Des Teufels Alternative
Poklewski und CIA-Direktor Robert Benson verständigt wurden.
Als die beiden ihm zusammen mit dem Außenminister gegenübersaßen, berichtete Matthews, was Botschafter Kirow ihm mitgeteilt hatte.
»Was wollen die Russen damit erreichen, verdammt noch mal?« fragte der Präsident.
Keiner wußte eine Antwort. Sie versuchten es mit mehreren Erklärungen – darunter auch der, Maxim Rudin sei möglicherweise im Politbüro unterlegen und könne den Dubliner Vertrag nicht mehr abschließen. Er wolle darum den Freya-Zwischenfall als Vorwand benützen, um die Vertragsunterzeichnung platzen zu lassen.
Diese Erklärung hielten jedoch alle schließlich für unwahrscheinlich, denn ohne den Vertrag bekam die Sowjetunion nicht das Getreide, das sie so dringend brauchte. Eine weitere Überlegung ging dahin, der Tod des Aeroflot-Piloten Rudenko bedeute einen Gesichtsverlust, den der Kreml nicht hinzunehmen bereit sei. Aber auch dieser Gedanke wurde verworfen, weil völkerrechtliche Verträge im allgemeinen nicht wegen toter Flugkapitäne zerrissen werden.
Der CIA-Direktor faßte nach einer Stunde zusammen, was sie alle dachten.
»So sinnlos die ganze Sache erscheint, es muß trotzdem einen vernünftigen Grund dafür geben. Maxim Rudin würde nicht so verrückt reagieren, wenn er keinen schwerwiegenden Grund hätte – einen Grund, den wir allerdings nicht kennen.«
»Aber das hilft uns nicht bei unserer Entscheidung«, stellte Präsident Matthews fest: »Wenn wir zusehen, wie Mischkin und Lasareff entlassen werden, scheitert der bedeutendste Abrüstungsvertrag der jetzigen Generation, und wir müssen innerhalb eines Jahres mit Krieg rechnen. Wenn wir aber durchsetzen, daß die Bundesrepublik ihren Beschluß rückgängig macht und die beiden Häftlinge nicht freiläßt, bescheren wir eben dieser Generation, zumindest in Westeuropa, die größte ökologische Katastrophe.«
»Wir müssen nach einer dritten Möglichkeit suchen«, sagte David Lawrence. »Aber wo?«
»Dafür kommt ja wohl nur ein Ort in Frage«, antwortete Poklewski. »Die Lösung muß irgendwo in Moskau zu finden sein. Ich bin der Meinung, daß wir keinen Schritt aus dem Dilemma tun können, solange wir nicht wissen, was Rudin zu seiner Haltung bewegt.«
»Sie denken wahrscheinlich an die Nachtigall«, warf Benson ein. »Aber dafür reicht die Zeit nicht mehr. Wir reden nicht von Wochen oder auch nur Tagen. Uns bleiben lediglich ein paar Stunden. Mr. President, ich schlage vor, daß Sie versuchen, über den heißen Draht mit Rudin zu sprechen. Fragen Sie von Staatschef zu Staatschef, warum er wegen zweier jüdischer Flugzeugentführer so übertrieben reagiert.«
»Und wenn er sich weigert, seinen Grund zu nennen?« fragte Lawrence. »Er hätte Kirow anweisen können, uns seine Motive zu erläutern. Er hätte sie wenigstens andeuten können …«
Präsident Matthews hatte inzwischen einen Entschluß gefaßt.
»Gut, ich rufe Rudin an«, sagte er. »Aber falls er sich weigert, mit mir zu sprechen oder mir seine Gründe darzulegen, müssen wir annehmen, daß er in seinem eigenen Lager unter starkem Druck steht. Deshalb telefoniere ich vorher mit der britischen Premierministerin, weihe sie in den Stand der Dinge ein und bitte sie um jede Unterstützung, die sie uns durch Sir Nigel Irvine und die Nachtigall gewähren kann. Sollten alle Stricke reißen, rufe ich in Bonn an und bitte den Bundeskanzler, uns mehr Zeit zu lassen.«
Die Telefonistin im Gefängnis Tegel wollte den Anrufer schon abwimmeln, der sie bat, ihn mit Ludwig Jahn zu verbinden. In den vergangenen Stunden hatten bereits viele Reporter versucht, mit namentlich benannten Aufsehern zu telefonieren, um von ihnen Einzelheiten über Mischkin und Lasareff zu erfahren. Die Telefonistin hatte strikte Anweisung, keine Anrufer weiterzuverbinden.
Aber als der Mann ihr erklärte, er sei Jahns Cousin, und Jahn habe zu der am nächsten Tag stattfindenden Hochzeit seiner Tochter kommen wollen, gab die Telefonistin nach. Familienangelegenheiten waren schließlich etwas anderes. Sie verband den Anrufer mit Jahn, der das Gespräch in seinem Dienstzimmer entgegennahm.
»Sie erinnern sich wahrscheinlich noch an mich«, sagte die Stimme. Jahn erinnerte sich nur allzu gut an den Russen mit dem kalten Blick.
»Sie hätten mich hier nicht anrufen dürfen«, flüsterte er. »Ich kann Ihnen nicht helfen. Die Wachen sind verdreifacht und die Schichteinteilung ist verändert worden. Ich bleibe ständig im Dienst und
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