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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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Sollte auch dieser Hinweis ohne Bedeutung sein, würde ich das hoch überschätzte Schriftstück seiner einzig vernünftigen Bestimmung zuführen und ihm bei meinem folgenden Besuchs des Abtritts eine letzte Gelegenheit bieten, sich doch noch als nützlich zu erweisen. Herr Bartholomäus Bühler selbst sollte allerdings sehr viel mehr Bedeutung erlangen, als ich erwartet hatte. Und obendrein auch sehr viel schneller.
    Ich hatte mich mittlerweile so daran gewöhnt, allmorgendlich von einem die Hühnerleiter mit Schwung nehmenden Ossenstert aus meinen Träumen gelärmt zu werden, dass ich das zögerliche, vorsichtige Pochen an der Hintertür beinahe überhört hätte. Vor mir stand ein halbwüchsiger Knabe, der verängstigt in mein verschlafen-fragendes Gesicht schaute und mehrmals ansetzen musste, bevor er seine Botschaft losgeworden war. Ich solle so schnell wie möglich zur Burg kommen, und so schnell, wie es ihm möglich war, war er auch wieder verschwunden.
    »Wenig Inhalt für vier Sätze«, brummelte ich vor mich hin, machte mich aber gleichwohl auf den Weg – und sah schon von weitem, dass hier etwas nicht stimmte.
    Die Burg war hermetisch abgeriegelt. Obwohl die Zugbrücke hochgezogen war, standen zusätzlich Wachen auf ihrer Dorfseite. Hinter den Turmfenstern sah man Armbrustschützen, und um den gesamten Burgkomplex patrouillierten Vierertrupps.
    Bei meinem Herannahen gab einer der Wächter ein Zeichen, und sofort rasselte die Brücke hernieder. Umringt von seinen riesigen Wolfshunden, die von der allgemeinen Nervosität angesteckt schienen, nahm mich der Herr von Crange persönlich in Empfang und geleitete mich gleich in die kleine Wachstube im Tordurchgang, aus der er alle anderen hinausscheuchte.
    Der Graf, ein Mann von stabiler Statur und robustem Wesen, machte den Eindruck, als hätte ihn der Atem des Schicksals gestreift. Niedergeschlagen, graugesichtig, gebückt, mit tiefen Ringen um die Augen, wirkte er mit seinen stoßweisen Atemzügen wie jemand, der um das Leben seines Kindes gekämpft und verloren hatte. Er bemühte sich, mir die Geschehnisse so nüchtern und folgerichtig wie möglich darzubieten, unterbrach sich dabei aber beständig mit Ausrufen wie »Schon wieder! Schon wieder unter meinem Dach!« und »Haben sich denn alle Dämonen der Hölle gegen mich verschworen?«, sodass er es endlich für besser hielt, nach seinem Verwalter schicken zu lassen, der den Rapport übernehmen sollte. Der könne das sowieso besser, da er als einer der Ersten vor Ort gewesen sei.
    Tenhove fasste das Ungeheuerliche dann auch in seiner nüchternen Art knapp zusammen. Bühler war gestern Abend eingetroffen. Er hatte dem Grafen eine gläserne Statuette mitgebracht und sich von seinem dankbaren Gastgeber, der ihn bis zur Tür seiner Kammer begleitet hatte, zur Nacht verabschiedet. Der Graf höchst selbst war Zeuge dafür, dass sich Bühler danach eingeschlossen hatte. Als der nicht zum Morgenmahl erschien und auch auf Klopfen und Rufen von Stapelmann, den man hingeschickt hatte, nicht aufmachte, sollte die Tür mit dem Hauptschlüssel geöffnet werden. Dies gelang jedoch nicht, da sie, wie man hernach feststellte, von innen mit einem Stuhl zusätzlich verkeilt worden war. Als man ihn, Tenhove, geholt und auf sein Geheiß die Tür aufgebrochen hatte, sah man Bühler im bunten Licht der Butzenscheiben bäuchlings auf dem Boden liegen. Man hatte ihn offensichtlich von hinten erstochen. Er habe daraufhin sogleich Stapelmann zum Grafen gehetzt, sich selbst um Bühler gekümmert und zur Sicherheit die Tür notdürftig schließen und den gesamten Korridor von den Wachen beaufsichtigen lassen. Er sei bereit, den heiligsten Eid zu schwören, dass bis zum Erscheinen des Grafen niemand sonst den Raum betreten oder verlassen hätte. Jede Hilfe für Bühler sei jedoch vergeblich gewesen, der von hinten durch zwei Stiche getötet worden war.
    »Ach ja, fast alle Burgbewohner sind in der tiefsten Nacht durch einen grässlichen Schrei aus dem Schlaf gerissen worden. Weil sich aber nicht ergründen ließ, woher er kam, und danach auch keine sonstigen Geräusche mehr gehört wurden, schritten die Wachen nur die Gänge ab und kehrten danach, weil sie nichts entdeckt hatten, auf ihre Posten zurück. – Das dürfte alles von Belang sein, was ich zu berichten habe.«
    »Was ist mit Ossenstert? Hat er schon eine Untersuchung der Leiche vorgenommen?«
    »Noch nicht, aber er hält sich bereit. Wir wollten erst auf Euer Eintreffen

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