Des Erdenmannes schwere Bürde
an Alex vorbeiging, sagte er mit einer typischen Opernbaßstimme, die meterweit zu hören war: „Bis Ihr Euch ihrer erfreuen könnt, habe ich die zudringliche Damsel eingeschlossen, Illustrissimo.“
„Was meint er?“ hub Terwilliger an.
„Oh, die!“ brachte Alex mühsam hervor. „ Die zudringliche Damsel! Ein Roman von … äh … Wolfgang Amadeus. Sehr interessant. Sie können ihn geliehen haben, wenn ich ihn ausgelesen habe. Aber trinken Sie doch!“
Er nahm eines der auf dem Tablett stehenden Gläser an sich. Automatisch taten es ihm die beiden anderen gleich. Terwilliger hob seins mit einer eckigen Bewegung, nahm einen Schluck, würgte und setzte es mit Tränen in den weithin bekannten farblosen Augen wieder ab.
„Ei … ein tokanisches Nationalgetränk?“ röchelte er mit ersterbender Stimme.
„Äh … ja“, sagte Alex keuchend, nachdem er einen Schluck probiert und sich geschüttelt hatte. „Ist ganz schön was hinter … auch wenn es nicht unbedingt dem irdischen Geschmack entspricht. Ich werde eine Flasche Dubonnet oder so etwas holen gehen …“
„Bloß nicht“, sagte Terwilliger und brummte ihm von der Seite her unter vorgehaltener Hand zu: „Wissen Sie denn nicht, Sie gottverdammter Narr, daß man niemals das Geschenk einer Rasse ablehnen darf, ehe es nicht Mitglied der Liga geworden ist? Niemand könnte voraussagen, wie sie auf einen solchen Affront reagieren würden. Wir trinken das Zeug, und wenn es unsere Nieren kostet!“
„Es könnte wirklich schlimmer sein“, murmelte Doralene, nachdem sie einen nachdenklichen Schluck gekostet hatte. Aber sie konnte ja auch etwas vertragen.
„Ah, Ser Masetto“, quasselte der Hoka-Lakai in Terwilligers Ohr, „du magst nur ein Bauer sein, aber was hat schon ein Titel zu bedeuten im Vergleich zu eines Mannes Ehre? Worin liegt der Schimpf, deine Geliebte zu verlieren an meinen Herrn? ’s gibt keine Frau auf Erden, die ihm widerstehen könnt’.“
„Häh?“ explodierte Terwilliger.
„Äh … Entschuldigen Sie mich … Der Champagner steht noch im Kühlschrank“, murmelte Alex. „Ardu – ich meine Leporello – auf ein Wort.“
Als sie sich in der Küche befanden, verlangte Alex den Schlüssel zum Lesezimmer. Leporello köpfte eine weitere Flasche und folgte ihm durch den kurzen Gang, wobei er darauf hinwies, daß Donna Elvira eines Trostes bedürfe.
Alex öffnete die Tür. Tanni stand da, und ihre lieblichen Augen sprühten Blitze, während aus ihren feinen Nasenlöchern Rauchwolken zu strömen schienen. „Aha!“ stieß sie hervor.
„Warte, bitte …“ krächzte Alex. „Hier, Schätzchen, nimm das …“ Er langte blind hinter sich, entriß Leporello die Flasche und drückte sie ihr in die Hand. „Tut mir leid“, schnatterte er aufgeregt, „aber erstens hättest du niemals hierherkommen dürfen … Du bringst mich um meinen Job … Du mußt jetzt absolut ruhig bleiben und dich so lange nicht von der Stelle rühren, bis Terwilliger nach Hause geht. Erst dann können wir dieses Durcheinander ins reine bringen.“
„Aber …“ protestierte Tanni.
„Willst du mich vor Gericht bringen?“ stöhnte Alex.
Er schlug ihr die Tür vor der Nase zu und spurtete ins Wohnzimmer zurück.
Die Konversation zwischen Terwilliger und Doralene hatte während seiner kurzen Abwesenheit merklich an Schärfe zugenommen. Als er eintrat, brach Doralene gerade ein schrilles „Jetzt hör mir aber mal zu, Hardman Terwilliger!“ ab und die beiden starrten finster in ihre Gläser. Der Chef führte mit einer wütenden Bewegung sein Glas an die Lippen und kippte den Inhalt mit einem einzigen Schluck in sich hinein. Leider ging die effektvolle Pose in einem Röcheln unter, als der bereits angeführte Inhalt seine Klauen in Terwilligers Magenwände schlug. Doralene schnaubte verächtlich und leerte ihr Glas ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
„Äh … ist das Abendessen noch nicht fertig, Leporello?“ versuchte Alex es aufs Geratewohl.
„Sofort, Signor“, sagte der Hoka mit einer Verbeugung. „Und was ist mit den anderen Exzellenzen?“
„Welche anderen Exzellenzen?“
„Die Gatten, Brüder, Väter und Eidame der Damen, die Ihr verführt, entehrt und …“
„Ja, ja, aber natürlich“, unterbrach Alex den Hoka, als Terwilliger den Kopf drehte und ihn anstarrte.
„Dann würde es das beste sein, wenn Euer Gnaden diese Maske trügen.“ Leporello zog eine Augenmaske hervor und reichte sie ihm. Halb betäubt und ohne nachzudenken
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