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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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dann kriegen wir diesen Mistkerl.«
    »Schnell, Philipp, der läuft weg.«
    »So schnell geht das nicht. So, jetzt hab ich dich! … Pfui Deibel, was bist du für eine elende Gestalt! Sepp, komm schnell und schau dir das an! schnell, ich kann den nicht länger halten!«
    »Himmel, Herrgott, Maria, so was habe ich noch nie gesehen! Wenn das nicht der Leibhaftige in eigener Person ist …«
    »Aua, du verdammte Missgeburt! Gebissen hat der mich, der Satansbraten!«
    »Der haut uns ab, Philipp! Du musst schießen!«
    Ein schuss aus einer Muskete ließ Anna aufschrecken. Sie hatte, trotz des wilden Geschreis im Innenraum, den Tumult, der sich vor der Hütte abspielte, mitangehört und konnte sich keinen Reim darauf machen. Was hatten die Soldaten da gefunden? Ein Tier oder einen Menschen? Es war ihr im Grunde gleich. Alles war ihr gleich.
    »Ich hab ihn erwischt.«
    »Schieß noch mal, der macht sich trotzdem vom Acker.«
    »Lass mich das Scheißding erst einmal laden. Lauf solange hinterher, du Tölpel!«
    Dann war es still. Auch Therese war verstummt und wieder in sich zusammengesunken.
    Nach einigen Minuten hörte man wieder die keuchende Stimme des zweiten Mannes.
    »Hab ihn nicht mehr erwischt. Ist weg. Irgendwo in den Wald hinein. Aber ich bin sicher, dass du ihn getrofen hast. Morgen früh mache ich mich auf die Suche, der wird bis dahin verreckt sein und irgendwo liegen. Wenn es nicht der Teufel war, so wie der ausgesehen hat!«
    »So was hab ich noch nie gesehen. Das muss ich morgen unbedingt dem Profoss melden. Das war der Teufel, der hat ja sogar nach Schwefel gestunken. Der wollte die Hexen befreien. Und die eine hat ja auch sogleich zu kreischen angefangen. Das war ganz sicher der Teufel.«
    »Und wir haben ihn verjagt.«
    »Ja, wir haben ihn verjagt! Den Leibhaftigen höchstpersönlich!«
    Anna legte den Kopf in den Nacken und versuchte zu schlafen. Es interessierte sie nicht weiter, was für ein schauspiel dort draußen vorgegangen war. sie wollte am liebsten in einer anderen Welt verschwinden, ohne Fesseln, ohne Wachen, ohne Teufel und ohne Hexen.
    Die Nacht war unendlich lang gewesen, und der nächste Tag sollte noch länger werden. Am Morgen holten Wachen Liese und Therese ab. Anna und Hans Mergel blieben zurück, doch der Alte sprach den ganzen Tag über kein Wort. Er schien Fieber zu haben und stöhnte immerzu nur leise vor sich hin. Anna hätte ihm gerne geholfen, doch sie konnte nicht. Sie war festgebunden, und auch die Wachen wollten sich nicht überreden lassen, dem kranken alten Mann wenigstens frisches Wasser zu bringen.
    Der Novembertag musste sehr trüb gewesen sein, denn im Innern des Stalles war es genauso dunkel wie in der Nacht. Durch die schmalen Ritzen der hölzernen Wände drang nur spärliches Licht, und so konnte Anna immer noch keinen genauen Blick auf Hans Mergel werfen; sie sah gegen Nachmittag nicht einmal mehr, ob er überhaupt noch lebte. Das stöhnen hatte aufgehört, und auch der röchelnde Atem war in ein leises Pfeifen übergegangen, das nun ganz verstummt war.
    Vielleicht schläft er nur, dachte Anna und hoffte inständig, dass all das ein baldiges Ende haben würde. An ihren Retter dachte sie kaum noch. Noch am Abend hatte sie sich gewünscht, er würde sie alle am nächsten Tag befreien. Er würde, adrett und sauber wie er war, wie eine Lichtgestalt in der offenen Stalltür stehen und sagen, dass er den Oberst höchstpersönlich überredet habe, diesem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten.
    Doch während der Nacht hatte Anna jegliche Illusion verloren. Wieso auch sollte er das tun? Was hatte er davon? Es war ihr ja sogar schleierhaft gewesen, dass er sie aus dem Verhör geholt und vor der Folter bewahrt hatte. Sicherlich war es nur eine Laune gewesen. Ein Spielchen, das der junge Reiter mit der armen Bauersfrau trieb. Er würde nicht wiederkommen, ihr aller Schicksal war besiegelt – davon war Anna immer mehr überzeugt.
    Am frühen Abend ging die Tür zum Stall wieder auf, und zwei Körper wurden hineingestoßen und in der Ecke gegenüber Anna festgebunden. Zunächst war sie sich nicht sicher, ob sie es waren, doch als die Wachen schließlich die kleine Fackel anzündeten, konnte Anna erkennen, dass es sich um die beiden Frauen handelte. Therese und Liese waren nicht mehr wiederzuerkennen. Nun war ihre Veränderung so enorm, dass selbst das schwächste Licht ausreichte, um dies feststellen zu können. Ihre Köpfe waren kahlgeschoren und die Augen derartig angeschwollen,

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