Des Teufels Kardinal
bringen.«
»Ja.«
Herkules sah bewußt weg. »Was wollen Sie?«
»Sie sollen jemanden beschatten. Sogar zwei Leute. Sie und die Zigeuner.«
230
Herkules sah ihn wieder an. »Wen?«
»Einen Kardinal und einen Pater. Leute, die den Aufenthaltsort meines Bruders kennen. Die mich zu ihm führen werden.«
»Einen Kardinal?«
»Richtig.«
Herkules zog plötzlich eine seiner Krücken zu sich heran und stand auf. »Nein.«
»Ich zahle gut.«
»Womit?«
»Geld.«
»Woher wollen Sie welches kriegen?«
»Ich habe welches.« Harry zögerte, dann zog er Eatons Geld aus der Tasche. »Wieviel wollen Sie? Für sich und die Zigeuner?«
Herkules betrachtete erst die Scheine, dann Harry. »Das ist mehr, als ich Ihnen gegeben habe. Woher haben Sie dieses Geld?«
»Ich hab’s eben. Wieviel wollen Sie?«
»Mehr als das.«
»Wieviel mehr?«
»Sie können das beschaffen?« Herkules war sichtlich überrascht.
»Ich denke schon.«
»Wenn Sie soviel Geld kriegen können, warum lassen Sie Ihre Geldgeber nicht den Kardinal überwachen?«
»So einfach ist die Sache nicht.«
»Warum? Trauen Sie ihnen nicht?«
»Herkules, ich bitte Sie um Ihre Hilfe. Ich bin bereit, dafür zu bezahlen. Und ich weiß, daß Sie Geld brauchen.«
Herkules schwieg.
»Sie haben mir erklärt, daß Sie die auf mich ausgesetzte Belohnung nicht kassieren können, weil Sie dazu zur Polizei gehen müßten. Das Geld kann Ihnen helfen, von der Straße runterzukommen.«
»Ehrlich gesagt möchte ich lieber nicht mit Ihnen gesehen werden, Mr. Harry. Die Polizei sucht Sie. Die Polizei sucht mich. Wir sind schlechte Gesellschaft. Doppelt so schlecht, wenn wir zusammen sind. Ich brauche Sie als Anwalt, nicht als Bankier. Kommen Sie wieder, wenn’s damit klappt. Bis dahin… arrivederci .«
231
Der Zwerg wollte aufgebracht nach seiner zweiten Krücke greifen, aber Harry war schneller und riß sie an sich.
Herkules funkelte ihn zornig an. »Das ist keine sehr gute Idee.«
Harry gab ihm die Krücke trotzdem nicht zurück. »Zum Abschied haben Sie gesagt, Sie wollten sehen, wie weit ich ohne Hilfe komme.
Wie weit mein Mut und Verstand mich bringen würden. Bis hierher, Herkules, in einem großen Kreis zu Ihnen zurück. Ich hab’ es versucht, aber es hat nicht geklappt.« Harrys Stimme klang bittend, und er sah Herkules sekundenlang an, bevor er ihm ganz langsam seine Krücke zurückgab.
»Ich schaffe es nicht allein, Herkules. Ich brauche Ihre Hilfe.«
Im nächsten Augenblick klingelte das Mobiltelefon in seiner Jak-kentasche. Das unerwartet schrille Geräusch ließ sie beide zusam-menfahren.
»Ja…«, meldete Harry sich zögernd, während sein Blick den Platz absuchte, als befürchte er, dies könnte ein Trick der Polizei sein.
»Adrianna!« Harry wandte sich rasch ab und hielt sich das andere Ohr zu, um den Verkehrslärm auszusperren.
Herkules wartete in seinen Krücken hängend und beobachtete ihn gespannt.
»Wo?« Harry nickte einmal, zweimal. »Ich verstehe… Welche Farbe?… Gut, ich finde ihn.«
Er beendete das Gespräch, steckte das Mobiltelefon wieder ein und wandte sich an Herkules.
»Wie komme ich zum Hauptbahnhof?«
»Ihr Bruder…«
»Er ist gesehen worden.«
»Wo?« Herkules spürte Harrys Aufregung.
»Im Norden. In einer Stadt am Comer See.«
»Die Zugfahrt über Mailand dauert fünf Stunden. Das ist viel zu lang. Sie würden riskieren…«
»Ich fahre nicht mit dem Zug. Jemand hat mir ein Auto an den Hauptbahnhof gestellt.«
»Ein Auto?«
»Ja.«
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Herkules funkelte ihn an. »Sie haben also plötzlich andere Freunde und brauchen mich nicht mehr.«
»Ich brauche Sie, damit Sie mir den Weg zum Hauptbahnhof erklä-
ren.«
»Suchen Sie ihn sich doch selbst!«
Harry starrte den Zwerg ungläubig an. »Erst wollen Sie nichts mit mir zu schaffen haben, und jetzt sind Sie wütend auf mich, weil ich Sie nicht mehr brauche.«
Herkules äußerte sich nicht dazu.
»Ich finde ihn selbst.« Harry machte auf dem Absatz kehrt und marschierte davon.
»Falsche Richtung, Mr. Harry!«
Harry blieb stehen und sah sich um.
»Sie sehen, Sie brauchen mich doch.«
Ein Windstoß zerzauste Harrys Haar, wirbelte eine Staubwolke vor seinen Füßen auf. »Also gut, ich brauche Sie!«
»Bis hinauf zum Comer See?«
Harry nickte widerstrebend. »Abgemacht!«
Herkules setzte sich sofort in Bewegung und kam auf seinen Krük-ken auf ihn zu. Dann war er an ihm vorbei und rief ihm über die Schulter hinweg zu:
»Hierher, Mr. Harry!
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