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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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mit? Es gibt ohnehin nicht genug Helfer.
    Und wie ist es danach weitergegangen? Es hat fast einen Tag gedauert, Augenzeugen und Rettungsmannschaften zu befragen, die Krankenhausakten einzusehen und von dem Busunternehmen zu erfahren, wie viele Fahrkarten nach Assisi verkauft worden waren.
    Und den nächsten Tag haben wir für die Identifizierung der Attentatsopfer gebraucht. Und zuletzt haben alle, auch wir, einfach die Zahl vierundzwanzig als richtig akzeptiert.
    Es ist durchaus vorstellbar, daß in diesem Chaos irgend jemand übersehen worden ist. Jemand, der niemals offiziell in eines der Krankenhäuser eingeliefert worden ist. Jemand, der vielleicht noch selbst gehen konnte und sich einfach zu Fuß vom Tatort entfernt hat.
    Oder der sich vielleicht sogar hat helfen lassen, um schnellstens zu verschwinden.
    Verdammt!« Roscani schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. Sie hatten sich die ganze Zeit mit dem beschäftigt, was sie hatten, anstatt nach dem zu fahnden, was sie nicht hatten. Jetzt mußten sie sich noch einmal die Krankenhäuser vornehmen, sämtliche Unterlagen über die an diesem Tag eingelieferten Patienten überprüfen, alle befragen, die Dienst gehabt hatten, um herauszubekommen, was aus diesem einen Attentatsopfer geworden war. Wohin der Mann aus eigener Kraft oder mit fremder Hilfe verschwunden war.
    Vierzig Minuten später war Roscani auf der Autostrada nach Norden in Richtung Fiano Romano unterwegs, um ins dortige Krankenhaus zu fahren. Er fühlte sich wie ein Jongleur mit allzu vielen Bällen in der Luft, ein Puzzlespieler, den die Unmenge von Teilen verwirrte.
    Sein überlasteter Verstand wurde nicht mehr mit ihnen fertig. Da war es besser, eine Zeitlang an gar nichts zu denken und nur sein Unter-bewußtsein arbeiten zu lassen. Das gleichmäßige Surren der Autorei-fen auf dem Asphalt konnte als Hintergrund für die absolute Ruhe dienen, die er dazu brauchte.
    Wie er nach einer Zigarette lechzte! Im Handschuhfach lag noch eine Packung. Er streckte die Hand danach aus, beherrschte sich dann aber doch und griff statt dessen in die auf dem Beifahrersitz 215
    liegende Tüte mit Keksen. Als er gerade in einen beißen wollte, kam ihm die Erleuchtung.
    Er hatte den anderen nichts von seiner Theorie erzählt, die am Ort des Busattentats aufgefundene spanische Llamapistole habe vielleicht nicht Pater Daniel, sondern einem auf ihn angesetzten und im Bus mitfahrenden Killer gehört. Weshalb nicht? Weil es dafür keine Beweise gab, und ohne Beweise vergeudete man mit solchen Ideen nur Zeit und Energie. Kombinierte man seine Theorie jedoch mit der Idee von einem fünfundzwanzigsten Mann, hatte man den nicht regi-strierten zusätzlichen Fahrgast, der seine Fahrkarte vielleicht erst in letzter Minute beim Einsteigen gekauft hatte, so daß der Busfahrer sie nicht mehr hatte aufaddieren können, bevor der Bus in die Luft geflogen war. Falls diese Vermutung stimmte und der Killer jetzt in Pater Daniels Sarg lag, wäre das auch die Erklärung dafür, daß niemand sich gemeldet hatte, um ihn zu identifizieren.
    Natürlich waren das alles nur Vermutungen. Andererseits wurde sein Gefühl, das auf langjähriger Erfahrung basierte, immer stärker.
    Es sagte Roscani, daß ein fünfundzwanzigster Fahrgast an Bord gewesen war, um Pater Daniel zu ermorden. Und falls der Amerikaner das Attentat auf den Kardinalvikar verübt hatte, wer hatte dann den Bus in die Luft gejagt? Und warum?

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    Xi’an, China.
    Montag, den 13. Juli, 2.30 Uhr
    Li Wen zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich zurück und rückte möglichst weit von dem schnarchenden Dicken ab, der den Sitz neben ihm reichlich ausfüllte. In einer Viertelstunde würde der Zug in Xi’an halten. Dort wollte er aussteigen, und dann konnte der Dicke von ihm aus beide Sitze für sich allein haben. Im Mai und dann wieder im Juni hatte Li Wen diese Reise schon einmal gemacht, aber damals hatte er nicht gespart, sondern war mit dem luxuriösen Marco-Polo-Expreß gefahren, dem cremeweiß-grünen Schnellzug, der entlang der alten Seidenstraße verkehrte: über dreitausend Kilometer von Peking nach Urümqui, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang Uy-gur. Mit dem Zug, von dem die Chinesen hofften, er werde dieselben Reichen anlocken, die den berühmten Orientexpreß Paris-Istanbul frequentierten.
    Aber diesmal fuhr Li in der Holzklasse eines überfüllten Zugs, der schon fast vier Stunden Verspätung hatte. Er haßte diese überfüllten Züge, haßte die laute Musik,

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