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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sein Blick fiel auf Matthew, der ein in Leinen gewickeltes Päckchen in der Koje gefunden hatte und es nun beiseite räumen wollte.
    Paice ging zur Tür. »Ich muß die Leute mustern, Sir. Wie uns auch zumute sein mag, das Schiff verlangt sein Recht.«
    Bolitho hörte nicht mehr, wie die Tür hinter Paice zufiel.
    »Was hast du da, Matthew?« fragte er scharf.
    »Ein Päckchen, Sir.« Der Junge hob es hoch und zuckte bedrückt die Achseln. »Ich glaube, es hat Allday gehört.«
    Das klang so ängstlich, als fühle er sich mitschuldig an Alldays Verschwinden.
    Bolitho nahm das Päckchen und öffnete es vorsichtig auf der Koje, wo er geschlafen hatte wie ein betrunkener Tölpel.
    Schnitzwerkzeug kam zum Vorschein: kleine scharfe Messer, Takelgarn, Messing- und Kupferplättchen, halbfertige Spieren und Beschläge. Und ein zweites Päckchen, besonders sorgsam eingewickelt.
    Bolitho beugte sich vor und entrollte es mit bebenden Händen. Vorsichtig legte er den Inhalt auf die Koje.
    Allday trug niemals viel Gepäck bei sich, wenn er von einem Schiff aufs andere umzog. Persönlicher Besitz bedeutete ihm nicht viel. Nur von seinen Schiffsmodellen, an denen er jahrelang mit Liebe und Geschick schnitzte, trennte er sich nie.
    Verblüfft schnappte der Junge nach Luft. »Aber das ist ja wunderschön, Sir!« rief er.
    Bolitho berührte das kleine Schiffsmodell und spürte, wie seine Augen feucht wurden. Noch war es nicht bemalt, aber an seinen eleganten Linien doch schon als Fregatte zu erkennen.
    Durch die offenen Stückpforten lugten noch keine Kanonen, Masten und Segel existierten erst in der Phantasie des Schnitzers. Bolithos Finger strichen über die winzige, verblüffend detailgetreue Galionsfigur, an die er sich so gut erinnerte: ein Mädchen mit wilden Augen und wehendem Haar, im Arm ein großes Muschelhorn.
    »Eine Fregatte, Sir?« fragte Matthew zögernd.
    Bolitho starrte das Modell in seiner Hand an, bis es vor seinem Blick verschwamm. Das war nicht irgendeine Fregatte – wie bei Allday auch nicht anders zu erwarten.
    »Es ist die
Tempest,
Matthew«, murmelte er. »Mein letztes Schiff.«
    »Warum hat er es hier zurückgelassen, Sir?«
    Bolitho packte ihn bei den Schultern und drehte ihn zu sich herum. »Verstehst du denn nicht, Matthew? Er konnte keinem sagen, was er vorhatte, nicht einmal schreiben konnte er, um mich zu beruhigen.« Wieder kehrte sein Blick zu dem halbfertigen Schiffsmodell zurück. »Deshalb verfiel er auf diese Methode, mir Bescheid zu sagen. Die
Tempest
bedeutet uns beiden sehr viel – aus ganz verschiedenen Gründen. Er hätte sie niemals einfach hier vergessen.«
    Der Junge sah zu, wie Bolitho unters Skylight trat und tief durchatmete. Er hatte keine Ahnung, was hier vorging, aber eines begriff er: Es gab ein Geheimnis zwischen Bolitho und Allday, und er durfte es als einziger an Bord mit dem Kapitän teilen.
    Bolitho holte tief Luft. »Verdammt sollst du sein für deinen Dickkopf!« Er packte das Skylightsüll mit beiden Händen.
    »Und Gott schütze dich, alter Freund, damit du gesund zu uns zurückkehrst!«
    In Zweierreihe marschierte das Preßkommando durch die enge Gasse, auf deren Kopfsteinpflaster das Geräusch der Schritte laut hallte; die Augen der Rekrutierer waren überall, suchten selbst in den Schatten. Ein Leutnant, den gezogenen Degen in der Hand, führte den Trupp an, gefolgt von einem jüngeren Midshipman.
    Die Giebel der alten Häuser neigten sich über der Straße einander zu, so daß sie sich fast berührten. Der Leutnant musterte jedes dunkle oder mit Läden verrammelte Fenster, besonders jene direkt über ihren Köpfen. Denn es geschah nur zu oft, daß jemand einen Eimer Unrat über den verhaßten Preßgangs auskippte.
    Der Leutnant wußte wie die meisten seiner Kameraden von dem Überfall auf die beiden Offiziere, die auf offener Straße entkleidet, geschlagen und beschimpft worden waren, ohne daß sich eine Hand zur Hilfe regte. Nur das rechtzeitige Eingreifen des neuen Post-Captain und sein fast selbstmörderischer Mut hatten Schlimmeres verhindert.
    Gewissenhaft hatte der Leutnant bei der lokalen Obrigkeit angekündigt, daß er Befehl habe, erfahrene Seeleute für die Kriegsmarine zu rekrutieren. Wütend schlug er mit seinem Degen nach den Schatten. Genauso hätte er sein Vorhaben vom Marktschreier unter Glockengeläut ausrufen lassen können, am Resultat hätte es nichts geändert: Für ihn Vollkapitän, Inhaber einer Planstelle blieben nur die wenigen Versager und

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