Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
seine Tätowierung sah.
    »Ich halt’s nicht aus, eingesperrt zu sein.«
    »Ganz recht. Aber bilde dir nichts ein: Wenn du die Leute verrätst, die dir jetzt helfen, geht’s dir so dreckig, daß dir der Tod am Galgen wie eine Erlösung vorkäme. Ich habe Dinge erlebt…« Er richtete sich auf. »Besser, du glaubst mir.«
    Allday dachte an den Toten auf der
Loyal Chieftain
und an das Gerücht, daß auch seine ganze Familie beseitigt worden war. Er nickte.
    Die Tür öffnete sich, und der Artillerist spähte herein.
    »Du kannst jetzt essen kommen, äh – Spencer.«
    Allday beobachtete die beiden auf ein Zeichen geheimen Einverständnisses hin, entdeckte aber keines. In diesem Geschäft mißtraute wohl jeder jedem.
    Das Angebot von eben hätte wohl jeder Deserteur akzeptiert, selbst wenn er dadurch in eine Schmugglerbande geriet. Denn von einer Preßgang aufgegriffen zu werden, bedeutete für ihn im günstigsten Falle, daß er in die verhaßten Lebensumstände an Bord zurückkehren mußte; im schlimmsten aber folgte eine mörderische Auspeitschung, zur Abschreckung für die anderen.
    Der Artillerist führte Allday zu einem langen, weißgescheuerten Tisch, an dem seine Leidensgenossen bereits Brot und Käse verschlangen, als sei dies ihre letzte Mahlzeit auf Erden. Er griff sich einen Krug und wartete, bis ein Seemann ihm Bier eingoß.
    »Worüber wolltest du noch mit mir reden?« fragte Allday den Kanonier.
    »Spielt keine Rolle mehr. Dein Schiff, die
London,
ist schon ausgelaufen, Richtung Karibik. Jetzt mußt du nehmen, was man dir gibt.«
    Allday blickte in den Hof hinaus, wo Festgenommene in kleinen Gruppen vom Leutnant und anderen Mitgliedern der Preßgang gemustert wurden. Deprimiert dachte er: Und kein einziger richtiger Seemann darunter! Aber dann mußte er lachen. Da sorgte er sich um die Nöte der Flotte, obwohl er selbst jeden Augenblick in Lebensgefahr geraten konnte!
    Trotzdem – es mußte eine Organisation dahinterstecken.
    Wenn der Kanonier nicht dazugehörte, wer dann? Kein gewöhnlicher Seemann, ob nun Führer einer Preßgang oder nicht, konnte das im Alleingang schaffen. Er hätte bald sein Leben verwirkt: ein kurzes Kriegsgericht, zwei, drei Gebete, und dann nichts wie hinauf mit ihm zur Rahnock irgendeines Linienschiffs, wo er sich den letzten Atem aus dem Leibe strampeln konnte. Nein, da mußten noch ganz andere Leute hineinverwickelt sein.
    Wieder beobachtete er den Leutnant; es war derselbe, der ihn in der Hintergasse angerufen hatte. Allday kannte sich mit Schiffen und ihren Offizieren aus, und er wußte: Dieser Mann hier hatte nicht mal den Mut, geschweige denn genug Köpfchen zum Verbrecher.
    Der Leutnant brüllte: »Achtung, alle mal herhören! Ich sag’s nicht zweimal!«
    Über den schlampigen, unruhigen Haufen senkte sich Schweigen.
    »Wie die Lage hier ist«, fuhr der Leutnant fort, »müßt ihr nach Einbruch der Dunkelheit nach Sheerness gebracht werden. Ihr marschiert in kleinen Trupps und habt jedem Befehl prompt zu gehorchen. Ich werde persönlich dafür sorgen, daß jede Unordnung als Meuterei bestraft wird.«
    Sein Blick wanderte rundum. »Mehr brauche ich euch ja wohl nicht zu sagen, oder?«
    Allday hörte ein Flüstern neben sich: »O Gott, nach Sheerness, Tom! Da stecken sie uns noch in dieser Woche auf ein Schiff!«
    Ein hochgewachsener Mann mit weißen Kragenspiegeln trat aus einem Nebengebäude. Mit klopfendem Herzen wurde Allday seiner gewahr: ein Midshipman, zu alt für seinen niedrigen Rang, etwa im selben Alter wie Leutnant Triscott, der Kommandant der
Telemachus.
Aber das Gesicht dieses Mannes war bleich und verkniffen, die Mundwinkel zogen sich in gewohnheitsmäßiger Verbitterung nach unten. Warum war er bei der Beförderung immer wieder übergangen worden – aus Unfähigkeit oder wegen der Abneigung eines Vorgesetzten? Es mochte Dutzende von Gründen geben.
    Allday griff nach einem Stück Käse und merkte dabei, daß der Midshipman erst ihm und dann dem Seemann, der ihm das Angebot gemacht hatte, einen scharfen Blick zuwarf.
    Also die beiden waren es! Allday dachte so angestrengt nach, daß er das Kauen vergaß. Natürlich, ein Offizier mußte in der Sache mit drinstecken, und sei es nur ein unwichtiger, übergangener Midshipman.
    Der Artillerist erklärte wichtigtuerisch: »Das ist Midshipman Fenwick. Er geht mit eurem Trupp.« Vielsagend blickte er Allday an. »Ganz unter uns: Er ist ein scharfer Hund, also nehmt euch in acht!«
    Unschuldig erwiderte Allday

Weitere Kostenlose Bücher