Des Teufels Alternative
das Mekka der Caféhocker die Hafenstraße Akti Miaouli; dort und in der näheren Umgebung findet man fast nur Reedereikontore und Cafés.
Alle diese Cafés haben ihr Stammpublikum und sind ständig überfüllt. Kapitän Thanos gehörte zu den Stammgästen von Mikis Café , einem zur Straße hin offenen Lokal. Dort fand Drake ihn bei dem üblichen Mokka, einem Glas Wasser und einem Ouzo. Thanos war klein, breitschultrig und nußbraun, hatte lockiges schwarzes Haar und tagealte Bartstoppeln.
»Kapitän Thanos?« fragte Drake. Der Mann sah mißtrauisch zu dem Engländer auf und nickte.
»Nikos Thanos von der ›Sanadria‹?« Der Kapitän nickte erneut. Die drei Männer an seinem Tisch unterbrachen ihr Gespräch und musterten den Fremden. Drake lächelte.
»Mein Name ist Andrew Drake. Darf ich Sie zu einem Ouzo einladen?«
Kapitän Thanos machte mit dem rechten Zeigefinger eine Bewegung, die sein Glas und die Gläser seiner Begleiter einschloß. Drake, der noch immer stand, winkte einen Kellner heran und bestellte fünfmal das gleiche. Mit einem Nicken forderte Thanos ihn auf, sich zu ihnen an den Tisch zu setzen. Drake wußte, daß er nur langsam vorankommen und vielleicht Tage brauchen würde. Aber er wollte nichts überstürzen. Er hatte sein Schiff gefunden.
Bei der Besprechung, die fünf Tage später im Ovalen Zimmer des Weißen Hauses stattfand, herrschte eine äußerst gespannte Atmosphäre. Alle sieben Mitglieder des Krisenstabs sowie Präsident Matthews waren anwesend. Alle hatten die halbe Nacht lang das Protokoll der Politbürositzung gelesen, auf der Marschall Kerenski seinen Kriegsplan entwickelt und Wischnajew nach der Macht gegriffen hatte. Alle acht Männer waren erschüttert. Ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich jetzt auf den Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs, General Martin Craig.
»Die entscheidende Frage lautet: Ist das so durchführbar, General?« sagte Präsident Matthews.
»Wenn Sie einen konventionellen Krieg quer durch Westeuropa vom Eisernen Vorhang bis zu den Kanalhäfen meinen, bei dem unter Umständen sogar nukleare Gefechtsfeldwaffen eingesetzt werden – ja, das ist durchführbar, Mr. President.«
»Könnte der Westen seine Verteidigungsfähigkeit bis zum Frühjahr soweit steigern, daß dieser Plan fehlschlagen müßte?«
»Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, Mr. President.
Wir könnten selbstverständlich mehr Truppen nach Europa verlegen und mehr Waffen rüberschicken. Dann hätten die Sowjets eine gute Ausrede, ihrerseits aufzurüsten – falls sie dazu jemals eine Ausrede brauchen. Unsere europäischen Verbündeten verfügen nicht über die gleichen Reserven wie wir; sie haben die Stärke, Bewaffnung und Einsatzbereitschaft ihrer Streitkräfte in den letzten zehn Jahren soweit herabgesetzt, daß das Gleichgewicht zwischen NATO und Warschauer Pakt auf konventionellem Gebiet sich nicht in knapp neun Monaten herstellen läßt. Die Ausbildung junger Soldaten und die Produktion neuer Raketen würden erheblich länger dauern.«
»Dann sind wir also wieder dort, wo wir zu Beginn des Zweiten Weltkriegs gewesen sind«, meinte der Finanzminister trübselig.
»Wie steht’s mit dem Einsatz von Nuklearwaffen?« fragte Matthews ruhig. General Craig zuckte mit den Schultern.
»Falls die Sowjets mit allen zur Verfügung stehenden Kräften angreifen, ist der atomare Gegenschlag unvermeidlich. Da wir bereits gewarnt sind, könnten wir den sowjetischen Vorstoß nach Westen verzögern und Kerenskis Hundertstundenplan durcheinanderbringen. Aber ob wir den Gegner aufhalten könnten – die ganze verdammte Rote Armee mitsamt der Marine und Luftwaffe –, ist eine andere Frage. Bis wir die beantworten können, würde es wahrscheinlich ohnehin schon zu spät sein. Deshalb müssen wir Atomwaffen einsetzen. Es sei denn, Sir, wir geben Europa und unsere dort stationierten dreihunderttausend Mann auf.«
»David?« fragte der Präsident.
Außenminister Lawrence tippte auf den vor ihm liegenden Ordner.
»Ich bin wohl zum erstenmal in meinem Leben der gleichen Meinung wie Dmitri Rykow. Hier geht’s nicht nur um Westeuropa. Wenn Europa fällt, können der Balkan, das östliche Mittelmeer, die Türkei, der Iran und die arabischen Staaten sich nicht halten. Vor zehn Jahren haben wir fünf Prozent unseres Erdöls eingeführt; vor fünf Jahren waren es schon fünfzig Prozent. Inzwischen sind es zweiundsechzig Prozent, und unser Bedarf steigt weiter. Ganz Nord- und
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