Des Erdenmannes schwere Bürde
steckte er den Kopf aus dem Fenster und rief: „He, Olaf! Komm rein, ich brauche deine Hilfe!“
Unterhalb der schweigenden Kanonen des Forts segelte die Korsarenflotte vorbei und ging an der Pier vor Anker. Jubelnd, grölend und waffenschwingend stürmten die Piraten an Land und rannten die Hauptstraße auf die Residenz des Bürgermeisters zu. Sie waren ziemlich verwundert über die Tatsache, daß zahlreiche Zuschauer den Straßenrand umsäumten, den Überfall neugierig begutachteten und bereits Wetten darüber abschlossen, wer den Kampf gewinnen würde, hielten aber keinesfalls inne, sondern stießen blutrünstige Drohungen aus.
Die Residenz des Bürgermeisters lag in einem Garten, den eine hohe Mauer umschloß. Das Tor stand offen. In der Nähe hatte sich eine zur Garnison gehörende Einheit der Rotröcke in Habachtstellung aufgebaut, die Olaf mit mißtrauischen Blicken beäugte. Seine Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, daß keiner von ihnen auf die Idee kam, einen Schuß abzufeuern. Die ganze Szenerie wurde vom gelblichen Licht einiger Laternen beleuchtet.
„Potzdonner!“ brüllte Captain Hook, als er eine mit gezücktem Schwert und grünem Bart versehene Gestalt durch den Hauseingang auf sich zukommen sah. „Da ist ja unser Admiral! Ein dreifaches Hoch auf Admiral Grünbart!“
„Hip, hip, hurra!“ Das Echo ihrer Rufe drang bis an die Küste hinunter. Die kleinen Piraten schwärmten näher heran, blieben jedoch stehen, als sie ihrem vermeintlichen Oberhäuptling nahe genug gekommen waren.
„Ah, meine Kumpane!“ rief Alex aus. „Das ist fürwahr ein großer Tag für die Bruderschaft der Küstenräuber! Ich habe keinen geringeren in meiner Gewalt als Alexander Jones, den Botschafter der Erde. Und gleich wird er meine Klinge schmecken!“ Er machte eine Pause. „Was denn – kein Beifall brandet auf?“
Die Piraten scharrten verlegen mit den Füßen.
„Was?“ bellte Alex. „Sprecht, ihr Hundesöhne! Was ist los mit euch?“
„Pest und Hölle“, murmelte Captain Hook, „aber irgendwie scheint es mir nicht gerecht zu sein, den Botschafter über die Klinge springen zu lassen … Nach allem, was er für den Planeten getan hat.“
Alex fühlte sich zwar gerührt, aber er sah sich dennoch gezwungen, die Wildheit seines Blicks zu verdoppeln.
„Wenn Sie auf Ruhm aus sind, Admiral“, sagte schließlich Captain Kidd, „würde ich an Ihrer Stelle meine Zeit nicht an dem Botschafter vergeuden. Wer ihn umbringt, kann keinen Ruhm ernten. Man sagt ihm nach, daß er schon so fertig ist, daß man einen Spezialstuhl braucht, um ihn überhaupt transportieren zu können.“
Der Hinweis auf den einzigen Luxus, den Alex sich in den langen Jahren seines Hierseins geleistet hatte – einen Roboterstuhl für die Bürostunden – brachte ihn allerdings dermaßen auf die Palme, daß er die Nerven vollständig verlor.
„Ist das so?“ schrie er. „Na, jedenfalls hat er mich zu einem Duell auf Leben und Tod herausgefordert – und ich habe nicht die Absicht, ihn davon abzuhalten. Und was euch lahme Enten angeht: Ihr werdet solange hier draußen bleiben und abwarten, bis ich ihn erschlagen habe!“
„Nein“, rief einer der Rotröcke aus und riß seine Muskete hoch, „das kann ich nicht dulden!“ Olaf riß ihm das Schießeisen aus der Hand, machte einen Knoten in den Lauf und gab es dem Hoka zurück.
Alex verschwand durch das Portal, hinter dem Tanni und der Bürgermeister warteten und murmelte zusammenhanglos vor sich hin.
„Stimmt etwas nicht, Schatz?“ fragte Tanni mit blassem Gesicht.
„Jetzt gehts ums Ganze“, schnaubte Alex. „Ich bin bereits soweit, daß ich mich für zwei Cents selbst umbringen würde – nur um zu sehen, wie sie darauf reagieren!“ Er stolperte über einen großen Zinksarg, den man schon für ihn bereitgestellt hatte.
„En garde!“ brüllte er und ließ die Klinge gegen den Deckel knallen. „Nimm das!“
Die versammelten Piraten traten aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. Billy Bosun, der den Versuch unternahm, sich dem Portal zu nähern um herauszufinden was sich dahinter abspielte, wurde von Olaf abgefangen und über die Köpfe von Captain Einauge und Henry Morgan geworfen. „Privatsache“, sagte der Wikinger lässig.
Alex, der inzwischen weiter auf den wehrlosen Sarg einprügelte, stieß teuflische Verwünschungen aus. „Versuch nicht, mir auszuweichen! Bleib hier und schlag dich wie ein Mann! Aha! Nimm das, mein Bester!“
Während er mit der
Weitere Kostenlose Bücher