Des Teufels Kardinal
vor ihnen leuchtete auf und zeigte die Krankenwagenzufahrt mit Datum und Uhrzeit in der rechten oberen Ecke. Mit dem schnellen Vorlauf suchte der Chef des Sicherheitsdiensts eine Stelle, wo ein Krankenwagen ankam. Das Fahrzeug hielt, Sanitäter stiegen aus, und eine Patientin wurde auf einer Krankentrage in die Notaufnahme gerollt. Die Gesichter der Sanitäter und ihrer Patientin waren deutlich zu erkennen. Wenig später kamen die Männer zurück, und der Krankenwagen fuhr davon.
»Sie können das Bild bestimmt auch anhalten?« fragte Thomas Kind. »Nehmen wir mal an, es gäbe Probleme, und die Polizei brauchte das Kennzeichen…«
»Augenblick«, sagte der Chef des Sicherheitsdiensts. Er spulte den Videofilm zurück, bis der Krankenwagen wieder zu sehen war, ließ den Film weiterlaufen und hielt ihn bei einem Bild mit dem deutlich ablesbaren Kennzeichen an.
»Ausgezeichnet!« Thomas Kind lächelte. »Könnte ich noch etwas mehr sehen?«
Der Videofilm lief weiter, und Thomas Kind, der die eingeblendete Uhrzeit im Auge behielt, verwickelte den Chef des Sicherheitsdiensts in ein Gespräch, während mehrere Krankenwagen vorfuhren und wieder wegfuhren, bis um einundzwanzig Uhr neunundfünfzig ein beiger Iveco-Kastenwagen eintraf.
»Was ist das, ein Lieferwagen?« fragte Kind, während er beobachtete, wie ein stämmiger Mann ausstieg und den Kamerabereich verließ, als er im Krankenhaus verschwand.
»Ein privater Krankenwagen.«
»Wo ist der Patient?«
»Er holt jemanden ab. Augenblick.« Nach schnellem Vorlauf setzte der Film wieder ein, als der Stämmige zurückkam, jetzt in Begleitung einer Nonne, eines weiteren Mannes, den Kind für einen Krankenpfleger hielt, und eines am ganzen Körper verbundenen Patienten auf einer fahrbaren Krankentrage, über der ein Tropf baumelte. Der Stämmige öffnete die Hecktür, der Patient wurde hineingeschoben, die Nonne und der Krankenpfleger stiegen hinten bei ihm ein, der Stämmige schloß die Tür, setzte sich ans Steuer und fuhr davon.
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»Das Kennzeichen dieses Wagens könnten Sie bestimmt auch her-holen, nicht wahr?« fragte Kind erwartungsvoll.
»Klar.« Der Chef des Sicherheitsdiensts hielt den Videofilm an, ließ ihn zurücklaufen, schaltete auf Vorlauf um und drückte auf die Stopptaste. Das Kennzeichen war deutlich zu sehen: PE 343.552.
Rechts oben waren Datum und Uhrzeit eingeblendet: 09/07/22.18.
Thomas Kind lächelte. »PE bedeutet Pescara. Also ist das ein hiesiges Krankentransportunternehmen.«
»Servizio Ambulanza Pescara.« Der Chef des Sicherheitsdiensts lehnte sich befriedigt zurück. »Sie sehen, wir haben alles unter Kontrolle.«
Kind lobte sein effizientes System nochmals und entlockte dem Chef des Sicherheitsdiensts dann den Namen des zunächst anonym eingelieferten Patienten: Michael Roark.
Die Anzeige im Branchenverzeichnis lieferte Thomas Kind alle weiteren Informationen, die er brauchte. Das Büro des Servizio Ambulanza Pescara befand sich in der Via Arapietra 1217, einem Ge-bäude auf der anderen Straßenseite. Ebenfalls angegeben waren der Name des Besitzers Ettore Caputo, der sogar mit Bild in der Anzeige erschien, und die Geschäftszeiten: Montag bis Samstag, sieben Uhr dreißig bis neunzehn Uhr dreißig. Kind sah auf seine Armbanduhr.
7.25 Uhr
Plötzlich sah er auf. Vor ihm war ein Mann um die Ecke gebogen und kam jetzt auf ihn zu. Thomas Kind beobachtete ihn aufmerksam, dann lächelte er. Ettore Caputo kam viereinhalb Minuten zu früh.
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Das Foto in dem vor Harry liegenden Reisepaß zeigte ihn mit dem Bart, den er jetzt trug. Der Paß selbst war abgegriffen, seine früher steifen Deckel waren weich und biegsam, als habe sein Inhaber ihn jahrelang mit sich herumgetragen. Ausgestellt war er von der U.S.
Passport Agency in New York. Auf den Innenseiten befanden sich englische, französische und amerikanische Einreisestempel.
Neben dem Foto stand sein neuer Name: JONATHAN ARTHUR
ROE, geboren am 18/SEP/65, New York, USA.
Auf dem Tisch neben dem Reisepaß lagen ein im District of Co-lumbia ausgestellter Führerschein und ein Dozentenausweis der Georgetown University. Im Führerschein war seine Adresse angegeben: Mulledy Building, Georgetown University, Washington, D.C.
Auch diese beiden Ausweise waren mit seinem Foto versehen.
Tatsächlich waren alle drei Fotos unterschiedlich, weil Harry auf ihnen zwei verschiedene Hemden und den Rollkragenpullover Eatons trug. Keines ließ erkennen, daß sie alle am selben Ort und zur
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