Des Teufels Kardinal
in die Grotte eindrangen, um vielleicht eine Ausfahrt zu finden… Falls es eine gab, wunderbar. Aber falls nicht, was dann?
Plötzlich war der Scheinwerfer voll auf sie gerichtet.
»Los, ins Wasser! Sofort!«
Harry warf sich vorwärts und rollte sich gleichzeitig zur Seite, bekam mit einer Hand die Schwesterntracht zu fassen und riß Elena im Geschoßhagel einer Maschinenpistole mit sich über die Bordwand.
Nachdem er Elena in den rückwärtigen Höhlenteil geschoben hatte, sah er ihr Boot in einem von Schüssen aufgewühlten Wasser liegen, das im Scheinwerferlicht gelbgrün leuchtete. Kugeln prallten von den Felswänden und dem Bootsheck ab und surrten schrill heulend als Querschläger durch die Höhle. Es konnte nur noch Augenblicke dauern, bis sie das dicke Aluminium zerfetzten und Danny trafen.
304
Harry tauchte, stemmte sich unter Wasser gegen das Boot und versuchte, es weiterzuzerren, um Danny aus dem mörderischen Kugelhagel zu holen.
Seine Lunge schien zu brennen, während er sich im Wasser von der Felswand abstemmte, das Boot mühsam hoch wuchtete und es tiefer in die Höhle schleppte. Plötzlich blieb es irgendwo hängen, so daß seine Hände abrutschten und er zurückgeworfen wurde. Aber er schwamm sofort zurück und stemmte sich gegen die Höhlenwand, um das Boot wieder freizubekommen.
Unmöglich! Seine Brust stand in Flammen, er brauchte unbedingt Luft. Harry stieß sich ab und kam hoch. Er tauchte in vollem Scheinwerferlicht auf. Einen Augenblick lang sah er das Mündungs-feuer, bildete sich sogar ein, das Gesicht des Mannes dahinter zu sehen. Gelassen, ungerührt, in kurzen Stößen feuernd.
Der nächste Feuerstoß ging dicht über ihn hinweg und zerfetzte den Bug des Aluminiumboots. Ein halber Atemzug, nicht mehr, Harry tauchte erneut.
Er stemmte sich wieder von der Felswand ab und versuchte diesmal, das Boot mit der Schulter zu schieben. Aber es saß fest. Harry rammte seine Schulter noch einmal dagegen. Und noch einmal. Dann mußte er wieder auftauchen, um Luft zu holen. Beim nächsten Versuch spürte er ein leichtes Nachgeben. Er biß die Zähne zusammen und warf sich erneut gegen das Boot. Jetzt kam es frei und schoß vorwärts. Harry schwamm hinterher, um es in Bewegung zu halten.
Dann mußte er wieder auftauchen.
Er durchbrach die Wasseroberfläche, holte keuchend Luft. Praktisch im selben Augenblick hörten die Schüsse auf, und der Scheinwerfer wurde weggeschwenkt. In ihrer Höhle war es plötzlich stock-finster.
»Elena…«, krächzte Harrys Stimme im Dunkeln.
»Elena!« Diesmal klang sein Ruf lauter, dringender. Harry stellte sich vor, wie sie von Schüssen getroffen und ertrunken auf dem Boden der Grotte lag.
»Ich halte mich am Boot fest. Mir fehlt nichts.« Ihre Stimme kam ganz aus der Nähe, und er hörte Elena keuchend nach Luft schnappen.
305
»Was ist mit Danny?«
»Wir bewegen uns!« Elenas plötzlicher Ausruf klang angstvoll.
Harry fühlte das Wasser kälter werden, während das Boot sich von ihm wegbewegte. Irgendwie waren sie in eine unterirdische Strö-
mung geraten, von der sie mitgerissen wurden.
Er nahm in der Dunkelheit die Verfolgung der Schute auf, indem er teils schwamm und sich teils von den Felswänden abstieß. Sekunden später hatte er sie eingeholt und hielt sich daran fest, während das Boot in der Strömung immer schneller wurde. Zwischen Bootsrumpf und Granitwänden eingesperrt und immer wieder groben Stößen ausgesetzt, zog er sich Hand für Hand die Bordwand entlang bis zum Heck.
»Elena!« brüllte Harry laut, um das Rauschen des Wassers und das Scheppern des Aluminiumboots gegen die Felswände zu übertönen.
Aber das war unmöglich. War Elena noch da?
306
88
Thomas Kinds Finger krallten nach seinem Hals. Salvatore war viel stärker, als er aussah. Er hielt den Seidenschal, mit dem seine Frau ihr Haar zusammengefaßt hatte, um seine Hände geschlungen. Von hinten hatte er ihn wie eine Garotte um den Hals des blonden Mannes gelegt. Jetzt zog der Italiener die Schlinge noch fester zu und stemmte Thomas Kind sein Knie ins Kreuz.
»Bastardo« , knurrte er dabei. »Bastardo!«
Damit hatte Kind nicht gerechnet. Das hätte er einem so unbedeu-tenden und kleinmütigen Mann wie Salvatore Belsito niemals zuge-traut. Aber er würde nicht sterben. Er ließ seinen Körper plötzlich schlaff werden und sackte nach vorn, worauf der Italiener nicht ge-faßt war. Die beiden Männer krachten zusammen aufs Deck. Thomas Kind riß sich sofort los,
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