Des Teufels Alternative
absolut diskret behandelt werden! Reykjavik auf Island wäre zu auffällig; Keflavik, unser Stützpunkt, gilt praktisch als amerikanisches Gebiet. Das Treffen muß auf neutralem Boden stattfinden. In Genf gibt es zu viele neugierige Beobachter; das gleiche gilt für Stockholm und Wien. Helsinki scheidet aus demselben Grund wie Island aus. Irland liegt in der Mitte zwischen Moskau und Washington, und Ihre Landsleute respektieren den Wunsch nach Ungestörtheit.«
In dieser Nacht gingen verschlüsselte Meldungen zwischen Washington und Dublin hin und her. Die irische Regierung erklärte sich innerhalb von 24 Stunden bereit, das Außenministertreffen zu organisieren, und machte beiden Seiten Terminvorschläge. Wenige Stunden später war Präsident Matthews’ persönliches Schreiben an Staatspräsident Rudin unterwegs zu dem amerikanischen Botschafter in Moskau.
Beim dritten Anlauf gelang es Andrew Drake, mit Kapitän Nikos Thanos unter vier Augen zu sprechen. Der alte Grieche war inzwischen überzeugt, daß der junge Engländer irgend etwas von ihm wollte, aber er ließ sich seine Neugier nicht anmerken. Drake lud ihn wie üblich zu Kaffee und Ouzo ein.
»Kapitän«, begann Drake, »ich habe ein Problem und glaube, daß Sie mir helfen können, es zu lösen.«
Thanos zog eine Augenbraue hoch, starrte aber schweigend in seinen Kaffee.
»Irgendwann gegen Ende dieses Monats verläßt die ›Sanadria‹ Piräus, um Istanbul und das Schwarze Meer anzulaufen. Soviel ich weiß, legen Sie auch in Odessa an.«
Thanos nickte. »Wir laufen am dreißigsten September aus und haben auch Ladung für Odessa an Bord.«
»Ich will nach Odessa«, sagte Drake. »Ich muß nach Odessa.«
»Sie sind Engländer«, stellte Thanos fest. »Es gibt Pauschalreisen nach Odessa. Sie können hinfliegen. Sowjetische Schiffe machen Kreuzfahrten, auf denen sie auch in Odessa anlegen. Fahren Sie da mit.«
Drake schüttelte den Kopf.
»So einfach ist die Sache nicht«, sagte er. »Kapitän Thanos, ich bekäme kein Touristenvisum für Odessa. Mein Antrag würde in Moskau bearbeitet – und abgelehnt – werden.«
»Und warum wollen Sie hin?« fragte Thanos mißtrauisch.
»Ich habe ein Mädchen in Odessa«, behauptete Drake. »Meine Verlobte. Ich will sie rausholen.«
Der Grieche schüttelte nachdenklich den Kopf. Seine Vorfahren auf Chios hatten schon zu Homers Zeiten im östlichen Mittelmeer Gelegenheitsschmuggel betrieben, und Thanos kannte den schwunghaften Schwarzhandel in Odessa. Seine eigene Besatzung kam zu einem hübschen Nebenverdienst, indem sie Luxusartikel, wie Nylonstrümpfe, Parfüm und Lederjacken, unter der Hand im ukrainischen Hafen verkaufte. Aber Menschenschmuggel war etwas ganz anderes, und Thanos hatte nicht die Absicht, sich in so etwas hineinziehen zu lassen.
»Sie verstehen mich falsch, glaube ich«, fuhr Drake fort. »Ich will meine Verlobte keineswegs an Bord der ›Sanadria‹ rausholen. Am besten erkläre ich Ihnen erst einmal alles.«
Er legte ein Foto auf den Tisch, das ihn mit einem bemerkenswert hübschen Mädchen am Geländer der Potemkintreppe zeigte, die die Stadt mit dem Hafen verbindet. Thanos’ Interesse erwachte sofort wieder, denn die junge Frau war wirklich sehenswert.
»Ich studiere an der Universität Bradford und schreibe eine Doktorarbeit über russische Literatur«, behauptete Drake. »Letztes Jahr bin ich sechs Monate lang als Austauschstudent an der Universität Odessa gewesen. Dort habe ich Larissa kennengelernt. Wir haben uns verliebt. Wir wollten heiraten.«
Wie die meisten Griechen war Nikos Thanos auf seine romantische Ader stolz. Drake hatte genau das Richtige getroffen.
»Warum haben Sie sie nicht geheiratet?« fragte der Kapitän.
»Die sowjetischen Behörden haben uns die Erlaubnis verweigert«, erzählte Drake. »Ich wollte Larissa natürlich nach England mitnehmen. Sie hat eine Ausreisegenehmigung beantragt, aber die ist abgelehnt worden. Dann habe ich mich von London aus um eine Ausreiseerlaubnis für sie bemüht – vergebens. Im Juli dieses Jahres habe ich genau das getan, was Sie mir vorgeschlagen haben: Ich habe eine Pauschalreise in die Ukraine gebucht – nach Kiew, Ternopol und Lwow.«
Er schlug seinen Reisepaß auf und zeigte Thanos die Stempel der Kiewer Paßkontrolle.
»Sie ist nach Kiew gekommen, um mich wiederzusehen. Jetzt hat sie mir geschrieben, daß sie ein Kind bekommt. Deshalb muß ich sie jetzt so schnell wie möglich heiraten.«
Kapitän Thanos wußte, was
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