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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Mühe einer Antwort wert. Geronnenes Blut klebte in seinen Mundwinkeln.
    »Buckingham?«, insistierte Lysander.
    Der Nosferatu reagierte nicht. Vielleicht war uns das Glück hold, und er hatte sich satt getrunken und war nun in eine vampirische Mittagsschlaftrance verfallen, überlegte ich reichlich albern, ehe ich meine Gedanken dem ohnmächtigen Marchese im Salon zuwandte.
    »Pavel, Mirko«, kommandierte ich. »Bitte den Marchese in mein Schlafzimmer zu tragen. Mirko, du läufst anschließend in den zweiten Stock und holst Dr. Hrdlicka. Er soll sich um unseren Verwundeten kümmern.«
    Das Risiko, dass ein Uneingeweihter angesichts der Bisswunden am Nacken des Marchese einen Vampirangriff vermutete, schätzte ich geringer ein als die Alternative, bald einem wahrhaftigen Toten Quartier zu bieten. Und so sah ich Mirko und Pavel grimmig zu, wie sie den Marchese schwankend und schnaufend hinaus auf den Gang trugen.

     
     
    »Buckingham!«, wieder und wieder rief Lysander den Namen des Vampirs. »Es ist nur schwerlich der richtige Zeitpunkt, sich tot zu stellen.« Er keckerte verlegen, als er seine missglückte Wortwahl bemerkte.
    Langsam hob der Vampir den Kopf; ein wildes Feuer brannte in seinen Bernsteinaugen. Möglicherweise war sein Durst gestillt. Möglicherweise hatte er dennoch Lust zu töten.
    »Master Buckingham?«
    Er fauchte; ich tat einen raschen Schritt rückwärts, hasste mich für die Geste, das Eingeständnis meiner Furcht. Doch es gab nur wenig, das ähnliche Komplikationen verhieß wie ein Vampir, der – und war es auch nur temporär – alle menschlichen Aspekte seiner Natur beiseiteschob.
    »Thomas Carlton!«, ich rief den Vampir bei seinem alten Namen. Glaubte ich tatsächlich daran, es wäre so einfach, ihm den Menschen, der er einst gewesen war, in Erinnerung rufen zu können? »Meister Carlton.«
    Ein Schatten legte sich über das zerstörte Gesicht des Vampirs. »Thomas Carlton«, sagte er langsam. »Thomas Carlton ist tot. Er war ein Dummkopf und ein Feigling.«
    »Worin ich noch keinen großen Unterschied zu Alvin Buckingham sehe«, merkte Lysander an. Die Vorderpfoten gegen die Wand gestützt, richtete er sich auf und blickte zu Buckingham hoch. »Wissen Sie, was armselig ist?«
    Buckingham starrte stur aus dem Fenster, hinab auf die Stadt.
    »Wenn eine mächtige, unsterbliche, nahezu unbesiegbare Kreatur wie Sie Zuflucht in die lächerlichsten aller möglichen Lügen nimmt, um ein unwichtiges kleines Backfischchen zu … beruhigen? Zu verführen?«
    Buckingham bleckte die Zähne. »Sie hatten kein Recht, meine Briefe zu lesen«, zischte er.
    »Ich lese gern phantastische Erzählungen.«
    Blitzschnell schoss eine Krallenhand des Vampirs nach unten.
Im nächsten Moment hielt er Lysander am Nackenfell gepackt, schwenkte ihn triumphierend. Lysander quiekte empört.
    »Lassen Sie ihn hinunter. Sofort!«, befahl ich und hoffte, dass die Wirkung meines besten Kommandotons nicht durch den bedauerlichen Umstand, dass ich mich gegenwärtig an der Tischplatte festklammerte, um mich aufrecht zu halten, außer Kraft gesetzt wurde.
    Gleichzeitig sagte Lysander: »Bitte, keine falsche Zurückhaltung. Drehen Sie mir nur den Hals um. Wenn ich es mir recht überlege, bin ich dieses Otterkörpers wirklich schon ein wenig überdrüssig.«
    Buckingham, dem es wohl davor graute, meinem alten Freund einen Gefallen zu tun, ließ ihn fallen wie den sprichwörtlichen heißen Erdapfel.
     
     
    Draußen auf dem Gang wurden Schritte und Dr. Hrdlickas charakteristisches Murmeln laut. Lysander rappelte sich auf; seine Miene sprach gleichermaßen von Besorgnis und verletztem Stolz. Ich wiederum beschloss, den Moment zorniger Klarheit des Vampirs zu nutzen.
    »Wir wissen, dass Sie sich freiwillig mit Lišek verbunden haben«, sagte ich langsam. »Und ich glaube nicht, dass alles, was Sie in Ihren Briefen erzählt haben, erlogen ist.«
    Buckingham wache, helle Augen glitzerten mir aus entstellten Zügen entgegen. Ich zwang mich, seinem Blick standzuhalten, in sein grausam zugerichtetes Antlitz zu sehen. Hier und da ließen sich noch die Schatten einstiger Schönheit erahnen. Würde er sie wiedererlangen, wenn er heilte, oder sollten die furchtbaren Narben ihm für den Rest seiner ewigen Existenz erhalten bleiben?
    »Was wollen Sie von mir?«, murmelte er.

    »Nur die eine oder andere Wahrheit«, begann ich.
    »Wahrheiten, hah!«, stieß der Vampir gequält hervor. »Ich will Ihnen eine Wahrheit verraten, Baron. Ich

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