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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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verlieren würde, wenn er sich Schwäche anmerken ließe. Und wenn er verlor, war auch Pater Daniel verloren.
    Mit ihrem kanadischen Kollegen saßen Kardinal Manzetti aus Italien, Kardinal Rosales aus Argentinien und Kardinal Boothe aus Au-stralien wie Richter eines Obersten Gerichts da, hatten ihre Hände auf den jetzt zugeklappten Dossiers gefaltet und musterten den vor ihnen sitzenden Marsciano kritisch.
    Manzetti: »Weshalb sollen wir unseren breit gestreuten Akti-enbesitz umschichten und zu solchen Investitionen übergehen?«
    Boothe: »Eine Konzentration auf nur eine Branche ist unaus-gewogen und potentiell höchst gefährlich. Bei einer weltweiten Rezession säßen wir und jedes dieser Unternehmen buch-stäblich im Dreck. Stillstehende Fabriken, totes Kapital in Form langer Reihen auf dem Fabrikgelände abgestellter ton-159
    nenschwerer Maschinen, die dort verrosten, weil sich kein Abnehmer mehr für sie findet.«
    Marsciano: »Richtig.«
    Kardinal Rosales lächelte und stützte seine Ellbogen auf, um sein Kinn in beide Hände zu legen. »Wirtschaftsförderung in Schwellen-ländern und Politik.«
    Marsciano griff nach seinem Glas, nahm einen Schluck Wasser und stellte es wieder ab. »Genau«, sagte er.
    Rosales: »Und die leitende Hand Palestrinas.«
    Marsciano: »Seine Heiligkeit findet, die Kirche solle weniger begünstigte Länder moralisch und tatsächlich unterstützen. Ihnen helfen, ihren Platz auf dem weltweiten Markt einzunehmen.«
    Rosales: »Seine Heiligkeit oder Palestrina?«
    Marsciano: »Beide.«
    Tremblay: »Wir sollen die führenden Industrieländer dazu er-mutigen, den Entwicklungsländern den Weg ins neue Jahrtausend zu bahnen, während wir gleichzeitig davon profitieren.«
    Marsciano: »Eine andere Betrachtungsweise wäre, Eminenz, daß wir unserem Glauben treu bleiben und dabei versuchen, den Wohlstand dieser Länder zu mehren.«
    Ihre Besprechung dauerte schon zu lange. Es war fast dreizehn Uhr dreißig, Zeit für die Mittagspause. Marsciano wollte Palestrina nicht melden müssen, es habe noch keine Abstimmung gegeben. Außerdem wußte er, daß die anderen beim Mittagessen ausschließlich über die vorgeschlagene Umschichtung des vatikanischen Portefeuilles reden würden, wenn er sie jetzt gehen ließ, ohne daß sie zugestimmt hatten. Und je mehr sie darüber redeten, desto weniger würde ihnen der neue Investitionsplan gefallen, das wußte er. Sie würden vielleicht spüren, daß irgend etwas daran faul war, und unter Umständen sogar den Verdacht hegen, etwas billigen zu sollen, das einen ganz anderen als den angegebenen Zweck hatte.
    Palestrina hatte sich bewußt herausgehalten, weil niemand seinen Einfluß auf eine Sache wahrnehmen sollte, die ihn offiziell nichts anging. Und auch wenn Marsciano ihn verabscheute, wußte er recht 160
    gut, wie machtvoll allein Palestrinas Name wirkte, wieviel Respekt und Angst er auslösen konnte.
    Marsciano schob seinen Sessel zurück und stand vom Tisch auf.
    »Zeit für unsere Mittagspause. Fairerweise will ich Ihnen mitteilen, daß ich mich mit Kardinal Palestrina zum Mittagessen treffe. Er wird mich nach Ihrer Reaktion auf die heute vormittag hier besprochenen Themen fragen. Ich möchte ihm erzählen können, daß Ihre Reaktion im allgemeinen positiv gewesen ist. Daß Ihnen unser Vorschlag ge-fällt und Sie ihn mit einigen unwesentlichen Abänderungen heute nachmittag billigen werden.«
    Die Kardinäle sahen sich schweigend an. Marsciano hatte sie überrumpelt, das wußte er. Im Grunde genommen hatte er gesagt: »Gebt mir sofort, was ich verlange, sonst riskiert ihr, euch mit Palestrina auseinandersetzen zu müssen.«
    »Nun?«
    Kardinal Boothe hob seine Hände wie zum Gebet und starrte die Tischplatte an.
    »Ja«, murmelte er.
    Kardinal Tremblay: »Ja.«
    Kardinal Manzetti: »Ja.«
    Rosales war der letzte. Er hob schließlich den Kopf und sah zu Marsciano hinüber. »Ja«, sagte er scharf, dann stand er auf und verließ den Raum.
    Marsciano nickte den anderen zu. »Danke«, sagte er. »Ich danke Ihnen.«

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    Freitag, 10. Juli, 16.15 Uhr
    Adrianna Hall saß in der römischen WNN-Dependance in ihrem winzigen Büro, sah sich den kurzen Videofilm mit Harry Addison zum zehnten Mal an und versuchte, daraus schlau zu werden.
    Obwohl sie keine drei Stunden mit ihm verbracht hatte – zugege-benermaßen drei sehr leidenschaftliche und provokante Stunden –, wußte sie eines ganz bestimmt: Harry Addison war kein Mann, der einen Polizeibeamten

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