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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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undefinierbare Gestalt in sein Notizbuch zu kritzeln.
    »Du hältst bei unserem Gast Wache«, teilte ich ihm mit. »Und damit wir uns richtig verstehen, du flößt ihm kein Schlafmittel ein, wenn er erwacht!«
     
     
    Ich schickte Pavel zu Esthers Etablissement, um in Erfahrung zu bringen, ob Dr. Rosenstein inzwischen mit unserer schönen Vilja eingetroffen war. Sodann begab ich mich in die Küche,
um nach dem Verbleib der letzten Flasche des preisgekrönten Champagners zu fahnden, den ich bei meinem letzten, denkwürdigen Frankreichaufenthalt erworben hatte. Gab es ein effizienteres Mittel, Erschöpfung und trüber Stimmung Herr zu werden, als exzellenten Champagner?
    Ein scharfer, höchst unangenehmer Geruch und ein Lallen, machte mich auf unseren zweiten unfreiwilligen Gast aufmerksam. Es war mir irgendwie gelungen, diesen in einen finsteren Winkel meines Bewusstseins zu verdrängen: Gefesselt und geknebelt kniete er in einer Pfütze seines Urins und starrte mir mit mörderischem Zorn entgegen.
    »Oh«, entfuhr es mir. »Ich vergaß, dass Sie noch hier sind.«
    Seine Antwort bestand aus einem wütenden Gurgeln.
    Wie schwierig es sein konnte, sich mit einem Stofffetzen im Mund verständlich zu machen, hatte ich im Zuge einer glanzlosen beruflichen Episode am eigenen Leib feststellen müssen. Und so trat ich zu ihm und nahm ihm die Knebel ab.
    »Was fällt Ihnen ein?«, schrie er. »Was haben Sie vor?«
    »Ich verspreche Ihnen, wir werden Sie bald gehen lassen.«
    Wenn wir Zeit und Muße haben, uns den Konsequenzen zu stellen und uns mit allerlei Polizeiorganen herumzuschlagen, fügte ich in Gedanken hinzu. Obwohl wir in der Vergangenheit schon des Öfteren von Nutzen gewesen waren, wenn ein Fall die Grenzen der vertrauten Realität überschritten hatte, pflegten Stunden (in einem besonders unerfreulichen Fall sogar Tage!) zu verstreichen, ehe die präsidiale Intervention nach einer Ergreifung meiner Person erfolgte.
    Ich wusste, dass ich zuerst Klarheit in das Dunkel der bizarren Umstände von Leo Vlceks Tod bringen müsste, bevor Professor Novak an höchster Stelle ein gutes Wort für uns einlegen würde und wir nicht mit einem üblen amtlichen Nachspiel zu rechnen hätten.

    »Das hat Ihr Otter auch gesagt«, murmelte er. »Ihr Otter. Ich verliere den Verstand«, stellte er fest. Seine Stimme wurde schrill. »Ich verliere den Verstand!«
    Dass ich ihm daraufhin wieder den Knebel in den Mund stopfte, war gewiss kein schöner Zug, aber ich musste mit meinen Kräften haushalten: Ich hatte weder Zeit noch Energie, einem lautstarken Zusammenbruch beizuwohnen.
    »Dejan?« Mirko steckte den Kopf durch die halboffene Küchentür, rümpfte die Nase. »Der Marchese ist aufgewacht.«
     
     
    Der Marchese war so bleich und verwirrt, wie man es von dem Opfer einer Vampirattacke erwarten konnte. Er saß an der Bettkante und massierte mit den Fingerspitzen seine Schläfen. Meinen Gruß beantwortete er mit einem apathischen Nicken.
    »Was …«, murmelte er.
    »Erinnern Sie sich, was Ihnen widerfahren ist?«
    Ich registrierte höchst befriedigt, dass er die Frage sorgfältig überdachte, ehe er mir zur Antwort gab: »Ich kam zu Ihnen zu Besuch. Ich wollte etwas mit Ihnen besprechen.« Er sah an sich herab: Seine unvollständige Kleidung schien ihn in gleichem Maße zu irritieren wie die Einrichtung meines Schlafzimmers. »Ich hatte einen absonderlichen Traum«, fügte er hinzu.
    »Neigen Sie für gewöhnlich zu Ohnmachtsanfällen?«, erkundigte ich mich, ohne den Hauch eines schlechten Gewissens zu verspüren.
    Der Marchese runzelte ärgerlich die Stirn. Die nächste Minute widmete er sich vollauf dem Versuch, sein Halstuch zu binden. Meine Frage musste seinen Stolz verletzt haben.
    »Worüber wollten Sie mit mir reden?«, fragte ich, um ihn auf andere Gedanken zu bringen, obgleich mir der Sinn nicht danach stand, mir wegen des Unfalls Vorhaltungen machen zu lassen. Oder ging es ihm gar um Esther?

    Mühsam erhob sich der Marchese, tat zwei, drei taumelnde Schritte, ehe ich ihm zu Hilfe kam.
    »Ich kann nicht behaupten, dass ich Sie als Mensch sonderlich schätze, Baron«, erklärte er mir freimütig. An meinen schützenden Arm gelehnt, schwankte er zum Fenster. »Aber der Teufel soll mich holen, wenn Sie nicht ein verdammt guter Rennfahrer sind.« Ein jungenhaft-charmantes Lächeln huschte über seine Lippen.
    Ich lehnte mich an die Fensterbank. »Wie ich in Wien unter Beweis gestellt habe«, bemerkte ich trocken. Und davor,

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