Des Teufels Alternative
Südamerika könnte bei Höchstförderung lediglich fünfundfünfzig Prozent unseres Bedarfs decken. Wir brauchen das arabische Öl, sonst sind wir so erledigt wie Europa, ohne daß ein Schuß fallen müßte.«
»Vorschläge, meine Herren?« fragte der Präsident.
»Die Nachtigall ist wertvoll, aber jetzt nicht mehr unersetzlich«, stellte Stanislaw Poklewski fest. »Warum vereinbaren wir kein Treffen mit Rudin und legen die Karten auf den Tisch? Wir kennen den Plan ›Boris‹, wir wissen, was damit beabsichtigt ist. Und wir werden Gegenmaßnahmen ergreifen, um seine Durchführung zu verhindern. Sobald Rudin dem Politbüro das erklärt, wird man dort erkennen, daß das Überraschungsmoment verloren ist, ohne das dieser Krieg nicht zum Ziel führen kann. Damit ist die Nachtigall erledigt – aber auch der Plan ›Boris‹!«
Bob Benson schüttelte energisch den Kopf.
»So einfach ist die Sache bestimmt nicht, Mr. President. Meiner Ansicht nach geht es nicht darum, Rudin oder Rykow zu überzeugen. Im Politbüro ist ein erbitterter Machtkampf ausgebrochen. Es geht um Rudins Nachfolge. Und sie stehen vor einer Hungersnot.
Wischnajew und Kerenski haben einen begrenzten Krieg vorgeschlagen, um an die Nahrungsmittelreserven Westeuropas heranzukommen und die sowjetische Bevölkerung zur Disziplin zwingen zu können. Was erreichen wir, wenn wir Rudin gegenüber unser Wissen preisgeben? Nichts! Es könnte sogar seinen Sturz bedeuten. Wischnajew und seine Gefolgsleute würden an die Macht kommen; sie haben keine Ahnung vom Westen und unserer Reaktion auf einen Angriff. Selbst wenn das Überraschungsmoment verloren ist, könnten sie sich angesichts der bevorstehenden Hungersnot für den Krieg entscheiden.«
»Ich bin der gleichen Meinung wie Bob«, sagte David Lawrence. »Die Lage ist vergleichbar der Japans vor vierzig Jahren. Das Ölembargo hat damals den Sturz der gemäßigten Konoya-Fraktion bewirkt. Statt ihrer haben wir General Tojo vorgesetzt bekommen – was zu Pearl Harbor geführt hat. Würde Maxim Rudin jetzt gestürzt, rückte wahrscheinlich Jefrem Wischnajew auf dessen Platz. Und nach diesen Unterlagen hier hieße das: Krieg.«
»Dann darf Maxim Rudin nicht fallen«, stellte Präsident Matthews fest.
»Mr. President, ich protestiere!« rief Poklewski erregt. »Soll das heißen, daß die Anstrengungen der Vereinigten Staaten jetzt dahin gehen sollen, Maxim Rudins Hals zu retten? Können wir denn vergessen, was er getan hat, können wir denn die Menschen vergessen, die unter seiner Herrschaft liquidiert worden sind, damit er an die Spitze des sowjetischen Machtapparates vorstoßen konnte?«
»Tut mir leid, Stan!« Präsident Matthews’ Ton duldete keinen Widerspruch. »Letzten Monat habe ich zugestimmt, daß die Vereinigten Staaten der Sowjetunion das Getreide verweigert, das sie zur Abwehr einer Hungersnot braucht. Zumindest so lange, bis die Auswirkungen dieser Hungersnot abzuschätzen waren. Ich kann nicht länger bei meiner Weigerung bleiben, weil ich glaube, daß wir jetzt eine Vorstellung von diesen Auswirkungen haben.
Meine Herren, ich werde heute abend ein persönliches Schreiben an den sowjetischen Staats- und Parteichef aufsetzen, in dem ich vorschlage, daß David Lawrence und Dmitri Rykow sich an einem neutralen Ort zu Gesprächen treffen. Damit sie über SALT vier reden und über alle anderen Probleme von beiderseitigem Interesse. «
Als Andrew Drake nach seinem zweiten Treffen mit Kapitän Thanos ins Cavo d’Oro zurückkam, fand er eine Nachricht vor. Asamat Krim teilte ihm mit, daß er und Kaminski soeben in dem vereinbarten Hotel angekommen waren.
Eine Stunde später war Drake bei ihnen. Der Kleinbus war an keiner Grenze durchsucht worden. Im Laufe des Abends ließ Drake die Waffen und die Munition von Kaminski und Krim, die ihn getrennt besuchten, in sein Zimmer im Cavo d’Oro bringen. Als alles sicher weggeschlossen war, lud er die beiden zum Abendessen ein. Am nächsten Morgen flog Krim nach London zurück. Er wollte in Drakes Apartment wohnen und dort auf dessen Anruf warten. Kaminski blieb in einer kleinen Pension in einer Seitenstraße in Piräus. Dort lebte er nicht behaglich, aber anonym.
Während die drei Verschwörer aßen, konferierte in Washington der amerikanische Außenminister mit dem irischen Botschafter.
»Wenn mein Treffen mit Außenminister Rykow Erfolg haben soll«, sagte David Lawrence, »müssen wir ungestört verhandeln können. Die Angelegenheit muß
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