Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
Vom Netzwerk:
habe Lili erzählt, was sie begreifen kann – womit sie leben kann.« Er zitterte und es war, als legte sich der Schmerz wie ein Schleier über sein Gesicht. Der Rausch des Bluts ließ nach, die Pein kehrte zurück.
    »Wir sollten die Versorgung Ihrer Wunden zu Ende bringen«, riet ich ihm, nicht wenig überrascht von meinen eigenen Worten.
    Buckingham antwortete mir mit einem Schrei, der sich als Lachen tarnte. »Bemühen Sie sich nicht, Baron.«
    Lysander hatte sich dem Vampir erneut genähert. »Wir haben nun erfahren, dass Sie aus freien Stücken an Lišeks Seite kämpfen. Aber weshalb? Weil Sie Ihr Versprechen gaben? Weil Sie ihm ein besserer Freund sein wollen als zu Lebzeiten?«
    Wie simpel, wie billig die naheliegenden Gründe doch klangen. Aber waren nicht schon größere Entscheidungen aus noch banaleren Anlässen gefochten worden? Die Treue, in Heldenliedern besungen, in Krieg und Leben pompös verklärt, war mir stets als gefährlichste aller Tugenden erschienen.
    Buckingham schwieg.
    »Bedeutet Ihnen die Freiheit Böhmens denn so viel?«, hakte ich nach.
    Der Vampir starrte mich an.
    »Böhmen?«, murmelte er. »Böhmen?«
    »Ich dachte, das ist der Kern der ganzen wahnwitzigen Geschichte«, kam Lysander meinem Einwand zuvor. »Lišeks Unabhängigkeitskampf, an dem das Haus Trubic sich beteiligen soll.«
    Alvin Buckingham stand auf. Beinahe würdevoll raffte er den Morgenmantel um seine geschundene Gestalt. »Ach du lieber Himmel. Da haben Sie wohl einen der literarischeren Teile meines
Briefs zu wörtlich genommen«, sagte er, mit einem Mal sehr vernünftig. »Entspräche die Situation Ihren Schilderungen, Sir Lysander, wäre es doch überaus dumm, Drohungen zu versenden, statt die bewussten Herrschaften in deutlichen Worten aufzufordern, sich der böhmischen Sache zu widmen.«
    »Wenn es nicht Böhmen ist, um das Lišek kämpft«, setzte ich zu dem Versuch an, meine Verwirrung in Worte zu kleiden.
    Buckingham unterbrach mich mit einer unwilligen Handbewegung. »Sein Böhmen ist es, um das er kämpft«, sagte er.
    »Sein Böhmen?«, wiederholte ich geistlos.
    »Ein Böhmen, das unter seiner Herrschaft steht«, präzisierte er. Schwankend, doch zielstrebig, durchmaß er den Salon. »Ich werde gehen. Sie wissen, wo Sie mich finden können.«
    »Meister Buckingham!«, rief ich schnell, die Gunst des Augenblicks nutzend. »Wo ist er – der Fuchs?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht«, antwortete er mit Bedauern und verschwand, ehe Lysander oder ich ihn darauf aufmerksam machen konnten, dass ein mit nichts als einem Hausmantel bekleideter Schwerverletzter auf den frühabendlichen Straßen für einiges Aufsehen sorgen würde.
     
     
    Sie hatten den Marchese seines Jacketts und des in allen denkbaren Gelbtönen gemusterten Seidenschals entledigt. Ich beugte mich über ihn: Auch wenn seine Gesichtsfarbe jedem Untoten zu Ehren gereicht hätte, noch atmete er leise und vernehmlich.
    Dr. Hrdlicka polierte nachdenklich seine Brillengläser.
    »Ein Schwächeanfall«, erklärte er zerstreut, ohne meinen Gruß zu erwidern. »Es wird ihm bald bessergehen.«
    »Das freut uns zu hören.«
    »Einfach so ist er umgefallen, einfach so«, nickte Mirko bekräftigend.

    »Ah«, sagte Dr. Hrdlicka im Tonfall eines Mannes, der eine Lüge erkannte und ihr nicht weiter auf den Grund zu gehen wünschte. Er schob sich die Brille auf die Nase, unterzog mich einer zerstreuten Musterung. »Sie schauen natürlich auch aus wie der Tod, Baron – wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
    Ich beschloss, den Kommentar als akkurate Beobachtung und nicht als Beleidigung aufzufassen. »Sehen Sie, ich neige zu Übertreibungen«, versuchte ich zu scherzen. »Dabei sollte ich von Rechts wegen nur wie jemand aussehen, der sich nicht erinnern kann, wann er das letzte Mal geschlafen hat.«
    »Heute in der Früh, zwei Stunden am Esstisch«, ließ uns Mirko prompt wissen.
    Der alte Arzt bedachte meinen jungen Adlatus mit einem mitleidigen Lächeln, murmelte »viel zu tun« und »schwierige Zeiten«, und empfahl sich.
    »Schwierige Zeiten.« Mirko zog eine Grimasse. »Wenn der nur eine Ahnung hätte.«
    Ich zuckte die Achseln, hegte ich doch schon lange den Verdacht, dass einige unserer Nachbarn bereits viel zu viel Ahnung hatten – um von Mirkos plumpen Worten Gebrauch zu machen –, und lediglich preferierten, unsere kleinen Scharaden mitzuspielen.
    Mirko hob einen Bleistift vom Nachtkästchen und begann eine

Weitere Kostenlose Bücher