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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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herausgestellt, dass sein Tod durch Mord verursacht worden war und nicht etwa durch einen anderen Umstand. – Was sind A und O, und stehen sie ganz einfach ohne jeden Bezug zu irgendeiner Person oder irgendwelchen Dingen? Es sind der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Er hätte auch A und Z nehmen können, aber als Mann der Kirche war ihm das andere geläufiger, wenn es darum geht, Anfang und Ende darzustellen. ›Du bist A und 0‹, ihr erinnert euch, ihr frommen Leute? Hat man dies erst einmal erkannt, löst sich das Rätsel um die Zahlen von ganz allein. Die 1 ist die erste Zahl, und das, was alle als eine verrutschte 8 angesehen haben, ist eine bewusst liegend dargestellte 8, nämlich das Zeichen für unendlich.«
    Nach dieser profunden Eröffnung war es an mir, meine Kehle mit einem herrlichen Eiswein zu schmieren, der mir umso köstlicher mundete, als niemand wagte, mich dabei zu unterbrechen. So gestärkt, schickte ich mich an, die Katze aus dem Sack zu lassen.
    »Ich bin mir sehr sicher, dass es Bertram mit Buchstaben und Zahlen um eines ging. Er wollte klarmachen, dass er, obwohl ihn der Tod bereits in seinem Griff hielt, jedenfalls noch genug Zeit gehabt hätte, alles mögliche hinzuschreiben, insbesondere aber den Namen seines Mörders. Wenn er dies jedoch bewusst nicht tat, kann das nach meinem Dafürhalten nur einen einzigen Grund haben: Er wollte verhindern, dass der Mörder die Nachricht wegwischt, bevor sie ein anderer liest. Somit stellt sich die abschließende Frage von selbst. Wer war regelmäßig der Erste, der morgens in Bertrams Zimmer auftauchte? Wer war der Mann, der die Schlüssel für alle Gästezimmer besaß? Niemand anderer als unser freundlicher Rodger hier, der sich so umfassend um das Wohl der Gäste von Haus Crange kümmerte und bei ihnen hinein- und hinausspazierte, wie es ihm beliebte. – Bertram hatte den alten Spökenkieker richtig eingeschätzt. Er wusste, dass seine verschlüsselte Nachricht ausgezeichnet in Stapelmanns Satansversion passte und der sich hüten würde, diese vermeintliche Stütze seiner Theorie zu beseitigen. – Nicht wahr, mein lieber Rodger? Hast du mir nicht selbst in der
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die Ausdeutung schmackhaft gemacht, Bertram habe damit den Teufel bannen wollen?«
    Dies schien mir ein ausgezeichneter Moment für eine weitere Kunstpause, die ich mir mit einem neuerlichen Zug aus meinem Weinbecher versüßte. Im Saal war es totenstill, das Gluckern des Rebensaftes in meiner Kehle sowie Stapelmanns weinerliches Geschnüffel waren die einzigen Geräusche. Und sie blieben es auch für eine ganze Weile.
    Kein »Ich habe ihm von Anfang an nicht getraut«, kein »Ich habe es ja gleich gesagt«, und erst recht kein »Der hat doch schon damals ...«.
    Da hatte ich nun, meine kriminalistisch bewanderten Freunde, einen hervorragenden Sündenbock angeboten, und zu meiner maßlosen Enttäuschung war niemand bereit, sich auf ihn zu stürzen. Keiner hatte die Gelegenheit genutzt, niemand die Gunst der Stunde ergriffen und seine eigene Tat Stapelmann in die Schuhe geschoben. Im Gegenteil, in Gertrudis Augen glaubte ich sogar so etwas wie Mitgefühl zu erkennen.
    Ein weiteres Zuwarten würde mir nichts bringen. Da konnte ich genauso gut fortfahren.
    »Ihr werdet mir hoffentlich beipflichten, wenn ich behaupte, dass dieses doch ein sehr schönes und logisches Gedankengebilde ist. Allein, es ist untauglich, den Täter zu überführen. Denn es gründet sich auf eine einzige Basis: Bertram müsste völlig zweifelsfrei gewusst haben, dass es Stapelmann war, der ihn in mörderischer Absicht vergiftet hatte. Und genau dafür gibt es nicht den geringsten Beweis. – Und ihr«, dabei gab ich den beiden Wachen einen Wink, »könnt wieder auf eure Plätze gehen.«
    Ich bin auch heute noch davon überzeugt, dass der gute Rodger in diesem Augenblick der Letzte im Saal war, der begriff, dass er soeben von der Anklage des Mordes freigesprochen worden war. Es gelang ihm erst wieder, sich zu sammeln, als ich ihm eigenhändig von meinem Wein kredenzte, mit ihm anstieß und ihm dabei aufmunternd zuzwinkerte. Schließlich war er sogar zu einem Lächeln fähig und meinte kopfschüttelnd: »Sakra, Ihr seid ein Mann von skurrilem Humor, Herr Frederik. Aber treibt dieses Spiel bitte nicht zu oft mit mir. Ich glaube, mein Herz wird diese Art von Witz nicht lange überstehen.«
    Gernot beugte sich herüber und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, und Gertrudis winkte ihm

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