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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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triviale Sichtweise, denn damit wird automatisch
     jedes Marktergebnis als gerecht angesehen. Eine solche Sichtweise dient allein einer pauschalen Rechtfertigung jedes Marktergebnisses.
     Das bringt uns nicht weiter.
    Um gehaltvoller urteilen zu können, muss man Prinzipien heranziehen, die Marktergebnisse gleichsam von »außen«, also außerhalb
     des Marktsystems bewerten. An dieser Stelle möchte ich auf die Gerechtigkeitstheorie des amerikanischen Philosophen John Rawls
     hinweisen. 19 In dem geschilderten Kontext ist insbesondere sein Differenzprinzip von Bedeutung. Demnach sollten ökonomische Ungleichheiten
     den am wenigsten Begünstigten der Gesellschaft den größten Vorteil bringen. Nach Rawls können also Ungleichheiten, auch der
     Einkommen, zwar gerecht sein, das gilt aber nur dann, wenn diejenigen mit den niedrigsten Einkommen hiervon am meisten profitieren.
     Zu theoretisch? Dann schauen wir uns die Praxis an.
    Ein positives Beispiel für Rawls’ Theorie ist der erfolgreiche Unternehmer, der ein neues Produkt auf den Markt bringt. Auf
     diese Weise kann er sein Einkommen eventuell dramatisch über den Durchschnitt der Gesellschaft anheben. Dies wäre im Rawls’schen
     Sinne dann gerecht, wenn er durch die Produktion Menschen Beschäftigung und damit Einkommen verschafft, die zuvor zum Beispiel
     arbeitslos waren oder sehr wenig verdient haben. Es ist dabei unerheblich, ob diese Beschäftigung direkt in seinem Unternehmen
     entsteht oder indirekt in anderen. Ein negatives Beispiel ist der ebenfalls erfolgreiche Unternehmer, der durch Lohnkürzungen
     und Entlassungen sein Einkommen drastisch steigert. Die Ungleichheit besteht in diesem Fall darin, dass sich die Einkommen
     der Beschäftigten verschlechtern oder sie sogar arbeitslos werden. Dieses Ergebnis ist im Rawls’schen Sinn nicht gerecht,
     denn es widerspricht dem Differenzprinzip.
    Mithilfe dieser Prinzipien lassen sich Marktergebnisse im Hinblick |51| auf ihre Gerechtigkeit beurteilen. Wie die Beispiele zeigen, gibt es dabei keinen Blankoscheck, sondern jeder Einzelfall muss
     gesondert betrachtet werden. Mir drängt sich nun die Frage auf, ob die wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre
     zu einer leistungsgerechten Verteilung der Einkommen geführt haben und welche Rolle all dies für das Entstehen der Krise gespielt
     hat.
    Eine Wirtschaftspolitik für mehr Ungleichheit
    Eigentlich dachte man, dass das Problem der Ungleichheit von Einkommen und Vermögen in Deutschland längst gelöst sei. Noch
     bis zu Beginn der 1980er Jahre verteilten sich die Einkommen immer gleicher in Deutschland. Zu der Zeit begann vielmehr die
     Kritik an zu viel Gleichheit – die Kritiker führten an, dass dieses Zuviel jeglichen Anreiz zur Leistung zunichte mache. Was
     für ein Gedanke! Danach kam es sukzessive zu einem Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik, der wieder mehr Raum für Ungleichheit
     ließ. Die Agenda 2010 ist ein markanter Meilenstein dieser veränderten Haltung. Mit der Einführung der Grundsicherung im Rahmen
     der Hartz-Reformen ließ man bewusst zu, dass Menschen, die längere Zeit ohne Arbeit waren, sich im Hinblick auf ihre Einkommen
     deutlich vom Rest der Bevölkerung nach unten entfernen. Das gilt zum einen direkt für die Hartz-IV-Bezieher (korrekt ALG II
     = Arbeitslosengeld II), und es gilt indirekt für alle, die infolge des dadurch ausgelösten Lohndrucks gleichfalls in ihrer
     Einkommensentwicklung zurückfallen.
    Hinzu kommt, dass das Arbeitsrecht oft in einer Weise »refor miert « wurde, die das »Normalarbeitsverhältnis« mit unbefristeter Beschäftigung, Kündigungsschutz und Sozialversicherung immer
     weiter aushöhlte. Diese bedenkliche Entwicklung begann schon in den 1990er Jahren, indem spezielle Arbeitsverhältnisse mit
     geringfügiger Beschäftigung steuerlich subventioniert wurden. Das führte dazu, dass diese Form der Beschäftigung im Aufschwung
     stark ausgeweitet wurde, ohne dass – und das ist bemerkenswert – im Übrigen |52| die Arbeitslosigkeit entsprechend zurückging. Dies lag wiederum daran, dass diese Stellen vor allem mit Studenten und hinzuverdienenden
     Ehefrauen besetzt wurden, die zuvor nicht arbeitslos gemeldet waren. Sie sind auch nicht auf eine komplette Sozialversicherung
     angewiesen, entweder weil sie wie die Studenten ohnehin nur vorübergehend solche Jobs machen, oder weil sie über den Ehepartner
     abgesichert sind.
    Diese Entwicklung setzte sich im folgenden Jahrzehnt mit

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