Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
Terroristen bekannt waren, war die israelische Haltung in einem halben Dutzend Memoranden niedergelegt worden. Als der Sabbat um 18   Uhr abends offiziell begann, hatte Ministerpräsident Golen sie alle gelesen.
    »Ich bin nicht bereit, am Sabbat ins Büro zu fahren«, erklärte er dem Mitarbeiter, der ihn anrief, »wenn ich auch im Augenblick telefoniere. Bitten Sie den Botschafter, mich zu Hause aufzusuchen.«
    Zehn Minuten später hielt der Wagen des deutschen Botschafters vor dem Haus des Ministerpräsidenten in einer Vorstadt Jerusalems.
    Der Botschafter wurde hereingebeten. Nach dem traditionellen Gruß »Schalom Sabbat« sagte er:
    »Herr Ministerpräsident, ich störe Sie nicht gern am Sabbat, aber soviel ich weiß, ist es gestattet, den Sabbat zu brechen, wenn Menschenleben in Gefahr sind.«
    Ministerpräsident Golen nickte.
    »Richtig, es ist gestattet, wenn ein Menschenleben in Gefahr ist.«
    »Es handelt sich in diesem Fall nicht nur um eines, sondern um viele Menschenleben«, fuhr der Botschafter fort. »Sie wissen natürlich, was in den letzten zwölf Stunden an Bord des Tankers ›Freya‹ in der Nordsee vorgegangen ist, Herr Ministerpräsident.«
    Golen wußte es nur allzu genau. Die Ereignisse bereiteten ihm ernste Sorgen, da seit Mittag feststand, daß die Terroristen keinesfalls Palästinenser sein konnten, sondern möglicherweise jüdische Fanatiker waren; wenn auch die eigenen Geheimdienste, der Auslandsnachrichtendienst Mossad und der Inlandsdienst Scherut Bitatschon – nach seinen Anfangsbuchstaben kurz Schin Bet genannt –, keine Anhaltspunkte dafür hatten, daß in der letzten Zeit einschlägig bekannte Leute plötzlich von der Bildfläche verschwunden waren.
    »Ja, ich weiß, was geschehen ist, und ich bedaure ebenfalls zutiefst die Ermordung des Seemannes. Was wünscht die Bundesrepublik von Israel?«
    »Herr Ministerpräsident, meine Regierung hat die Angelegenheit in einer mehrstündigen Sitzung erörtert. Obwohl ihr der Gedanke, einer terroristischen Erpressung nachzugeben, äußerst zuwider ist und obwohl sie vielleicht hart bleiben würde, wenn alle Geiseln Deutsche wären, sieht sie unter den gegenwärtigen Umständen keine andere Möglichkeit, als auf die Forderung einzugehen.
    Meine Regierung ersucht den Staat Israel deshalb, Lew Mischkin und Dawid Lasareff aufzunehmen und, wie es die Terroristen verlangen, zu garantieren, daß die beiden straffrei bleiben und nicht ausgeliefert werden.«
    Ministerpräsident Golen hatte sich die Antwort schon vor einigen Stunden zurechtgelegt. Das Ersuchen überraschte ihn keineswegs, und seine Haltung stand längst fest.
    Er führte eine nicht sonderlich stabile Regierungskoalition und wußte recht gut, daß auch in seiner Partei die Kräfte überwogen, die über die fortdauernde Judenverfolgung in der UdSSR so erbittert waren, daß sie keineswegs Mischkin und Lasareff mit Terroristen vom Schlage der Baader-Meinhof-Bande oder der PLO-Kommandos gleichsetzten. Vielmehr empfanden sie ausgesprochenes Mitgefühl mit den Flugzeugentführern und glaubten gern, der tödliche Schuß auf den Piloten habe sich versehentlich gelöst.
    »Ich möchte zuvor zwei Dinge klarstellen«, begann der Ministerpräsident. »Erstens: Obwohl Mischkin und Lasareff Juden sind, hat Israel zu keinem Zeitpunkt mit der Flugzeugentführung oder mit der Forderung nach der Freilassung der Häftlinge auch nur das geringste zu tun gehabt.«
    Wer wird uns das glauben, falls die Terroristen sich ebenfalls als Juden erweisen? fragte er sich im stillen.
    »Zweitens: Israel ist weder von der Notlage der Schiffsbesatzung noch von den Auswirkungen einer Sprengung des Tankers betroffen. Israel steht nicht unter Druck. Israel wird nicht erpreßt.«
    »Darüber herrscht völlige Klarheit, Herr Ministerpräsident«, bestätigte der Botschafter.
    »Sollte Israel sich deshalb einverstanden erklären, diese beiden Männer aufzunehmen, muß öffentlich klargestellt werden, daß dies auf ausdrücklichen und ernstlichen Wunsch der Bundesregierung geschieht.«
    »Eben diesen Wunsch trage ich Ihnen jetzt im Auftrag meiner Regierung vor, Herr Ministerpräsident.«
    Eine Viertelstunde später herrschte Einigkeit über das einzuschlagende Verfahren. Die Bundesregierung würde bekanntgeben, daß sie Israel um die Aufnahme der beiden Flugzeugentführer gebeten habe. Unmittelbar danach würde die israelische Regierung erklären, sie habe diesem Ersuchen widerstrebend stattgegeben. Daraufhin konnte Bonn

Weitere Kostenlose Bücher