Des Teufels Maskerade
englische Anzug mit dem eng anliegenden, grün-schwarz gemusterten Gilet – sowie die etwas affektierte Geste, mit der er uns zuwinkte, ließen darauf schließen, dass er nicht sein halbes Leben in üblen Kaschemmen verbracht hatte.
»Pan Navratil«, stellte er uns das leichenartige Geschöpf vor, kaum dass ich Platz genommen und Lysander auf die Bank gehoben hatte.
»Ein vielversprechendes, junges Talent auf dem Gebiet der impressionistischen Malerei. Wirklich, Sie müssen den Herren einmal Gelegenheit bieten, Sie in Ihrem Atelier zu besuchen
und Ihre Arbeiten zu bewundern«, fügte er an den Maler gewandt hinzu, was dieser mit einem entgeisterten Glotzen in Lysanders Richtung quittierte.
»Es … wäre mir eine Ehre«, stammelte er schließlich.
Vertraulich klopfte Trubic auf seine knochige Schulter. »Aber natürlich wäre es das.«
Der Maler, der begriffen hatte, dass dies sein Signal zum Aufbruch war, erhob sich umständlich. Nicht ohne eine kleine Verbeugung vor Trubic anzudeuten und ein »Wiedersehen, der Herr Graf« zu murmeln, entfernte er sich schlurfenden Schrittes.
Felix Trubic säuberte seine Linke, mit der er das speckige Jackett des Künstlers berührt hatte, in einem Seidentaschentuch. »Ein furchtbarer Mensch, aber er malt ganz exzellent«, erklärte er im Plauderton.
»Warum sind wir hier?« Mir stand der Sinn nicht nach Konversation.
Mit gespreizten Fingern strich Trubic durch seine Locken. »Nun, zum einen, weil ich dich um Verzeihung bitten möchte: Es mag sein, dass ich Waldhausens Tod betreffend etwas vorschnell geurteilt habe.«
Ich regte mich nicht. Glaubte er tatsächlich, so einfach die schweren Anschuldigungen vom Tisch fegen zu können?
Offensichtlich war dem so, denn nach einer winzigen Pause fuhr er fort: »Und zum anderen, weil ich deiner, nein, eurer Hilfe bedarf.« Mit diesen Worten zog er ein Kuvert aus der Innentasche seines Rocks. »Dies wunderliche Briefchen ist mir gestern ins Haus geflattert, allem Anschein nach meint man es nicht allzu gut mit mir.« Er verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln. »Sieht so aus, als würde es genau in dein Aufgabengebiet fallen.«
»Woraus schließt du, dass wir für dich arbeiten würden?«, fragte ich steif, während Lysander, wie eh und je der neugierige
Pragmatiker, sich daran machte, mit Schnauze und Pfoten den Brief zu entfalten.
Lässig lehnte sich Trubic zurück. »Nun, ich glaube an die Macht der Wissbegierde. Außerdem werde ich euch beide bezahlen.«
»Ich werde gewiss keine Bezahlung …«, begann ich, doch Lysander unterbrach mich mit einem ungeduldigen Pfauchen.
»Nun sieh dir das an«, flüsterte er, und so las ich widerstrebend die knappe Botschaft in lateinischer Sprache, deren Übersetzung ungefähr so lautete:
Deine Zeit ist gekommen, Felix, der Du bist aus dem Geschlechte der Trubics. Deine Zeit, Buße zu tun. Dem Retter Böhmens soll Ehre und Heil widerfahren, was ihm die Deinen einst verweigerten. Ist am Bluttag die Schuld nicht beglichen, so magst auch Du die verschlungenen Pfade des Zwielichts beschreiten.
»Wirr und pathetisch obendrein«, kommentierte Lysander leise das Gelesene.
»Und weshalb informierst du uns anstelle der Polizei über deine kleinen Drohbriefchen?«, wollte ich brüsk wissen.
Trubic grinste sein unnachahmliches, schiefes Grinsen, als er ein weiteres gefaltetes Schriftstück aus seinem Jackett fischte. »Die Geschichte ist noch nicht zu Ende.« Mit spitzen Fingern reichte er mir den zweiten Brief.
Unwillkürlich zuckte ich zusammen, als unsere Hände sich berührten. Ich hasste mich für die Lächerlichkeit der Reaktion und verlas schnell mit gesenkter Stimme: »Deine Zeit ist gekommen, Jindřich, der Du bist aus dem Geschlechte der Trubics. Deine Zeit, Buße zu tun …« und so weiter, und so fort. Wie einfallslos, ein und denselben Drohbrief an mehrere Personen zu richten«, schloss ich leichthin.
Trubic leckte sich die Lippen. »In der Tat. Wenn ich dich auf das Datum des zweiten Briefs aufmerksam machen dürfte, Dejan? Den ersten erhielt ich, wie schon erwähnt, gestern Mittag.«
»13. Juni 1883«, flüsterte Lysander verständnislos, seine runden Ohren zuckten nervös. »Das ist … eine Weile her.«
Gedankenverloren betrachtete Trubic seine langen, eleganten Finger. »Eine Weile, ja. Ich war gerade vierzehn, als mein Vater starb.«
Das Papier entglitt meinen Fingern. »Dein Vater?«, vergewisserte ich mich.
»Jindřich, Graf Trubic.« Sein Blick schien über uns
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