Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
Vom Netzwerk:
sah er ein kleines Café. Er betrat es, weil er hoffte, hier eine Toilette zu finden, in der er sich Gesicht und Hände waschen und sein Haar mit Wasser glätten konnte, um wenigstens präsentabel auszusehen.
    Von den zehn bis zwölf Gästen sah keiner auf, als er das Café betrat. Der Mann hinter der Theke stand an der Espressomaschine und kehrte dem Raum dabei den Rücken zu. Harry ging rasch an ihm vorbei, weil er annahm, die Toilette müsse irgendwo hinten sein. Er hatte richtig vermutet.
    Sein Spiegelbild erschreckte ihn. Sein Gesicht war hager, die Haut blaß und sein Bart stärker, als er gedacht hatte. Bei der Abreise aus L. A. war er gut in Form gewesen, fünfundachtzig Kilo bei fast einem Meter neunzig Größe. Er mußte beträchtlich an Gewicht verloren haben. Wieviel, ließ sich schwer abschätzen, aber unter der schwarzen Priesterkleidung wirkte er sehr schlank. Durch diesen Gewichtsverlust und den Bart hatte sein Aussehen sich erheblich verändert.
    Nachdem er sich Gesicht und Hände gewaschen hatte, soweit das mit den Verbänden möglich war, machte er sein Haar naß und strich 151
    es mit den Handflächen zurück. Hinter sich hörte er ein Geräusch, als die Türklinke heruntergedrückt wurde.
    »Momento«, sagte er instinktiv und fragte sich dann, ob er das richtige Wort benutzt hatte.
    Draußen wurde ungeduldig an die Tür geklopft, dann rüttelte jemand aufgebracht an der Klinke. Harry zog den Riegel zurück und öffnete die Tür. Eine zornige Frau starrte ihn an. Daß er ein Priester zu sein schien, machte keinerlei Eindruck auf sie. Offenbar hatte sie es einfach nur eilig, auf die Toilette zu kommen. Er nickte ihr höflich zu, ging an ihr vorbei, durchquerte das Café und trat auf die Straße hinaus.
    Menschen hatten ihn aus nächster Nähe gesehen, ohne sich zu seinem Aussehen zu äußern. Aber er war an einem bestimmten Ort gesehen worden, und irgendwann später, ob Stunden oder Augenblicke, konnten sie sein Foto in der Zeitung sehen und sich an ihn erinnern. Und dann die Polizei anrufen. Er mußte zusehen, daß er möglichst schnell von diesem Café wegkam.

    152
    39
    Roscani eilte mit Scala und Castelletti hinter sich die Gleise entlang.
    Tragbare Scheinwerfer tauchten den Tunnel in gleißend helles Licht.
    Überall waren uniformierte Polizisten mit schußsicheren Westen und Maschinenpistolen zu sehen. In ihrer Mitte standen mehrere Beamte der Verkehrsbetriebe und der Fahrer des U-Bahn-Zuges, der den Flüchtigen beinahe überrollt hätte.
    »Sie sind zu zweit gewesen. Der Amerikaner und ein kleiner Mann auf Krücken. Vielleicht ein Liliputaner.«
    Roscani hatte die Meldung über Funk erhalten. Sie war spät gekommen, fast eine Stunde nach dem Zwischenfall mit den beiden Männern. »Hauptverkehrszeit«, sagte der Fahrer entschuldigend. Da er fürchtete, die Männer überfahren zu haben, hatte er gehalten und war zu Fuß zurückgegangen, ohne jedoch eine Spur von ihnen zu entdecken. Er hatte den Vorfall gemeldet und war weitergefahren.
    Erst als er in einer Pause Harry Addisons Foto in der Zeitung gesehen hatte, hatte er die Verbindung zu dem Mann im Tunnel hergestellt.
    »Wissen Sie bestimmt, daß er es gewesen ist?« fragte Roscani drängend.
    »Ich habe ihn nur kurz im Scheinwerferlicht gesehen. Aber ich bin mir ziemlich sicher. Er hat einen Kopfverband getragen.«
    »Wohin können sie verschwunden sein?« fragte Roscani einen gro-
    ßen, schnurrbärtigen Beamten der Verkehrsbetriebe.
    »Schwer zu sagen. Speziell in diesem Bereich gibt es mehrere alte Tunnels, die aus verschiedenen Gründen stillgelegt sind.«
    Roscani zögerte. Die beiden angrenzenden U-Bahnhöfe waren geschlossen und alle Fahrgäste unter den wachsamen Blicken eines vielköpfigen Polizeiaufgebots zu bereitgestellten Bussen gebracht worden. Falls diese Sperrung jedoch nicht bald aufgehoben wurde, mußte der gesamte U-Bahn-Verkehr darunter leiden.
    »Gibt es Karten von diesen Tunnels?«
    »Ja.«

    153
    »Die brauchen wir.« Er wandte sich an Scala. »Du fährst ins Hotel Hassler und holst aus Addisons Zimmer irgendein getragenes Kleidungsstück. Damit kommst du so schnell wie möglich zurück.«
    Scala nickte verständnisvoll. »Du willst Spürhunde einsetzen.«
    »Ja.«
    Harry ging rasch den Gehsteig entlang und schwitzte bereits in der Julihitze. Seit er das Café verlassen hatte, starrte sein Bild ihn von Zeitungen an jedem Zeitungsstand an, an dem er vorbeikam. Das war nicht nur erschreckend, sondern geradezu bizarr, als

Weitere Kostenlose Bücher