Des Teufels Alternative
an diesem Vormittag brauchen: Der Tanker fuhr beim Passieren der Untiefen nur sechs Meter über Grund und mußte anschließend durch den Inneren Kanal, der knapp 15 Meter breiter als die Freya war.
Als die Lotsen im Begriff waren, in den Hubschrauber zu klettern, dessen Rotorblätter sich bereits drehten, beugte sich der Pilot aus der Kanzel und machte eine abwehrende Handbewegung.
»Irgendwas scheint passiert zu sein!« Er brüllte wegen des Lärms vom Triebwerk. »Wir sollen warten! Ich stelle erst mal ab!«
Das Triebwerk verstummte; die Rotorblätter wurden langsamer und standen dann still.
»Was soll der Unsinn, verdammt noch mal?« fragte der jüngere Lotse. Der Hubschrauberpilot zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung«, sagte er. »Anweisung von Maas Control. Es sieht so aus, als könne Kapitän Larsen Sie im Moment nicht brauchen.«
Dirk van Gelder, der Hafendirektor von Rotterdam, saß in seinem hübschen Landhaus bei Vlaardingen kurz vor 8 Uhr beim Frühstück, als das Telefon klingelte.
Seine Frau nahm den Hörer ab.
»Für dich!« rief sie und ging in die Küche zurück, wo die Kaffeemaschine lief. Van Gelder stand vom Frühstückstisch auf, legte seine Zeitung auf einen Stuhl und schlurfte in Pantoffeln in die Diele hinaus.
Wart Gelder«, meldete er sich. Er lauschte ein paar Sekunden. Plötzlich erstarrte er, während seine Brauen heftig zuckten.
»Hat er wirklich von Toten gesprochen?« Er fragte noch einmal nach und hörte dann wieder aufmerksam zu. »Gut, ich komme!« Seine Stimme hatte ihre Festigkeit wiedergewonnen. »In einer Viertelstunde bin ich bei Ihnen.«
Van Gelder warf den Hörer auf die Gabel, streifte seine Pantoffeln ab und zog Schuhe und Jacke an. Zwei Minuten später öffnete er sein Garagentor. Als er in seinem Mercedes über den Kiesweg auf die Straße hinausschoß, bemühte er sich, nicht an seine geheimsten Ängste zu denken. »Großer Gott, nur keine Entführung!« murmelte er vor sich hin. »Bloß keine Entführung!«
Nachdem Kapitän Thor Larsen auf der Brücke der Freya den Hörer des UKW-Radiotelefons aufgelegt hatte, wurde er mit vorgehaltener Waffe zu einem Rundgang durch sein Schiff gezwungen. Im Lichtstrahl einer starken Taschenlampe sah er die großen Sprengladungen, die in den vorderen Ballasttanks weit unterhalb der Wasserlinie angebracht waren.
Als die Männer ihn über das Deck nach achtern führten, sah Larsen, wie draußen auf dem Wasser das Boot mit der Anlegemannschaft wendete und zur Küste zurückfuhr. Wenig später glitt ein kleiner Frachter auf Südkurs an der vor Anker liegenden Riesin vorbei und grüßte sie mit einem hellen Pfiff. Die Freya antwortete nicht.
Larsen sah auch die Sprengladungen in den Ballasttanks, die mittschiffs und achtern lagen. Den Farbenraum brauchte er nicht zu besichtigen; er wußte, wo er lag, und konnte sich vorstellen, wo dort der Sprengstoff deponiert worden war.
Um 8 Uhr 30, als Dirk van Gelder in das Gebäude der Leitstelle Maas Control stürmte, um sich die Tonbandaufnahme anzuhören, wurde Thor Larsen in seine Kabine zurückgeführt. Er hatte gesehen, daß einer der Terroristen, der sich gegen die Morgenkühle dick vermummt hatte, im Bug der Freya am Schanzkleid lehnte und Wache hielt. Ein zweiter war auf den Schornstein geklettert, saß auf der obersten Plattform fast 40 Meter über dem Wasserspiegel und suchte das Meer nach allen Richtungen ab. Ein dritter Mann stand auf der Brücke vor den Radarschirmen. Die technische Ausrüstung der Freya ermöglichte es ihm, im Umkreis von 48 Seemeilen die Wasseroberfläche und einen fast ebenso großen Bereich unter ihr zu beobachten.
Zwei von den sieben Terroristen hatten Larsen durch das Schiff geführt und ihn in seine Kabine begleitet: der Anführer und ein weiterer Mann. Zwei mußten sich irgendwo unter Deck aufhalten.
Der Anführer befahl Larsen, sich an den Tisch im Wohnraum zu setzen. Er tippte auf den Oszillator an seiner Hüfte.
»Zwingen Sie mich bitte nicht dazu, diesen roten Knopf zu
drücken, Captain. Sie können sicher sein: Die Sprengladungen gehen hoch, falls jemand hier an Bord versucht, den Helden zu spielen, oder falls meine Forderungen nicht erfüllt werden. Lesen Sie jetzt bitte diesen Text hier.«
Er gab dem Kapitän einen mit Schreibmaschine getippten drei Seiten langen englischen Text. Larsen überflog ihn.
»Um neun Uhr lesen Sie die Botschaft über das Funktelefon dem Hafendirektor vor. Halten Sie sich strikt an die
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