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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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dramatisch verlief dieser Prozess in jenen europäischen Ländern, in denen die privaten
     Haushalte auch relativ hoch verschuldet waren. Dies gilt in erster Linie für Großbritannien, Irland, Spanien und Griechenland.
    Dagegen wurde der private Verbrauch in den Volkswirtschaften mit relativ geringer privater Verschuldung durch die Krise nur
     wenig belastet. Zu diesen Ländern gehören neben Österreich, Frankreich und den Niederlanden auch Deutschland und Italien.
     In allen diesen Ländern expandierte der private Konsum in den Jahren vor der Krise nur sehr maßvoll. Er wurde nicht durch
     Kredite beflügelt, war damit aber nachhaltiger. Wenn man das weiß, klingt die beliebte Politikerbemerkung »Wir haben über
     unsere Verhältnisse gelebt« wie Hohn. Es stellte sich als großer Vorteil heraus, dass man hierzulande bei der Kreditvergabe
     eher vorsichtig gewesen war. Die verschlechterten Kreditkonditionen konnten bei den privaten Haushalten keinen größeren Schaden
     anrichten. Der Konsum blieb aus diesen Gründen relativ stabil. Als die Arbeitslosigkeit dann stieg, machte sich das schlussendlich
     aber doch auch beim Konsum bemerkbar.
    Wenn ich heute aus einiger Distanz das gesamte Phänomen der Krise betrachte, dann zeigt sich, welch gewaltige Schäden an Vermögen
     und Einkommen die Finanzkrise hinterlassen hat. An ihrem Beginn steht die massive Entwertung von Vermögen an den Finanzmärkten.
     In ihrem Verlauf erfasst sie mehr und mehr die Einkommensströme und stürzt die globale Wirtschaft in eine tiefe Rezession. |128| Das also sind die Früchte der Politik der Ungleichheit: Vermögen, die ja eigentlich gefördert werden sollten, wurden entwertet.
     Auch die Einkommen derjenigen, die im Vorfeld der Krise verzichten mussten und die im Grunde die Opfer der jahrelangen Umverteilung
     sind, wurden massiv geschädigt. Sie wurden zum zweiten Mal Opfer. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Denn nun folgten
     die Rettungsmaßnahmen – und die Frage, wer das alles bezahlen soll.
    Rettung wider Willen
    Was tun? Diese Frage beherrschte in den Wochen und Monaten des wirtschaftlichen Einbruchs die Wirtschaftspolitik weltweit.
     Und die Volkswirtschaften reagierten unterschiedlich schnell. Ausgerechnet in den USA und Großbritannien, deren wirtschaftspolitische
     Strategie einer starken Orientierung auf die Finanzmärkte bildlich gesprochen an der Wiege der Krise stand, wurden relativ
     rasch und pragmatisch Maßnahmen entwickelt, um die dramatische Situation zu bewältigen. Währenddessen taten sich der Euroraum
     und die EU als Ganzes vergleichsweise schwer, geeignete Rettungskonzepte zu entwickeln. Besonders schwer tat man sich in Deutschland.
     »Ver schweigen und verharmlosen« schien das hilflose Motto für die anfänglichen Reaktionen zu lauten. Die Bemühungen, die Krise zu bekämpfen,
     blieben weit hinter den meisten asiatischen Ländern, vor allem China und Südkorea, zurück.
    Man könnte diese Schwerfälligkeit wohlwollend auch als Prinzipientreue bezeichnen. Dafür habe ich mich einmal in die damalige
     Denkweise von Politik und Wirtschaft hineinversetzt. Wenn das Märktesystem prinzipiell in sich stabil wäre, dann konnte es
     um die Weltwirtschaft bei Weitem nicht so schlecht bestellt sein, wie manche Auguren es behaupteten. Insofern entbehrte die
     Strategie namens »Verschweigen und verharmlosen« nicht einer gewissen Logik. Man hielt die Horrorszenarien schlicht für übertrieben.
    |129| Als die Krise dann nicht mehr zu leugnen war, handelten die Verantwortlichen in gewisser Weise konsequent – sie entschieden
     sich, erst einmal nichts zu tun. Ein stabiles und effizientes Marktsystem würde die schwierige Situation am besten selbsttätig
     überwinden, ohne wirtschaftspolitische Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsgeschehen. So weit der Glaube. Niemand hat
     dieser Haltung besser Ausdruck verliehen als der Bonner Ökonom Manfred J. M. Neumann, der in einer Fernsehdiskussion erklärte,
     es gebe in einer Marktwirtschaft nun einmal ab und zu Krisen, da könne man nichts machen. Sie seien eben der Preis für die
     enormen Wohlstandsgewinne, die eine Marktwirtschaft ansonsten biete. 37
    Etwas gemäßigter argumentierte der Sachverständigenrat. Nach dem Ausbruch der Krise 2007 benannte er in seinem Gutachten die
     zu lasche Geldpolitik in den USA als eine Wurzel der Krise und die inadäquate Regulierung des amerikanischen Finanzmarktes
     als die andere. 38 Die verfehlte Geldpolitik

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