Des Koenigs Konterbande
ändern, Mr. Queely.« Er konnte sich denken, was dem Kommandanten Sorgen machte. Lord Marcuards Anweisungen hatten Wochen gebraucht, um ihn zu erreichen, und danach dauerte es weitere Tage, bis sie studiert und geprüft waren. In der Zwischenzeit mochte alles mögliche geschehen sein. Holland war immer noch neutral, aber es konnte französischen Spionen nicht schwerfallen, auch die verschworensten Kreise zu infiltrieren. »Ich werde vier Tage an Land bleiben«, fuhr Bolitho fort. »Während dieser Zeit halten Sie sich gut frei von der Küste – bis zum festgelegten Zeitpunkt. Damit vermeiden wir, daß jemand mißtrauisch wird und Ihre Anwesenheit weitermeldet.« Er brauchte nicht zu erwähnen, daß so auch keine Gerüchte von der Besatzung verbreitet werden konnten, mit Absicht oder ohne. Queely schaltete schnell und würde ihn auch so verstehen.
Aber er war dickköpfig. »Ich bleibe trotzdem bei meiner Meinung, daß Sie nicht allein an Land gehen sollten, Sir.«
»Kommt nicht in Frage. Das würde die Zeit Ihres Aufenthalts hier verdoppeln. Sie müssen noch vor der Morgendämmerung wieder weit draußen sein. Falls der Wind umspringt oder einschläft …« Aber es hatte keinen Sinn, sich mit Spekulationen zu belasten.
Queely hielt seine Uhr dicht an die Kompaßleuchte. »Wir werden es ja bald wissen.« Dann sah er sich nach seinem Ersten um. »Mr. Kempthorne! Sorgen Sie für Ruhe an Deck!« Er nahm ein Sprachrohr und hielt es ans Ohr, um die Hintergrundgeräusche von See und Wind abzuschirmen.
Bolitho spürte Alldays Gegenwart und war froh darum – aber auch gerührt, daß der Alte schon wieder bereit war, sein Leben für ihn zu riskieren.
»Vielleicht haben sie sich’s anders überlegt, Käptn«, grunzte er.
Bolitho nickte nur, denn er versuchte sich an jedes Detail der Karte und der Notizen zu erinnern, die er auf der Überfahrt von Kent studiert hatte.
Holland war klein und hatte an seiner Küste nicht viele Stellen, wo man unbemerkt an Land gehen konnte. Vor ihnen sollte ein bei Flut überschwemmtes Stück Land liegen, ähnlich dem Wattengebiet von Südostengland. Wahrscheinlich würden es die fleißigen Dänen irgendwann der See abringen und bebauen. Aber wenn die Franzosen kamen … Er straffte sich, als er ein Licht übers Wasser blinken sah. In der Schwärze der Nacht wirkte es so grell wie ein Leuchtfeuer.
»Himmellaudon!« fluchte Queely. »Warum brennen die nicht gleich ein ganzes Feuerwerk ab?« Die Bemerkung zeigte, daß er besorgter war, als er sich anmerken ließ. »Einen Strich anluven!« befahl er. »Und Vorsicht vorn auf der Back! Schließlich wollen wir sie nicht untermangeln.« Leise fugte er hinzu: »Robbins, ziele nach unten mit deiner Drehbasse!
Wenn’s eine Falle ist, wollen wir’s ihnen versalzen!«
Das Boot erschien so unvermittelt, als sei es aus der See selbst aufgetaucht. Das Ausbringen von Fendern und Leinen ging nicht ohne Lärm ab, aber Bolitho wußte, daß er nur wenige Meter im Umkreis zu hören war. Dick vermummte Gestalten balancierten in dem heftig dümpelnden Boot mit dem kurzen Mast und dem lose aufgegeiten Segel. Der Fischgestank war überwältigend. Irgend etwas wurde zur
Wakeful
hochgereicht und schnell an Bolitho weitergegeben: das Bruchstück eines alten beinernen Mantelknopfes.
Bolitho zog sein Teil aus der Tasche und hielt es daran. Die Stücke paßten zusammen. Es war ein simples, aber erprobtes Erkennungszeichen, weit ungefährlicher und unauffälliger als eine geschriebene Nachricht.
»Ich muß jetzt gehen, Mr. Queely«, sagte Bolitho. »Sie wissen, was zu tun ist, falls …«
Queely trat beiseite. »Aye, Sir.
Falls …
«
Und dann kletterten sie über die Jakobsleiter hinunter in das im Schwell wild tanzende Fischerboot. Rauhe Hände halfen ihnen durch das tückische Gewirr aus Netzen, Reusen, Riemen und Kisten voll ausgenommener Fische.
Das Segel stieg am Mast hoch, der Baum wurde dichtgeholt, das Boot stemmte eine Schulter in die See und preschte zwischen Gischtflagen davon.
Als Bolitho aufblickte, war
Wakeful
schon von der Nacht verschluckt; nicht einmal gestörte Wellenmuster verrieten ihre Position.
Allday rückte auf seiner Ducht herum. »Ich werde nie wieder auf ein Schiff des Königs schimpfen«, murmelte er.
Bolitho musterte die zielstrebig arbeitenden Gestalten um sich herum. Kein Wort war bisher gefallen, keine Begrüßung lautgeworden. Marcuards Warnung stand ihm wieder vor Augen:
Seien Sie doppelt vorsichtig.
Während seine Augen
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