Des Teufels Alternative
Er sah unter buschigen Augenbrauen zu Wischnajew auf.
»Ja, das ist Ihr Recht«, sagte er.
»Dann treffen wir uns also morgen abend um dieselbe Zeit«, sagte Wischnajew und stapfte hinaus. Der Marschall, der kein Wort gesagt hatte, folgte ihm.
Rudin wandte sich an Petrow.
»Oberst Kukuschkin?« fragte er.
»Sieht so aus. Er weiß jedenfalls alles.«
»Besteht irgendeine Möglichkeit, Mischkin und Lasareff im Gefängnis zu liquidieren?«
Petrow schüttelte den Kopf.
»Nicht bis morgen. Die Zeit ist zu kurz, um ein neues Unternehmen aufzuziehen. – Gibt es keine Möglichkeit, den Westen noch mehr unter Druck zu setzen, damit die beiden nicht freigelassen werden?«
»Nein«, antwortete Rudin knapp. »Ich habe gegenüber Matthews alle zur Verfügung stehenden Mittel angewandt. Mehr kann ich nicht tun. Jetzt hängt alles von dem amerikanischen Präsidenten ab – von ihm und dem verdammten Kanzler in Bonn.«
»Morgen werden Wischnajew und seine Gefolgsleute uns Kukuschkin vorführen und verlangen, daß wir uns seinen Bericht anhören«, stellte Rykow nüchtern fest. »Wenn Mischkin und Lasareff bis dahin schon in Israel sind …«
Um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit gab Andrew Drake durch Kapitän Thor Larsen sein letztes Ultimatum bekannt.
Am nächsten Morgen um 9 Uhr, also in 13 Stunden, werde die Freya 100 000Tonnen Rohöl ins Meer pumpen, falls Mischkin und Lasareff bis dahin nicht mit dem Flugzeug nach Tel Aviv unterwegs seien. Um 20 Uhr werde die Freya gesprengt, falls die beiden Ukrainer bis dahin nicht in Israel eingetroffen seien.
»Jetzt reicht’s aber!« rief der deutsche Bundeskanzler, als er zehn Minuten nach dem Gespräch zwischen der Freya und Maas Control von dem Ultimatum unterrichtet wurde. »Was bildet sich Präsident Matthews eigentlich ein? Dieses Affentheater mache ich nicht länger mit! Wir lassen die beiden Kerle einfach laufen.«
Um 20 Uhr 20 gab die Bundesregierung bekannt, Mischkin und Lasareff würden am nächsten Morgen um 8 Uhr entlassen werden.
Um 20 Uhr 30traf auf der Moran ein Funkspruch ein, der ausschließlich für Kapitän zur See Mike Manning bestimmt war. Der Klartext lautete: »Fertigmachen zum Feuerbefehl morgen 07 . 00Uhr.
Der Kapitän zerknüllte den Zettel mit dem entschlüsselten Text und starrte aus dem Bullauge seiner Kabine zur Freya hinüber. Die Besetzer hatten sämtliche Scheinwerfer eingeschaltet, und der Tanker war in helles Licht getaucht: ein todgeweihtes, hilfloses Schiff, das darauf wartete, von einem seiner beiden Scharfrichter erledigt zu werden.
Während Thor Larsen das Ultimatum der Terroristen verlas, schwebte die Concorde mit Adam Munro an Bord über die Absperrung des Washingtoner Flughafengeländes zur Landung ein: Klappen und Fahrwerk ausgefahren, den spitzen Bug gesenkt – ein deltaförmiger Raubvogel, der sich auf die Landebahn niederzulassen versuchte.
Die verwirrten Passagiere, die wie Goldfische aus den winzigen Fenstern des Flugzeugs starrten, stellten verblüfft fest, daß ihre Maschine nicht zum Empfangsgebäude rollte, sondern mit laufenden Triebwerken auf einem Abstellplatz neben dem Rollweg hielt. Dort wartete neben einer Fahrtreppe eine schwarze Limousine.
Ein einzelner Fluggast, der weder Mantel noch Handgepäck bei sich hatte, erhob sich aus einer der vorderen Sitzreihen, ging zu der inzwischen geöffneten Tür und lief die Gangway hinunter. Sekunden später wurde die Fahrtreppe zurückgezogen, die Flugzeugtür geschlossen, und die Maschine startete nach Boston.
Nachdem Munro von zwei muskulösen jungen Männern zu der Limousine geführt worden war, mußte er als erstes seinen Reisepaß abgeben. Die beiden FBI-Agenten studierten das Formular eingehend, während der Wagen über den Rollweg und das Vorfeld zu einem kleinen Hubschrauber fuhr, der mit laufendem Triebwerk vor einem Hangar stand.
Die Agenten waren höflich, aber unerbittlich. Sie hatten ihre Anweisungen. Bevor Munro in den Hubschrauber steigen durfte, wurde er gründlich nach Waffen abgetastet. Nachdem die Männer sich davon überzeugt hatten, daß er unbewaffnet war, gingen sie mit ihm an Bord des Hubschraubers, der sofort startete. Sie flogen über den Potomac nach Washington und steuerten dort die weiten Rasenflächen des Weißen Hauses an. Um 15 Uhr 30, eine halbe Stunde nach der Landung der Concorde, setzten sie, kaum 100 Meter von den Fenstern des Ovalen Zimmers entfernt, auf.
Die beiden Männer begleiteten Munro
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