seufzte Alex. „Von mir aus auch die wunderhübsche Zerlina. Wo steckt sie?“
Leporello stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte heiser: „Sie ist drinnen.“
„Drinnen?“ echote Alex. „Wo drinnen denn, um Beteigeuzes willen?“
„In Euren Gemächern natürlich, Illustrissimo.“
„In meinen Gemächern?“ Alex setzte sich in Bewegung, kam schlitternd zu einem Halt und gelangte zu dem Schluß, daß damit nur ihre Gemächer – äh, Räume – gemeint sein konnten. Und so ging er, im Korridor angekommen, nach links statt rechts.
An Mozart erinnerndes Gefiedel drang durch die Tür an seine Ohren, als er sich gegen den Klingelknopf lehnte. „Doralene!“ rief er aus. „Mach auf! Was geht hier vor?“
Die Tür schwang weit auf. Im Inneren des Raums standen fünf Hokas in Renaissancekostümen. Sie hatten entweder Violinen unter ihr Kinn geklemmt, hielten Flöten zwischen den Lippen, oder … „Verführer! Wüstling! Hahnrei!“ quäkten sie.
Einer von ihnen ließ seine Oboe fallen, zog ein gefährlich aussehendes Rapier und stürzte auf ihn zu. „Hilfe!“ quiekte Alex und wich eilfertig zurück.
Leporello trottete heran, warf seinen Gefährten die Tür vor der Nase zu und rief besänftigend: „Exzellenzen! Exzellenzen! Euer Tun ist sinnlos, denn meinem Herrn, dem Schelm, ist die Flucht schon längst gelungen.“
Die anderen Hokas schienen nur zu gern bereit, dies zu akzeptieren. Sie setzten ihre musikalische Darbietung fort, und einer von ihnen begann nun eine Arie zu schmettern, die von der blutigen Rache an einem bestimmten Taugenichts und Mörder kündete.
„Allmächtiger!“ stieß Alex hervor und schüttelte sich. „Was ist denn in die gefahren?“
„Meinen Euer Gnaden Don Ottavio und die anderen Ehemänner, Väter, Brüder und Eidame der Frauen, die er entehrt hat?“ fragte Leporello.
„Ja … ich meine natürlich nein ! Laß uns jetzt endlich mal zur Sache kommen! Was ist aus Doralene geworden?“
„Habe ich Euer Gnaden nicht davon in Kenntnis gesetzt, daß das wunderhübsche Fräulein sich in seinen Räumen aufhält?“ erwiderte Leporello. Er stieß Alex vertraulich die Spitze seines Ellbogens in die Rippe und zwinkerte ihm zu. „Euer Gnaden möchten sie doch gewiß an keinem anderen Platz wissen, nicht wahr?“
„Oh, NEIN!“ Alex wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Genau das hab ich mir gedacht“, strahlte Leporello.
Alex wirbelte herum, langte nach der Tür seiner Suite, riß sie auf und stürmte hinein. „Doralene!“ heulte er noch auf der Schwelle. „Wo bist du?“
„Alex?“ girrte eine Stimme aus dem Hintergrund. „Hier bin ich.“
Alex machte einen Satz nach vorn, hielt plötzlich inne und stieß einen Entsetzensschrei aus. Ihre Stimme war aus seinem Badezimmer gekommen!
„Was machst du da?“ brüllte er aufgebracht. „Was hat das zu bedeuten? Sind die Hokas denn alle verrückt geworden?“
Durch die Türfüllung drang ein glücklich-weibliches Lachen. „Sind sie nicht lieb?“ schnurrte Doralene. „Sie sind ganz verrückt nach Opern. Ich habe ihnen natürlich gesagt, daß sie sich als Gäste der Erde kommen lassen können, was sie wollen. Und so haben sie sich wohl eine Bibliothek, einen Kostümbildner, eine Musikalienhandlung und …“
„Aber
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