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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sir.« Mit einem Anflug seines alten Trotzes setzte er hinzu: »Er wird in der Musterrolle dieses Schiffes nicht geführt, Sir. Falls er …«
    »Falls er desertiert ist, fällt das unter meine Verantwortung, meinen Sie?«
    Trotz des Zwielichts mußte Paice den Schmerz in Bolithos Gesicht bemerkt haben. »Immerhin war Ihr Bootssteurer doch ein Gepreßter, Sir, wenn ich richtig gehört habe.«
    Bolitho fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Stimmt.
    Aber das ist lange her. Seit zehn Jahren hat er mir treu gedient. Er würde niemals desertieren.« Er schüttelte den Kopf, weil ihm erst jetzt die ganze Ungeheuerlichkeit der Ereignisse bewußt wurde. »Nein, Allday würde mich niemals verlassen.«
    Stumm stand Paice da und suchte nach den richtigen Worten. »Ich könnte an Land Bescheid sagen, Sir – für den Fall, daß er einer Preßgang in die Hände fällt. Wenn ich den Leutnant erreiche, können wir vielleicht das Schlimmste verhindern.« Er zögerte, mußte sich erst überwinden, so offen zu sprechen. »Auch für Sie, Sir, wenn ich das sagen darf.«
    Bolitho legte dem Jungen eine Hand auf die magere Schulter. »Hol mir jetzt Waschwasser und frischen Kaffee, Matthew.« Seine Stimme klang dumpf, weil er in Gedanken woanders war.
    Angenommen, Allday war wirklich desertiert? Er hatte doch selbst erstaunt registriert, daß Allday ihn allein zum Haus des Kommodore reiten ließ. Wieder fiel ihm ein Detail des Vorabends ein, und er suchte in seinen Taschen. Der Kommodore hatte ihm doch schriftliche Befehle gegeben.
    Ein Wunder, daß er sie nicht auf dem Heimweg verloren hatte, dachte er beschämt.
    Hatte Allday sich die Blamage mit der
Loyal Chieftain
so sehr zu Herzen genommen? In den letzten Monaten hatte er bei Gott genug von ihm zu schlucken bekommen – ein schlechter Lohn für seine unerschütterliche Treue und Zuversicht.
    Nun war er verschwunden. Zurück aufs Land, woher ihn Bolithos Preßgang vor so vielen Jahren mit Gewalt geholt hatte? Gefahr und Ruhm, Trennung und Trauer hatten diese Jahre ihnen beiden gebracht. Trotzdem war Allday immer da gewesen, unerschütterlich wie eine Eiche und nur allzu oft für selbstverständlich gehalten.
    »Er hat keine Nachricht hinterlassen«, ergänzte Paice.
    Bolitho blickte auf. »Er kann nicht schreiben.« Oft hatte er gedacht, daß Allday es sehr weit hätte bringen können, wenn ihm nur eine bessere Schulbildung zuteil geworden wäre.
    Jetzt wirkte dieser Gedanke wie Hohn.
    Irgendwo an Deck trillerte eine Bootsmannspfeife. »Ihre Befehle, Sir?« drängte Paice.
    Bolitho nickte und verzog das Gesicht, als ihn dabei wieder der Kopfschmerz durchzuckte. Da hatte er bis zur Völlerei gegessen und getrunken, während Allday hier seine Pläne geschmiedet und auf den richtigen Moment gewartet hatte.
    »Wir laufen zu Mittag aus. Geben Sie das an
Wakeful
weiter.« Wie beiläufig fügte er hinzu: »Aber tun Sie es selbst – mündlich. Nichts Schriftliches.« Ihre Blicke trafen sich. »Noch nicht.«
    »Reise, reise, überall zurrt Hängematten!« hallte der Weckruf durchs Schiff. Unter dem Getrappel nackter Füße erwachte
Telemachus
zu einem neuen Tag.
    »Darf ich fragen, Sir …«
    Bolitho hörte den Jungen zurückkehren und machte sich klar, daß er sich diesmal selbst rasieren mußte.
    »Eine neue große Schmuggelladung ist angesagt.« Ob Paice ihm noch einmal glauben würde? Im Grunde war es gleichgültig. »Der Kommodore hat einen Plan ausgearbeitet.
    Ich erkläre Ihnen alles, sobald wir auf See sind. Der Zoll wird uns nicht unterstützen, seine Kutter sollen anderswo beschäftigt werden.« Wie einfach das alles an der überladenen Dinnertafel geklungen hatte! Und die ganze Zeit stand der livrierte Diener dabei und spitzte die Ohren.
    Zögernd berichtete Paice: »Ich habe den Ersten Offizier an Land geschickt, um zwei unserer Leute abholen zu lassen.
    Sie lagen betrunken in einer Kneipe.« Er rang sich ein Lächeln ab. »Ich hielt es für besser, ihn aus dem Weg zu schaffen, bis ich mit Ihnen gesprochen hatte.«
    Der Junge stellte die Kaffeekanne hin und kramte nach einem Becher.
    »Das war klug gedacht, Mr. Paice«, erwiderte Bolitho.
    Der Kommandant zuckte mit den Schultern. »Unsere Gedanken bewegen sich wohl in der gleichen Richtung, Sir.«
    Vorsichtig erhob sich Bolitho und öffnete das Oberlicht.
    Die Morgenluft war kühl und roch aromatisch nach Land.
    Vielleicht gehörte er wirklich nicht länger auf die See, überlegte er. Ob Allday etwas ähnliches empfunden hatte?

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